Grundsatz einer Politik der nachhaltigen Mobilität ist es, Mobilität für alle Menschen zu gewährleisten. Damit diese nachhaltig ist, muss sie ohne Einschränkung anderer Menschen und der Funktionsfähigkeit des Naturhaushaltes funktionieren. Zentrales Ziel ist es, die heutigen Mobilitätsbedürfnisse breiter Bevölkerungsgruppen in Zukunft in einer umweltverträglichen Weise zu gewährleisten. Zusätzlich sind auch die Mobilitätsbedürfnisse der im heutigen Verkehrssystem benachteiligten Bevölkerungsgruppen zu erfüllen. So sind beispielsweise Kinder in Städten oder ältere Menschen im ländlichen Raum zum Teil erheblich in ihrer Mobilität eingeschränkt.
„Nachhaltige Mobilität heißt, die heutigen Mobilitätsbedürfnisse in Zukunft in einer dauerhaft umweltverträglichen Weise zu gewährleisten. Dies gilt für Menschen und Wirtschaft. Zudem müssen die Mobilitätschancen benachteiligter Bevölkerungsgruppen verbessert werden“.
In der Strategie des Ministeriums für Verkehr: „Nachhaltige Mobilität - Für Alle“ wird dargestellt, wo wir stehen und welche Trends und Entwicklungen es im Verkehrsbereich gibt. Im Kapitel "Maßnahmenplan 2020" wird schließlich erläutert, wie diese Ziele erreicht werden sollen.
Leitbilder für Baden-Württemberg:
Nachhaltige Mobilität muss alle Verkehrsträger in den Blick nehmen. Ob Bahnen und Busse, Auto oder Fahrrad, jedes Verkehrsmittel hat seine Vorzüge. In Zukunft gilt es, einen Verbund aus umweltfreundlichen Verkehrsmitteln aufzubauen, bei dem Menschen die Möglichkeit haben, für den jeweils geplanten Weg das beste verfügbare Verkehrsmittel zu wählen. Das Rückgrat dieses Umweltverbundes ist der öffentliche Verkehr mit Bus und Bahn. Zum Umweltverbund gehören auch Taxi und Carsharing-Autos für Situationen, in denen ein Pkw unverzichtbar ist, etwa bei größeren Transporten. In der Nahmobilität gewährleistet der Fußverkehr große Anteile der Wege – auch Wege zu anderen Verkehrsmitteln. Das Fahrrad erlebt in vielen europäischen Städten eine Renaissance, die durch neue Techniken ausgebaut wird. Im ländlichen Raum wird auch der private Pkw weiter eine tragende Rolle spielen.
Ob Smart-Phone-App oder Bike and Ride-Station: In Zukunft sollen alle Informationen über alle Verkehrsmittel verfügbar sein, die Abrechnung leicht von der Hand gehen und Umsteigemöglichkeiten durch die notwendige Infrastruktur gewährleistet sein. Alle Verkehrsmittel sollen dabei technisch optimiert werden, vom Fußweg durch Kartennavigation bis zur Elektromobilität in Auto, Bahn und Fahrrad. Ein wesentliches Potential bieten dabei Effizienztechnologien, die etwa beim Pkw mittelfristig die größten Umweltentlastungen versprechen.
Gerade in einem Industrieland wie Baden-Württemberg gehen Innovationsfähigkeit und Beschäftigung Hand in Hand. In Baden-Württemberg wurde das Auto erfunden. In Baden-Württemberg wurde auch das Fahrrad erfunden. Wer morgen im Geschäftsfeld Mobilität erfolgreich sein möchte, muss die Ideen dazu heute entwickeln. Mobilität ist Voraussetzung für wirtschaftliche Entwicklung. Nachhaltige Mobilität sichert industrielle Arbeitsplätze in der Fahrzeugproduktion und schafft zusätzliche Arbeitsplätze im öffentlichen Verkehr, bei neuen Mobilitätsdienstleistungen in Verleih, Service und Kommunikation, bei der Erhaltung und Optimierung der Infrastruktur sowie im Tourismus von Baden-Württemberg.
