Digitalisierung im ÖPNV

Fahrgastnachfrage, Barrierefreiheit und Open Data

Rollstuhlfahrer nimmt die Bahn (Bild: stock.adobe.com/ gradt)

Die Grundlage jeder digitalen Anwendung ist eine umfassende, einheitliche und aktulle Datenbasis. Das Land hat sich zum Ziel gesetzt, eine Vielzahl von Datensätzen qualitativ zu sichern und zu verbessern und diese als Open Data zur Verfügung zu stellen. Damit können Neu- und Weiterentwicklungen in diesem Gebiet ermöglicht, erleichtert und beschleunigt werden.

Barrierefreiheit und Ausstattung von Haltestellen

Durch die exakte Erfassung aller Haltestellen in Baden-Württemberg kann das Land präzise und qualitativ hochwertige Daten generieren. Zusätzlich soll die Haltestellenausstattung dokumentiert und systematisch aufbereitet werden. Durch die vollständige Erfassung aller Haltestellen samt Ausstattung bieten sich Vorteile für die Fahrgäste. Es wird möglich sein, barrierefreie Reiseketten zu ermitteln und darzustellen. Dies wertet die Fahrplanauskunft maßgeblich auf und schafft einen echten Mehrwert für Radfahrer, mobilitätseingeschränkte Fahrgäste und solche mit Kinderwägen oder viel Gepäck.

Planung auf Basis der Fahrgastnachfrage

Belastbare Fahrgastzahlen sind eine Notwendigkeit, um die bedarfsgerechte Planung des Angebots zu ermöglichen. Nur so können Fahrzeugkapazitäten gezielt eingesetzt, Fahrpläne abgestimmt und Einnahmen in den Verkehrsverbünden gerecht aufgeteilt werden.

Um belastbare Fahrgastzahlen ermitteln zu können, strebt das Land die Einführung von automatischen Fahrgastzählsystemen (AFZS) in Baden-Württemberg an. AFZS bietet viele Vorteile für den öffentlichen Personennahverkehr. Durch die Nutzung eines Zählsystems kann eine solide Planungsgrundlage für Verkehrsunternehmen und Aufgabenträger geschaffen werden. Takte und Verkehre können den Nutzungszahlen angepasst werden und ermöglichen die Planung und den Betrieb eines ÖPNV-Netzes, welches sich gezielt an den Bedürfnissen der Kundinnen und Kunden orientiert und dabei die Mittel zur Finanzierung des ÖPNV so effizient wie möglich einsetzt.

AFZS ist bereits heute in einigen Teilen Baden-Württembergs Realität. In den Ausschreibungen des Schienenpersonennahverkehrs wurde es als Anforderung vorgeschrieben. Dennoch bestehen weiterhin Gebiete, in welchen noch kein AFZS zum Einsatz kommt. Das Land unterstützt Verkehrsverbünde dabei, landesweit belastbare Fahrgastzahlen im ÖPNV nach einheitlichen Standards zu erheben.

Open Data - Verfügbarkeit von Datensätzen für alle

Durch die Digitalisierung kann die ÖPNV-Nutzung für Kundinnen und Kunden erleichtert werden. Die vielen Start-Ups auf dem Markt zeugen mit ihren Ideen von dem großen Potential, welches durch die Digitalisierung eröffnet wird. Damit Start-Ups ihre Ideen verwirklichen können, sind sie auf die Zugänglichkeit zu offenen Daten angewiesen.

Gemäß der (Del.) EU-Verordnung 2017-1926 sind Verkehrsunternehmen in der EU zur Weitergabe von Soll-Daten als Open Data verpflichtet. Der Bund arbeitet mit Unterstützung der Länder aktuell an der Umsetzung dieser Verordnung. Bereits heute ist Baden-Württemberg auf diesem Gebiet Vorreiter: Seit Anfang 2019 sind alle Soll-Fahrplandaten des Nahverkehrs in Baden-Württemberg Open Data. Die Datensätze stehen auf der Internetseite der Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg (NVBW) kostenlos im GTFS-Format zum Download zur Verfügung.

Reine Soll-Fahrplandaten werden jedoch erst durch die zusätzlichen Möglichkeiten des elektronischen Ticketings und der Verfügbarkeit von Echtzeitinformationen und digitalen Nachfragedaten in Wert gesetzt und ermöglichen die Entwicklung neuer Informations- und Mobilitätsangebote für Bürgerinnen und Bürger. Künftig soll daher das Angebot an Open Data um Prognose- und Echtzeitdaten erweitert und im Rahmen des Projekts MobiData BW zur Verfügung gestellt werden. Durch die Bereitstellung verschiedener Datensätze leistet das Land einen wichtigen Beitrag zur Stärkung der OpenData-Community.

Konsolidierung der Datenlandschaft und Nutzung für verkehrliche Analysen

Die Erschaffung einer vollständigen Datenlandschaft ist ein weiteres Ziel des Landes. Aus diesem Grund werden bestehende Datenbanken gesichtet und systematisiert und darauf aufbauend die Datenlandschaft um sinnvolle Datenbanken erweitert und vervollständig. So kann die Datenverfügbarkeit nach innen, für die verschiedenen Behörden der Landesverwaltung, und nach außen, in Form von Open Data, erhöht und die Zugänglichkeit der Daten vereinfacht werden.

Darüber hinaus sollen die Daten zukünftig genutzt werden, um verkehrsplanerisch fundierte und räumlich differenzierte Nachfrageprognosen zu errechnen. Verkehrliche Analysen und Modellrechnungen werden es ermöglichen, dass die Wirkung geplanter Ausbau- und Anreizmaßnahmen im ÖPNV auf ihre Effekte zur Fahrgastgewinnung im Vorfeld ihrer Umsetzung geprüft werden können. Abgesehen von der Dimensionierung zukünftiger Angebote kann auch eine Priorisierung der Maßnahmenumsetzung vorgenommen werden.

Als Frage zusammengefasst lautet die Aufgabe der Ausbaustrategie: Welche öffentlichen Verkehre werden wo in welcher Ausprägung und in welchem Zeitraum benötigt, um eine Verdoppelung der Nachfrage bis 2030 zu erreichen und über 2030 weitere Zuwächse zu sichern?