Alle Beteiligten (Deutsche Bahn, Verkehrsministerium/Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg, Zweckverband Regio-Nahverkehr Freiburg) streben einen pünktlicheren Zugverkehr im Netz 9a (Breisgau-S-Bahn) an. Dies soll erreicht werden durch:
- zusätzliche Puffer im Fahrplan
- den Einsatz zusätzlicher, von Land und DB nachbestellter Fahrzeuge
- ein weniger komplexes und damit weniger verspätungsanfälliges Betriebsprogramm.
Erster Schritt
Der „Interims-Fahrplan“ wurde zum 17. Februar 2020 eingeführt. Dieser dient vor allem dem Ziel, so rasch wie möglich die Verspätungen zu reduzieren. Dieser Schritt führte bereits zu einer deutlich erhöhten Pünktlichkeit. Dafür musste in Kauf genommen werden, dass einige der Durchbindungen oder Direktzüge vorübergehend aufgegeben werden.
Zweiter Schritt
Zum Fahrplanwechsel 2021 soll ab Dezember 2020 ein verlässliches stabiles Fahrplankonzepts eingeführt werden. Auch der Fahrzeugeinsatz wird damit einfacher, um Ausfälle oder verkürzte Züge zu minimieren und bei Verspätungen schneller wieder in den pünktlichen Betrieb zurückzufinden. Der Hauptfokus liegt auf der Fahrplanstabilität. Ist diese wieder gewährleistet, werden langfristig komfortable Direktverbindungen in späteren Fahrplananpassungen wiedereingeführt.
Weitere Zielstellungen (Insbesondere vor dem 13.12.2020)
- Kurzfristig soll die Anschlusssicherheit vor allem in Gottenheim von und nach Endingen verbessert werden, sodass die Züge einige Minuten aufeinander warten. Eine entsprechende Wartezeitregelung wurde definiert und funktioniert auch.
- Angestrebt wird eine verbesserte Fahrgastinformation etwa über die Länge des nächsten Zuges oder bei Gleisverlegungen. Auch erfolgt ab Dezember 2020 eine weitgehende Vereinheitlichung der Zuglängen, sodass sich die Fahrgäste ohne böse Überraschungen auf dem Bahnsteig besser verteilen und die Türen besser nutzen können.
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Die störungsanfälligen Kupplungsvorgänge werden auf das unbedingt-notwendige Minimum beschränkt.
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Nicht im Umlauf bzw. in der Wartung befindliche Fahrzeuge sollen als Ersatzzüge bereitgehalten werden, um bei großen Verspätungen für den Fall von drohenden Fahrtabbrüchen als sofortiger Ersatz zum Einsatz zu kommen. Das ist in jedem Verkehrsvertrag des Landes so definiert und wird in der Praxis auch angewendet.
Faktenübersicht - Die wichtigsten Punkte
Die Kapazitäten im Ausschreibungsfahrplan sind ausreichend bemessen worden. Als Grundlage dienten Fahrgasterhebungen, also die gemessene Nachfrage, die dann in einer Prognose für die Zukunft hochgerechnet wurde. Vorgesehen waren – je nach Uhrzeit und Streckenabschnitt – Züge mit einem Angebot zwischen 163 und 662 Sitzplätzen. Die 662 Plätze entsprechen etwa der Kapazität von 5 Doppelstockwagen.
Vor allem auf dem Abschnitt Richtung Kaiserstuhl (Freiburg – Endingen/Breisach) fand durch die Umstellung auf die elektrischen Triebzüge eine massive Kapazitätserhöhung statt, da die dort bislang eingesetzten Fahrzeuge nur mit Kapazitäten zwischen 70 und maximal 420 Plätzen verkehrten. Einzig im Ausflugsverkehr auf der Dreiseenbahn kann es vorübergehend etwas enger zugehen. Die bisher eingesetzten, stündlich verkehrenden 6-Wagen-Doppelstockzüge mit etwa 760 Plätzen sollten durch zwei Züge/Stunde mit je 410 – 494 Plätzen ersetzt werden. Vor der Installation einer neuen Signaltechnik auf der Dreiseenbahn voraussichtlich im Jahr 2021 kann dort nur ein Zug/Stunde zuverlässig verkehren.
