Der Bahnhof Stuttgart-Vaihingen und der Stadtbezirk mit seinen rund 45.000 Einwohnerinnen und Einwohnern, der hohen Gewerbedichte und den Hochschulstandorten ist bereits heute eine wichtige Nahverkehrsdrehscheibe im Süden der Landeshauptstadt. Bislang ist der Bezirk durch die S-Bahn, Stadtbahn und verschiedene Buslinien mit dem Stadtzentrum, anderen Stadtteilen und dem Umland verbunden.
Im Auftrag des Ministeriums für Verkehr baut DB Station & Service den Bahnhof Stuttgart-Vaihingen zum Regionalbahnhof aus. Den Startschuss gab das Ministerium für Verkehr mit dem ÖPNV-Pakt der Region Stuttgart und den im Jahr 2015 beschlossenen Verbesserungen bei Stuttgart 21 am Flughafen und im Filderbereich.
Im Januar 2017 hat das Verkehrsministerium gemeinsam mit der DB Station& Service AG und der Landeshauptstadt Stuttgart bei einer Veranstaltung interessierte Bürgerinnen und Bürger über Sachstand und Zukunftsplanungen am Bahnhof Vaihingen informiert.
Fragen und Antworten
Zum einen soll der vorhandene Bahnsteig am Gleis 1 (sog. Hausbahnsteig) zur Nutzung für den Fernverkehr in Richtung Böblingen verlängert werden. Hierzu wird am vorhandenen Bahnsteig zunächst eine Übergangsrampe von 7 Meter Länge gebaut, die den vorhandenen Bahnsteig (96 cm über Schienenoberkante) mit der neuen 30 Meter langen Verlängerung (76 cm über Schienenoberkante) verbindet. Da diese Verlängerung nur für den Fernverkehr und damit nur für einen bauzeitlichen Übergangszeitraum benötigt wird, erfolgt die Ausführung als Provisorium.
Zum anderen wird im Bereich des Gleises 5 ein für Regional- und Fernverkehrszüge aus Richtung Böblingen nutzbarer Mittelbahnsteig erbaut. Dieser Bahnsteig 4 / 6 besteht aus zwei 210 m langen Bahnsteigkanten mit einer Höhe von 76 cm über Schienenoberkante an den Gleisen 4 und 6.
Außerdem errichtet der Verband Region Stuttgart zusätzliche Weichenverbindungen zur Anbindung des neuen Mittelbahnsteigs in Vaihingen an die S-Bahn-Gleise (braune Weichenverbindungen). Damit die Fahrgäste der S-Bahnen barrierefrei ein- und aussteigen können, wird der in Richtung Stuttgart gerichtete Teil des Bahnsteigs 4 auf einer Länge von 42 m auf eine Höhe von 96 cm über Schienenoberkante erhöht (blaue Markierung). Diese Erhöhung wird durch eine Rampe mit einer Länge von 8 m barrierefrei an den restlichen Teil des Bahnsteigs angeschlossen.
Die Nutzung des Bahnhofs Vaihingen ist abhängig vom Baufortschritt des Projekts Stuttgart 21 zur Neuordnung des gesamten Bahnknotens Stuttgart und umfasst unterschiedliche Betriebsphasen:
- Phase 1: ab Fertigstellung des Bahnhofs Vaihingen bis Unterbrechung der Gäubahn im Bereich des Nordbahnhofs / der Ehmannstaße (ab Mitte / Ende 2021):
Halt einzelner Züge in Vaihingen und Weiterführung zum bestehenden Hauptbahnhof.
- Phase 2: Unterbrechung der Gäubahn bis zur vollständigen Inbetriebnahme Stuttgart 21 (ab Frühjahr/Sommer 2025):
Die DB muss im Zuge der S21-Bauarbeiten (PFA 1.5) die Gäubahn in der Nähe des Nordbahnhofs unterbrechen. Deshalb wird der Hauptbahnhof Stuttgart voraussichtlich ab Mitte 2025 nicht mehr für die Gäubahn anfahrbar sein. Dann werden alle Züge des Regional- und Fernverkehrs in Vaihingen enden.
Diese Phase wird mehrere Jahre dauern, weil sich die Inbetriebnahme der neuen Führung der Gäubahn über Rohrer Kurve, Filderbahn und Flughafen nach Stuttgart Hbf (PFA 1.3b) erheblich verzögert. Einen genauen Zeitpunkt kann die DB leider noch nicht angeben. Durch die Realisierung der zusätzlichen Weichenverbindungen des VRS bis Ende 2025 können ab diesem Zeitpunkt dann auch S-Bahnen an dem Mittelbahnsteig halten können. Viele Fahrgäste von den in Vaihingen endenden Gäubahnzügen können dann bahnsteiggleich Richtung Stuttgart umsteigen. Trotz des zusätzlichen Umstiegs können auf diese Weise viele Pendler ihre Arbeitsplätze ohne erhebliche Reisezeitverlängerung erreichen.
