Weniger Tote und Verletzte im Straßenverkehr – das ist das Ziel des Verkehrssicherheitskonzeptes für Baden-Württemberg. Es umfasst ein Bündel von knapp 90 Maßnahmen: bauliche Verbesserungen, mehr Informationen und Vorbeugung, mehr Kontrollen.
Die Landesregierung will die Zahl der Toten und Verletzten im Verkehr deutlich reduzieren. Im Jahr 2020 sollen als wesentlicher Schritt hin zu einer „Vision Zero“ 40 Prozent weniger Menschen auf Baden-Württembergs Straßen zu Tode kommen als 2010. Das Verkehrssicherheitskonzept wurde vom Verkehrsministerium und Innenministerium gemeinsam entwickelt und 2013 vom Ministerrat verabschiedet.
Die Landesregierung möchte nicht hinnehmen, dass jedes Jahr die Anzahl der Verkehrstoten (2017: 458) der Einwohnerzahl eines kleinen Dorfes entspreche. Auch der jährliche volkswirtschaftliche Schaden durch Unfälle beträgt in Baden-Württemberg fast drei Milliarden Euro .
Gesamtstrategie für mehr Verkehrssicherheit
Um dies zu vermeiden, integriert das Verkehrssicherheitskonzept bauliche Verbesserungen an Straßen, Kontrollen und Prävention in eine Gesamtstrategie. „Wir setzen bei den Menschen an – indem wir etwa gezielt auf besonders gefährdete Zielgruppen wie Senioren zugehen. Wir appellieren an die Hersteller, die Sicherheitstechnik von Fahrzeugen zügig weiter zu entwickeln und unterstützen entsprechende Vorgaben. Und wir optimieren die Infrastruktur mit dem Ziel fehlerverzeihender Straßen“, sagt Verkehrsminister Hermann.
Straßen sicherer machen
Die Verbesserung der Verkehrssicherheit unserer Straßeninfrastruktur ist bereits bei der Planung neuer Straßen und Knotenpunkte ein zentraler Baustein. In jeder Planungsstufe wird ein so genanntes Sicherheitsaudit durchgeführt. Dadurch werden Risiken für die Verkehrssicherheit frühzeitig erkannt und Unfälle vermieden.
Darüber hinaus sollen durch die regelmäßige Überprüfung des Straßennetzes sicherheitsrelevante Defizite frühzeitig erkannt und beseitigt werden, um Unfälle zu vermeiden oder mögliche Unfallfolgen zu mindern. Dafür ist das Verkehrssicherheitsscreening ein unverzichtbares Werkzeug. Das Verkehrssicherheitsscreening führt alle für die Verkehrssicherheitsarbeit relevanten Informationen, wie Unfalldaten, Straßenzustand, Streckendaten, Streckenfotos sowie Verkehrsdaten (Art, Zahl und Geschwindigkeit der Fahrzeuge) zusammen. „Damit können wir die Straßen im Land bis auf die Ebene von 100-Meter-Abschnitten auf Unfallschwerpunkte hin analysieren“, erklärt Verkehrsminister Hermann. Auf diese Weise können besonders kritische Strecken identifiziert und Mittel gezielt eingesetzt werden. „Wir werden uns sehr genau anschauen, wo die besonders kritischen Aspekte liegen und wie wir die Sicherheit dort verbessern können“, erklärt Hermann.
Darüber hinaus wollen wir auch großflächig die Verkehrssicherheit erhöhen, zum Beispiel durch die Verbesserung der Erkennbarkeit der Markierung und Beschilderung, insbesondere bei Dunkelheit und Nässe, die Entfernung von Hindernissen neben der Fahrbahn sowie durch die Modernisierung von Schutzplanken. Eine weitere wichtige Maßnahme ist auch die neu entwickelte Kurvenleittafel aus Kunststoff, die speziell die Sicherheit für MotorradfahrerInnen erhöht.
Mehr Verkehrskontrollen
Verkehrssicherheitsarbeit ist auch eine Kernaufgabe der Polizei. Deutlich mehr Menschen verlieren ihr Leben im Straßenverkehr als durch Kriminalität. Die Landesregierung sorge jetzt für Verkehrssicherheit aus einem Guss. Durch das Verkehrssicherheitskonzept und die bevorstehende Umsetzung der Polizeistrukturreform schaffe die Landesregierung dafür gute Voraussetzungen.