In den ersten Wochen war die Pünktlichkeit nicht akzeptabel. Teilweise war nur jeder zweite Zug pünktlich im Sinne des Verkehrsvertrages unterwegs. Durch das extrem anspruchsvolle Betriebskonzept ohne Rückfallebenen konnten diese Verspätungen auch über Stunden hinweg nicht abgebaut werden und übertrugen sich auf der eingleisigen Strecke zudem sofort auf Gegenzüge. Um die Pünktlichkeit wiederherzustellen, mussten daher Züge ausfallen, zudem wurde das Flügeln (die Aufteilung eines Zuges und deren getrennte Weiterfahrt) bzw. Kuppeln (Vereinigen von Zügen) in Gottenheim und Titisee zumindest vorübergehend aufgegeben.
Nur dadurch, dass einige der Durchbindungen aufgegeben wurden bzw. auf Direktzüge verzichtet wurde, konnte der Fahrplan soweit stabilisiert werden, dass sich die Pünktlichkeit wieder regelmäßig im Bereich von über 90 % bewegt. Das ist noch nicht befriedigend, zeigt jedoch, dass der eingeschlagene Weg richtig gewesen ist.
Hier muss in einem engen Schulterschluss mit den Infrastrukturbetreibern umgehend nachgesteuert werden. Diskutiert werden unterschiedliche Möglichkeiten u.a. auch die Installation vollwertiger Anzeiger an den Bahnsteigen anstelle der Laufschrift-Schriftanzeiger, die größere Abweichungen nur unzureichend kommunizieren können.
Gründe im (alten) Fahrplan ab Dezember 2019 für unzureichende Betriebsqualität
- Komplexes Betriebskonzept mit hohen organisatorischen, technischen und betrieblichen Anforderungen
- Unzureichende Reserven im System - Verspätungen konnten im Betrieb über lange Zeit nicht abgebaut werden
- Aufwändiges Kuppeln und Flügeln der Fahrzeuge in verschiedenen Konfigurationen
- Anfangs fehlende Routine der Betriebseisenbahner mit den neuen Fahrzeugen auf modernisierten Strecken
- Knapp bemessene Zeiten für das Ein- und Aussteigen der Fahrgäste.
- Im Gegensatz zu den Doppelstockzügen (bisher östlich Freiburg im Einsatz) verteilen sich die Türen der einstöckigen Züge auf eine größere Fahrzeuglänge. Allerdings verteilen sich die Fahrgäste bisher nicht entsprechend auf dem Bahnsteig. Hier richten wir die Bitte an die Fahrgäste, sich besser auf dem Bahnsteig zu verteilen, um den Fahrgastwechsel zu beschleunigen. Im Vergleich zum Regio-Shuttle (bisher westlich Freiburg im Einsatz) gibt es bei einer vollen Besetzung pro Fahrgast weniger Türen.
Maßnahmen im Ersatzfahrplan ab Februar 2020
- Umstellung auf ein vereinfachtes Betriebskonzeptes
- Entfall von einigen direkten Verbindungen (z.B. Brechung jedes zweiten Zuges in Freiburg Hbf)
- Entfall von zeitaufwändigen Kuppelvorgängen, Umsteigen in Richtung Endingen und z.T. auch Richtung Neustadt
- Aufgabe der Vertaktung
- Gesonderter Betrieb des Pendels Freiburg <-> Kirchzarten. Fehlende Elektrotriebwagen können auch durch andere Fahrzeuge ersetzt werden.
Geplante Maßnahmen zum Fahrplanwechsel im Dezember 2020
- Wiederherstellung der Vertaktung
- Wiederherstellung der halbstündlichen Durchbindung über Freiburg Hbf hinaus
- Einbau von Reserven in den Fahrplan
- Standzeit der Züge von etwa 10 min in Freiburg Hbf. Das Risiko der Übertragung von Verspätungen zwischen Schwarzwald und Kaiserstuhl wird reduziert. Außerdem können dadurch ganztags Fahrzeuge am Werkstattstandort Freiburg bei- oder weggestellt und somit schneller und flexibler in die Zugbildung eingegriffen werden.
- Durch endende und beginnende Züge in Freiburg Hbf können Reservefahrzeuge schneller zum Einsatz kommen
- Die Einsätze der Triebwagen mit verschiedenen Längen (Drei- und Vierteiler) werden systematisiert. Dadurch ist die Grundlage für eine vereinfachte Disposition im Störungsfall und eine schnellere Rückkehr zum Regelbetrieb geschaffen.
