„Wer in die Natur eingreift, muss solche Eingriffe möglichst gering halten und an anderer Stelle dafür Gutes für die Natur tun“, auf diesen einfachen Nenner hat Gisela Splett, Staatssekretärin im Ministerium für Verkehr und Infrastruktur, die naturschutzrechtliche Eingriffs-Ausgleichs-Regelung gebracht. Was sich recht einfach und logisch anhört, ist jedoch in der Praxis oft schwierig. Baden-Württemberg will das Thema im Bereich Straßenbau deshalb jetzt mit neuen Ideen angehen.
„Neben vielen positiven Erfahrungen gibt es seit langem beklagte deutliche Defizite bei der Planung, Umsetzung und Pflege von Ausgleichsmaßnahmen“, so Staatssekretärin Gisela Splett am 16. April in Stuttgart. „Das ist nicht nur bei uns in der Straßenbauverwaltung so, aber als großer Vorhabensträger sind wir in einer besonderen Verantwortung, der wir uns stellen wollen.“ Zu den Hauptproblemen zählten insbesondere eine starke Flächenkonkurrenz, lange Wartezeiten zwischen Planung und Umsetzung von Maßnahmen sowie begrenzte Kapazitäten für die dauerhafte Pflege der Maßnahmen.
Was funktioniert gut, was gelingt weniger, warum und welche Lösungen gibt es?
Lösungsansätze gäbe es bereits. Eine Idee sei zum Beispiel, Ökokonto-Maßnahmen heranzuziehen, die schon vor dem Bau einer Straße umgesetzt wurden. Auch das Naturschutzrecht habe in jüngerer Zeit neue Möglichkeiten eröffnet, die geprüft werden sollten. So sei es unter anderem heute einfacher als früher, Maßnahmen in Schutzgebieten durchzuführen, solange damit eine Verbesserung der Biotope einhergeht. „Und nicht zuletzt wollen wir auch dem Thema Entsiegelung und Wiedervernetzung mehr Bedeutung beimessen“, so Splett weiter. „Unser Ziel muss eine Win-Win-Situation sein, bei der unsere Planungsverfahren schneller und rechtssicherer ablaufen und gleichzeitig in der Natur mehr Gutes ankommt als bisher.“
Frei Bahn für Wildkatze & Co: Wiedervernetzung von Lebensräumen als weiteres Schwerpunktthema
Naturschutzbelange im Straßenbau gilt es aber nicht nur beim Neubau von Straßen zu berücksichtigen. Auch die negativen Auswirkungen des bestehenden Straßen¬netzes für die heimische Fauna sollen minimiert werden. „Das Land Baden-Württemberg will bei der Wiedervernetzung von Lebensräumen eine Vorreiterrolle einnehmen“, so Splett. Dies sei ein wichtiger Beitrag zur Erhaltung der Artenvielfalt.
Deswegen sollen die wichtigsten Konfliktstellen im Land ausfindig gemacht und nach ihrer Wichtigkeit geordnet werden. Dieses „Landeskonzept Wiedervernetzung“ soll die Basis sein, um zukünftig gezielt und fachlich fundiert praktische Maßnahmen umsetzen zu können.
Viele Tierarten müssen quer durch das Land wandern können, entweder, um sich fortpflanzen zu können, neue Reviere zu besiedeln oder um sich Nahrung zu beschaffen. Wenn Tierpopulationen sich nicht mit ihren nahen und fernen Nachbarn austauschen könnten, drohten langfristig genetische Probleme bis hin zum Aussterben der Art. „Ganz zu schweigen von Wildunfälle, die auch für die Verkehrssicherheit ein großes Problem darstellen“, so Splett. Es lägen zu der Problematik inzwischen zahlreiche fachliche Grundlagen und viele örtliche Kenntnisse vor. Nun gelte es, diese zu bündeln, auszuwerten und für die praktische Arbeit aufzubereiten.
Weitere Informationen zum Thema unter www.mvi.baden-wuerttemberg.de/servlet/is/116569