Ein vom Regierungspräsidium Stuttgart in Auftrag gegebenes Wirkungsgutachten hat zahlreiche denkbare Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität untersucht. Wir beantworten die wichtigsten Fragen zum Inhalt des Gutachtens.
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Gesamtwirkungsgutachten (ZIP-Datei, Quelle: Regierungspräsidium Stuttgart)
Präsentation zum Wirkungsgutachten
Sechs Fragen zum Feinstaubalarm an Verkehrsminister Hermann
Auch einige Pkw der modernsten Abgasstufe Euro 6 emittieren auf der Straße viel Stickstoffoxide. Wäre es daher nicht wirkungsvoller, alle Dieselfahrzeuge mit einem Verkehrsverbot zu belegen?
Das Gesamtwirkungsgutachten zur 3. Fortschreibung des Luftreinhalteplans Stuttgart kommt zu dem Ergebnis, dass ein generelles Verkehrsverbot für alle Dieselfahrzeuge (mit Ausnahme von leichten und schweren Nutzfahrzeugen der Euro-Norm 6/VI) nur eine geringfügig höhere Wirkung hat als die Einführung einer blauen Umweltzone im Stadtgebiet Stuttgart. In einer blauen Umweltzone dürften nach dem Vorschlag von Baden-Württemberg alle Kfz mit Dieselmotor ab Euro 6 / VI, alle Kfz mit Otto-Motor (benzin- und gasbetrieben) ab Euro 3, sowie alle Kfz ohne Verbrennungsmotor (reine Elektro- und Brennstoffzellenfahrzeuge) fahren.
Ein solches „Dieselverbot“ führt im Stadtgebiet Stuttgart zu einer Reduzierung der Strecken mit NO2-Grenzwertüberschreitungen um 96 Prozent, eine blaue Umweltzone bewirkt eine Reduktion um 95 Prozent. Der Grund für diesen geringen Unterschied ist, dass die blaue Plakette bereits die stark emittierenden Fahrzeuge mit dem Verkehrsverbot erfasst. Eine Verkehrsbeschränkung für alle Dieselfahrzeuge in der Umweltzone wäre deshalb insgesamt unverhältnismäßig.
Von der blauen Umweltzone sollen verschiedene Ausnahmen gelten – sind die bei der Berechnung berücksichtigt?
Ja, bei der Berechnung wurde angenommen, dass 20 Prozent der Fahrzeuge, die nicht die Anforderungen für eine blaue Plakette erfüllen, von Ausnahmeregelungen betroffen wären. Dieser Wert ist sehr großzügig angesetzt, um die Wirkung der blauen Umweltzone nicht zu überschätzen.
Taxis, Paketdienste und Busse haben eine hohe Laufleistung – sollten sich Maßnahmen auf diese Fahrzeugflotten beschränken?
Maßnahmen, die sich auf Taxis, Paketdienste und Busse konzentrieren, sind wirkungsvoll, weshalb eine gezielte Förderung der Umstellung der genannten Flotten auf elektrische Antriebe vom Land angestrebt wird.
Das Gutachten zeigt, dass ein rein elektrischer Betrieb von Taxis, Fahrzeugen von Paketdienstleistern und von Pflegediensten eine Reduzierung der Strecken mit NO2 Grenzwertüberschreitungen um 12 Prozent zur Folge hat. Die zusätzliche Umstellung der Busflotte der Stuttgarter Straßenbahnen AG im Talkessel auf rein elektrischen Betrieb, bringt eine Reduktion um weitere 2 Prozent.
Weitere Geschwindigkeitsbeschränkungen auf außerörtlichen Straßen im Stadtgebiet Stuttgart - zusätzlich zu Tempo 40 an Steigungsstrecken im Talkessel - haben eine deutlich positive Wirkung auf die Reduzierung der Stickstoffdioxidbelastung in Stuttgart.
Eine Beschränkung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf außerörtlichen Zubringerstraßen auf 50 km/h bei einstreifigen Straßen bzw. 60 km/h bei mehrstreifigen Straßen führt im Stadtgebiet Stuttgart – zusätzlich zur Wirkung der Maßnahme Tempo 40 an Steigungstrecken im Talkessel – zu einer Reduzierung der Strecken mit NO2-Grenzwertüberschreitungen um weitere 16 Prozent.
Im Gegensatz dazu wirkt sich eine zusätzliche Beschränkung der Geschwindigkeit auf den Autobahnen um Stuttgart für NO2 und PM10 negativ aus: -1 Prozent bei NO2 im Vergleich zur Maßnahme T50/T60 außerorts.
Das Verkehrsministerium hat in einer Ergänzungsuntersuchung zum Wirkungsgutachten den hypothetischen Fall „überall in Stuttgart frei fließender Verkehr“ („ideale grüne Welle und Straßenkapazität im Überfluss“) untersuchen lassen. Für das Stadtgebiet Stuttgart wurde hierbei eine NOx-Reduzierung von 4 Prozent und eine Feinstaub PM 10-Reduzierung von 3 Prozent errechnet (Graphik zu Stadtgebiet). Im Talkessel von Stuttgart würde für den hypothetischen Fall „überall frei fließender Verkehr“ rein rechnerisch die NOx-Emissionen um 2 Prozent und die Feinstaub PM 10-Emissionen um 6 Prozent reduziert werden (Graphik zum Talkessel)
Die in der Debatte zur Luftreinhaltung oftmals vorgebrachte Aussage wie „die Grüne Welle und ein gleichmäßiger Verkehrsfluss bringen eine Reduktion der Stickoxidemissionen um fast ein Drittel“, wird durch diese Ergänzungsuntersuchung zum Wirkungsgutachten widerlegt. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Busse und Stadtbahnen in Stuttgart bei grünen Wellen gegenüber dem Autoverkehr bevorrechtigt sind.