- Reduktion der Kupplungsvorgänge auf das notwendige Minimum. Grundsätzlich wird kein Zug mehr als zwei Mal geflügelt/vereinigt – i.d.R. in Titisee und Gottenheim.
- Entfall des verspätungsanfälligen Beistellens von Fahrzeugen in Neustadt
- Der gesonderte Betrieb des Pendels Freiburg <-> Kirchzarten wird fortgesetzt, die zusätzlichen Züge haben dadurch fast keinen Einfluss auf die Betriebsqualität der Taktzüge
- Einführung des Richtungsbetriebs an den Stationen mit mehreren Gleisen, d.h. die Züge fahren immer vom gleichen Gleis ab. Dadurch können Kreuzungen, die Begegnung von zwei Zügen auf der eingleisigen Strecke, leicht verlegt und dadurch Verspätungen reduziert werden.
- Die Züge der HzL zwischen Donaueschingen und Neustadt sollen in das Netz 9a integriert werden
FAQs
Forderung/Frage der ÖPNV-Nutzer: Solange nicht Verbindungen durch Flügeln sicher gewährleistet werden, hat die Anschluss-Sicherung, insbesondere in Gottenheim, eindeutig Priorität vor der Einhaltung des Fahrplans am Kaiserstuhl?
Die Wartezeiten in Gottenheim wurden weiter im Rahmen der Wartzeitregelung (DB Netz) optimiert, sodass möglichst auf Anschlussreisende gewartet werden kann. Nicht in allen Fällen kann dies gewährleistet werden, insbesondere dann, wenn ansonsten massive Folgeverspätungen entstehen würden.
Forderung der ÖPNV-Nutzer: Die Informationen am Bahnsteig für Lokführer (Halteposition) und Fahrgäste (Beschilderung von Türpositionen, Zuglänge, Gleisverlegungen, Fahrtziel an den Zügen) ist rasch und verlässlich so zu verbessern, dass den Fahrgästen klar ist, wo die Fahrzeuge halten und die Positionen der Türen, vor allem die mit auffahrbaren Trittstufen, sein werden. Es wird mit verlässlichen Traktionen gefahren.
Eine detaillierte Angabe, wo die Fahrzeuge halten und was viel wichtiger ist, wo die Türen sind, ist sehr schwierig und nur möglich, wenn immer nur das exakt gleiche Fahrzeug verkehrt. Selbst bei der S-Bahn Stuttgart oder Frankfurt ist dies nicht möglich, weil unterschiedliche Baureihen zum Einsatz kommen, deren Türen nicht exakt gleich angeordnet sind.
Forderung/Frage der ÖPNV-Nutzer: Die störungsanfälligen Kupplungsvorgänge werden auf das unbedingt notwendige Minimum, nämlich das Kuppeln getrennter Einheiten in Gottenheim in Titisee beschränkt.
Das seit Februar wirksame Ersatzkonzept hat genau das zum Ziel gehabt. Komplexität aus dem System nehmen. Durch den Verzicht auf Flügeln und Kuppeln sowie das Stärken und Schwächen von Zügen konnten diese Prozesse auf ein Minimum reduziert werden.
Forderung/Frage der ÖPNV-Nutzer: Nicht im Umlauf bzw. in der Wartung befindliche Fahrzeuge sind als Ersatzzüge in Freiburg bereit zu halten, um bei großen Verspätungen für den Fall von drohenden Fahrtabbrüchen als sofortiger Ersatz zum Einsatz zu kommen. Das Gleiche gilt für das Bereithalten von SEV-Bussen für Notfälle. Hier wie auch bei Zusatzleistungen nach/ von Kirchzarten kann auch auf andere Bestandsfahrzeugen zurückgegriffen werden.
DB Regio versucht im Bedarfsfalle Busnotverkehr zu organisieren. Beim „Kirchzarten-Pendel“ können ersatzweise – wenn verfügbar – andere Fahrzeuge zum Einsatz kommen.
Frage ÖPNV-Nutzer: Der Fahrgastwechselzeit ist von der Anzahl an Türen abhängig. Ist es möglich die Fahrzeuge durch andere zu ersetzen, die mehr Türspuren haben?
Ein Ersatz der Fahrzeuge ist nicht möglich, erst recht nicht kurzfristig. Die Fahrzeuge wurden speziell für die Breisgau-S-Bahn beschafft und Lieferzeiten für neue Züge betragen zwei bis vier Jahre. Das Land ist aber bereit bei eventuellen weiteren Nachbestellungen zu prüfen, ob diese neuen Fahrzeuge dann mit mehr Türen ausgestattet werden können. .
