Schlichtung und der "Stresstest"

Die Schlichtung zum Projekt Stuttgart 21 im Stuttgarter Rathaus (Bild: Stadt Stuttgart/Kraufmann/Kern)

Widerstand gegen das Projekt hatte sich früh zu Wort gemeldet. Als der Baubeginn näher rückte, bekam die Gegenbewegung Zulauf. Die Auseinandersetzungen fanden weit über die Stadt und das Land hinaus Beachtung. Der Protest verlief zum weitaus überwiegenden Teil friedlich. Beim Beginn der Baufeldfreimachung am Schlossgarten am 30. September 2010 kam es zu einem Polizeieinsatz mit zahlreichen Verletzten und weitreichenden politischen Folgen.

In der „Schlichtung S 21" unter der Moderation von Dr. Heiner Geißler kamen vom 22. Oktober bis 30. November 2010 Befürworter und Gegner des Projekts sowie Experten zu Wort. Die Videoaufzeichnungen, Wortprotokolle und weiterführende Dokumente finden Sie auf der Internetseite von Dr. Geißler.

In seinem Schlichterspruch sprach sich Dr. Heiner Geißler im Grundsatz für das Projekt aus, schlug aber eine Reihe von Veränderungen für ein Projekt „Stuttgart 21 Plus" vor.

Der Neubau des Bahnhofs Stuttgart soll unter folgenden Bedingungen erfolgen:

  • Durchführung eines Stresstests für den Durchgangsbahnhof anhand einer Simulation mit dem Nachweis, dass ein Fahrplan mit einem Leistungszuwachs von 30 Prozent in der Spitzenstunde bei guter Betriebsqualität möglich ist. Dabei müssen anerkannte Standards des Bahnverkehrs für Zugfolgen, Haltezeiten und Fahrzeiten zur Anwendung kommen.
  • Nachbesserungen beim Brandschutz
  • Barrierefreie Gestaltung der Zugänge gemäß moderner Standards
  • Erhalt der Gäubahn aus landschaftlichen, ökologischen und verkehrlichen Gründen, leistungsfähige Anbindung an den Tiefbahnhof (z.B. über den Bahnhof Feuerbach)
  • Neubauten auf den freiwerdenden Gleisflächen müssen höchsten ökologischen Standards genügen, familienfreundlich und bezahlbar sein. Zugleich sollen die freiwerdenden Grundstücke durch die Überführung in eine Stiftung der Grundstückspekulation entzogen werden.
  • Baumfällungen im Schlosspark nur bei alten und kranken Bäumen, alle anderen, die der Baustelle Platz machen müssen, müssen verpflanzt werden.

Der "Stresstest"

In der Schlichtung wurde die Deutsche Bahn AG beauftragt, einen so genannten Stresstest durchzuführen. Der Stresstest simulierte den Fahrbetrieb im neuen Durchgangsbahnhof. Dabei mussten anerkannte Standards des Bahnverkehrs für Zugfolgen, Haltezeiten und Fahrzeiten zur Anwendung kommen. Das vom Schlichter vorgegebene Ziel sah vor, dass ein Fahrplan mit 30 Prozent Leistungszuwachs in der Spitzenstunde mit guter Betriebsqualität möglich sein musste. Das bedeutet: Der neue Bahnhof muss bis zu 49 Züge pro Stunde schaffen.

Die Ergebnisse des Stresstests wurden von Schlichter Dr. Heiner Geißler am 29. Juli 2011 der Öffentlichkeit vorgestellt und sind seitdem umstritten. Sowohl die ausführende Firma SMA als auch die Deutsche Bahn haben die Kritik zurückgewiesen, doch die Auseinandersetzung um den Stresstest ist damit nicht beendet.

Während die Befürworter Verbesserungen des Betriebs ankündigen und kürzere Reisezeiten versprechen, zweifelt die Gegenseite daran, dass sich für die Reisenden tatsächlich Verbesserungen ergeben. Sie befürchten außerdem mehr Störungen im Ablauf sowie insgesamt einen Rückbau vorhandener Schieneninfrastruktur.

Nachdem die Schweizer Firma SMA den von der DB vorgelegten Stresstest auditiert hat, hat die Landesregierung den Stresstest quantitativ akzeptiert. Dissens bestand bei der Einschätzung der Frage der Betriebsqualität. Eine Pressemitteilung des Staatsministeriums Baden-Württemberg liefert dazu weitere Informationen. Zusätzlich hat das VM umfangreiche Informationen zum Thema „Leistungsfähigkeit des Bahnknotens“ zusammengestellt.