Unsere Forschung hat höchstes Niveau, auch im Mobilitätssektor. Dies wollen wir für die nachhaltige Mobilität nutzen. Zur Wirtschaftlichkeit gehört das Kostenbewusstsein, das im Verkehrssektor durch Berücksichtigung aller Kosten der Verkehrsträger noch wachsen muss. Zudem muss auch morgen noch der KAPITEL 211 Güteraustausch als Grundlage einer entwickelten Volkswirtschaft mit einem hohen Spezialisierungsgrad und hoher Produktivität gewährleistet sein. Wir brauchen ein effizientes Verkehrssystem, das Anreize setzt, Wegeketten kurz zu halten und Bahn und Schiff zu nutzen.
Baden-Württemberg übernimmt Verantwortung für globalen Klimaschutz, Ressourceneffizienz und den Erhalt seiner vielgestaltigen Landschaften. Mit einer nachhaltigen Mobilität leisten wir einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz. Dabei kann und muss Baden-Württemberg von fossilen Kraftstoffen Schritt für Schritt unabhängig werden (Dekarbonisierung). Nachhaltige Mobilität erfordert Investitionen in Verkehrssicherheit, Barrierefreiheit, Lärmschutz und Luftreinhaltung sowie in die Wiedervernetzung von Lebensräumen.
Weite Teile unseres Landes gehören zum ländlichen Raum. Um die Schönheit der Landschaft und ihren Erholungswert nicht preiszugeben, um eine Natur mit hoher Artenvielfalt zu gewährleisten und um der Land- und Forstwirtschaft ihren Raum zu geben, sind Flächen sparsam zu nutzen. Dazu tragen wir im Rahmen der nachhaltigen Mobilität bei, indem wir vorrangig das bestehende Verkehrswegenetz erhalten und gemäß dem Stand der Technik sanieren. Der Aus- und Neubau der Infrastruktur(Bahn, ÖPNV, Straße, Rad, Fuß) konzentriert sich nach klaren Prioritäten auf die wichtigsten Vorhaben. Siedlungs- und Verkehrsinfrastrukturen sind so zu gestalten, dass die Innenentwicklung gestärkt und der Siedlungsdruck auf die Freiräume reduziert wird. Die Verkehrsbelastung der Straßen verringern wir durch Verlagerung auf Bahn-, Schiffs-, Bus-, Rad- und Fußverkehr.
Unsere Städte sind in den letzten Jahren attraktiver geworden –wir sehen eine verstärkte Zuwanderung in die Ballungszentren. Dennoch leiden Lebensqualität und Gesundheit vieler Menschen noch immer unter Lärm, schlechter Luftqualität und fehlender Aufenthaltsqualität im Raum. Viele Menschen, gerade in den Städten, stellen ihr Mobilitätsverhalten um und nutzen immer mehr das Fahrrad, Carsharing, Bus und Bahn oder gehen zu Fuß.
Dieser Trend ist zu unterstützen, so dass Menschen die Vorteile ihres Verhaltens auch stärker selbst erleben: mehr Platz im öffentlichen Raum zum Verweilen und Spielen, weniger Lärm und bessere Luft sowie gute Nahversorgung für die Bedürfnisse des täglichen Bedarfs. Daher muss das Leitbild der autogerechten Siedlung auch in der gelebten Wirklichkeit durch die Siedlung für alle mit hoher Lebensqualität abgelöst werden.
Auf gemeinsame Grundsätze der Stadtentwicklung nach dem Leitbild der Europäischen Stadt haben sich die zuständigen Ministerinnen und Minister der EU-Mitgliedsstaaten geeinigt und diese in der Leipzig-Charta festgehalten. Ziel ist es, in Baden-Württemberg eine der ersten Metropolregionen in Europa vorzuweisen, die die EU-Ziele für die Luftqualität einhält. Fußgängerinnen und Radfahrer müssen sichere, durchgängige und attraktive Wege vorfinden. Eine gute Nahversorgung auch im ländlichen Raum soll dazu beitragen, dass immer mehr Wege mit dem Fahrrad und zu Fuß zurückgelegt werden. Zudem sollte auch dort die nächste Haltestelle für alle gut erreichbar und durch einen regelmäßigen öffentlichen Nahverkehr erschlossen sein. Von drei bis 93 – von klein auf bis ins hohe Alter – soll so die selbstständige und sichere Mobilität garantiert und der Straßenraum als attraktiver Lebensraum mit hoher Aufenthaltsqualität gestaltet sein.