Frage/Forderung ÖPNV-Nutzer: Wie viel Pönale hat DB Regio bislang bezahlen müssen bzw. wie hoch ist die Summe pro ausgefallenem/verspäteten Zug? Greifen Strafzahlungen auch bei zu kurzen Zügen?
Pönalen werden nach Vorliegen der Schlussrechnung für das Kalenderjahr berechnet. Für 2019 wird das voraussichtlich im dritten Quartal 2020 erfolgen. Pönalen zu Pünktlichkeit, Sauberkeit usw. werden auf Jahresdurchschnittswerte berechnet, nicht für einzelne Züge oder Tage. Ausgefallene Züge werden vom Land nicht bezahlt. Erfolgte der Ausfall wegen Fahrzeug- oder Personalmangel, wird der doppelte Betrag abgezogen. Der Betrag je ausgefallenem Zug hängt somit davon ab, weshalb er ausgefallen und zu welchem Vertrag er gehört (Netz 9a oder b). Wenn Züge kürzer gefahren werden als bestellt, wird nur die tatsächlich gebotene Kapazität bezahlt. Wenn durch die Minderkapazität eine starke Überfüllung entsteht, ist nach Ende der Inbetriebnahmephase eine zusätzliche Pönale fällig.
Frage/Forderung ÖPNV-Nutzer: Wann können die Pendler mit Entschädigungen rechnen? Wie hoch wird diese ausfallen?
Das Verkehrsministerium hat ein auf Kriterien gestütztes Modell für eine rückwirkende und unbürokratische Kulanzleistung erarbeitet. Es hat sich herausgestellt, dass die Breisgau-S-Bahn zwischen Breisach/Endingen und Donaueschingen/Seebrugg hierunter fällt. Als Entschädigungshöhe ist ein festgelegter Entschädigungsbetrag bzw. der Preis einer Monatskarte für Pendler*innen vorgesehen. Die Kosten für die Entschädigungen sollen anteilig von den Eisenbahnverkehrsunternehmen und dem Ministerium für Verkehr getragen werden.
Darüber hinaus plant das Ministerium einen Anreiz für künftige Leistungsverbesserungen zu schaffen und prüft Optionen für eine Bonus-Malus-Regelung. Für deutliche bessere Leistungen als vertraglich verpflichtet würde der Zugbetreiber einen Bonus erhalten, bei deutlich schlechterer Qualität wäre ein Malus fällig, der dann für Entschädigungen zur Verfügung stünde.
Beide Themen werden derzeit mit den Eisenbahnverkehrsunternehmen verhandelt. Die Umsetzung der Kulanzaktion läuft und das Ministerium für Verkehr bereitet mit einem externen Dienstleister, der die Abwicklung übernehmen soll, die Durchführung der Entschädigungsaktion für den Zeitraum ab Juni 2020 vor.
Frage/Forderung ÖPNV-Nutzer: Sollten sich die Zustände in Zukunft, beispielsweise bis zum Sommer, nicht gebessert haben: Besteht die Möglichkeit, den Vertrag mit DB Regio zu kündigen? Was wäre dann die Konsequenz?
Grundsätzlich besteht bei grober Schlechtleistung ein Sonderkündigungsrecht. Allerdings würde es dann noch schwieriger werden, mit einem anderen Betreiber kurzfristig einen stabilen Betrieb herzustellen, da faktisch die Fahrzeug-, Infrastruktur- und auch Fahrplanthemen weiterhin bestehen bleiben würden. DB Regio war in den letzten Jahren in Baden-Württemberg sehr in der Kritik. Rund um Freiburg wurde allerdings immer ein sehr stabiler Betrieb durchgeführt. Das Land hat daher auch jetzt großes Vertrauen in die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor Ort und ist zuversichtlich, dass bei der Breisgau-S-Bahn bald wieder ein zuverlässiger Betrieb möglich ist.
Frage ÖPNV-Nutzer: Ist es möglich, das für den Fahrplanwechsel im Dezember 2020 geplante verlässliche stabile Fahrplankonzept auf Juni 2020 vorzuziehen?
Nein. Im Juni 2020 geht das Netz 4 im Rheintal in Betrieb und es müssen auch hier fahrzeugbedingt Ersatzkonzepte geplant werden. Die Planungskapazitäten bei allen Beteiligten sind gebunden.