Ein Baustein für den Erfolg der Verkehrssicherheitsarbeit sei nachweislich eine konsequente Verkehrsüberwachung. Denn fast jeder zweite tödliche Verkehrsunfall im Land ist auf überhöhte Geschwindigkeit zurückzuführen.
Verkehrsschau
Angesiedelt bei den 150 Straßenverkehrsbehörden vor Ort (Landratsämter und Große Kreisstädte) nehmen die Mitglieder der Verkehrsschaukommissionen eine wichtige präventive Funktion wahr: Sie begutachten laufend den Zustand und die Sicherheit der Verkehrswege, die Sichtbarkeit von Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen. Die Mobile Verkehrssicherheitskommission ist beim Ministerium für Verkehr angesiedelt und erfüllt zentrale Aufgaben im Bereich der Straßenverkehrssicherheit. Sie untersucht besonders schwierige Unfallhäufungen, führt Landesverkehrsschauen durch und wirkt an der Fortentwicklung der Straßenverkehrssicherheit und des Straßenverkehrsrechts mit.
Unfallschwerpunkte
Alle Unfälle im Straßenverkehr werden von der Polizei akribisch erfasst. Folgende Daten werden in einer landesweiten Datenbank gespeichert und ausgewertet: beteiligte Verkehrsteilnehmer, Unfallort, Datum und Uhrzeit, Unfallfolgen.
Folgende Unfallorte werden als Unfallschwerpunkte eingestuft:
- Fünf gleichartige Unfälle innerhalb eines Jahres
- Fünf Unfälle mit Personenschäden innerhalb von drei Jahren
- Drei Unfälle mit Schwerverletzten oder Todesopfern innerhalb von drei Jahren
Unfallkommissionen
Unfallkommissionen untersuchen gezielt gleichartige und gehäuft auftretende Unfälle an Unfallschwerpunkten und entwickeln Lösungsvorschläge zur Vermeidung. Die Maßnahmen werden dem jeweiligen Unfallschwerpunkt angepasst und so schnell wie möglich umgesetzt.
Fahrkultur der Fairness und Rücksicht
Das Verkehrssicherheitskonzept setzt vor allem auf mehr Vorbeugung. Es beinhaltet viele präventive Maßnahmen – wie etwa Radfahrausbildung in allen vierten Klassen der Grundschule. „Mehr Sicherheit entsteht vor allem im Kopf jedes einzelnen Verkehrsteilnehmers. Eine Fahrkultur der Fairness wird viele Risiken minimieren. Wenn jede und jeder Einzelne Rücksicht auf die Mitmenschen im Straßenverkehr nimmt und vorausschauender fährt, ist uns allen geholfen“, appelliert Hermann.
Öffentlichkeitskampagnen
Begleitend zur Umsetzung des Verkehrssicherheitskonzepts setzt das Verkehrsministerium Öffentlichkeitskampagnen zu bestimmten Schwerpunktthemen um. Diese dienen der Aufklärung und der Sensibilisierung der VerkehrsteilnehmerInnen.
Illegale Autorennen sind seit Herbst 2017 Straftatbestand des § 315d StGB und keine Ordnungswidrigkeit mehr. OrganisatorInnen und TeilnehmerInnen der Rennen sowie auch „Allein-RaserInnen“ drohen bis zu zehn Jahre Haft. Darüber informiert die Kampagne gegen illegale Autorennen www.illegale-autorennen.de
Ablenkung im Straßenverkehr durch fahrfremde Tätigkeiten, wie durch die Benutzung von Smartphones und Co. ist eine große Gefahr. Allein zwei Sekunden bei Tempo 50 auf das Handy zu blicken, bedeutet 28 Meter im Blindflug zurückzulegen. Darüber informiert das Ministerium mit der Kampagne gegen Ablenkung im Straßenverkehr „Watch Out – Augen auf die Straße!“ www.watchout-bw.de
Ältere FahrerInnen sind ebenfalls eine Schwerpunktgruppe des Verkehrssicherheitskonzepts. Um diese in ihrer Mobilität länger und sich zu unterstützen, empfiehlt das Ministerium mit der Kampagne „Länger mobil“ Fahrtrainings und Fahr Fitness Checks für ältere VerkehrsteilnehmerInnen www.längermobil.de