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Nutzung der Panoramastrecke:
Ab der Unterbrechung der Gäubahn vom Hauptbahnhof streben das Ministerium für Verkehr, die Landeshauptstadt Stuttgart und der Verband Region Stuttgart aktuell die Errichtung eines Nordhalts in der Nähe des Nordbahnhofs an, der interimsweise als Endhalt der Gäubahn im Stadtgebiet von Stuttgart („Panoramabahn“) dienen soll. Somit bestünde die Möglichkeit, dass Züge der Gäubahn ab Mitte 2025 für einen mehrjährigen Zeitraum nicht in S-Vaihingen enden müssten, sondern darüber hinaus bis zum Nordhalt als neuem Endhalt geführt werden könnten. Daneben kommt eine Nutzung als End-/ Startbahnhof im Rahmen der Notfallkonzepte für den neuen Bahnknoten Stuttgart in Betracht (z.B. bei Sperrung des Fildertunnels).
- Phase 3: Ab vollständiger Inbetriebnahme Stuttgart 21:
Wenn die Gäubahn an den Flughafen angebunden ist, soll eine stündliche Regionalverkehrslinie den Bahnhof Vaihingen bedienen und dort enden bzw. zum Nordhalt weiterfahren.
Perspektivisch gibt es Überlegungen, die Gäubahn Richtung Feuerbach, Bad Cannstatt oder unterirdisch Richtung Hauptbahnhof weiterzuführen. In der Diskussion sind verschiedene Infrastrukturergänzungen. Sie setzen auf der Grundlage der Realisierung von Stuttgart 21 auf und respektieren die städtebaulichen Planungen der Landeshauptstadt Stuttgart.
Eine temporäre Inbetriebnahme des neuen Bahnsteigs erfolgte am 31.07.2021, um das Störfallkonzept während der Sperrung der S-Bahn-Stammstrecke in den Sommerferien 2021 betrieblich umsetzen zu können. Leider konnten aufgrund unvorhersehbarer Umstände im Baugrund bis dahin nicht alle Arbeiten abgeschlossen werden, weshalb der Bahnsteig am 20. September 2021 zunächst wieder außer Betrieb genommen werden muss. Die endgültige Inbetriebnahme erfolgt zum Fahrplanwechsel im Dezember 2021.
Aktuell betragen die erwarteten Investitionskosten rund 9,672 Mio. Euro (Stand: August 2021). Darin enthalten sind der Ausbau von Bahnsteig 1, sowie von Bahnsteig 4 und 6 (Bau- und Planungskosten). Wegen des aufwendigen Bauens in der Bestandsinfrastruktur (Oberleitungsmasten, Bahnsteige, Untergrund, Bauen unter laufendem S-Bahn-Betrieb usw.) sind die Kosten höher als erwartet.
Das Land übernimmt die gesamte Finanzierung für den geplanten dauerhaften Ausbau des Bahnhofs. Es finanziert darüber hinaus auch Mehrkosten für den neuen Berghautunnel, weil dieser nicht nur für S-Bahnen, sondern auch für Regionalzüge geeignet sein muss (als Teil des Projekts Stuttgart 21 wird im Bereich der Rohrer Kurve der Berghautunnel für die S-Bahnzüge nach S-Vaihingen neu gebaut).
Der VRS unterstützt das Land bei den nachträglich noch eingeplanten Maßnahmen: der zusätzlichen Weichenverbindungen, der Teilerhöhung des neuen Bahnsteigs 4 und der Verlängerung des Bahnsteigs 6 auf 210m.
Am neuen Mittelbahnsteig ist ein Aufzug mit einer Kabinenlänge von 2,10 Meter vorgesehen, der nach heutigem Standard alle Möglichkeiten einer Nutzung (auch für Fahrräder und Kinderwagen) zulässt.
Zum Vergleich: Bei der Bestandsanlage am Bahnsteig 2/3 aus dem Jahr 2000 handelt es sich um einen Aufzug, der nur eine Länge von 1,40 Meter aufweist und nach den damaligen Vorgaben für die behindertengerechte Erreichbarkeit der S-Bahnsteige vorgesehen worden ist. Zu dieser Zeit war z.B. der Fahrradboom noch nicht erkennbar, Aufzüge sollten damals vor allem dem Zweck der barrierefreien Erschließung für Rollstuhlfahrer dienen. Da der vorhandene Rohbau (Betonschacht) nur einen Wiedereinbau eines Aufzugs mit der Kabinenlänge von 1,40 Meter zulässt, wird am Bahnsteig 2/3 auch weiterhin nur diese Fahrkorbgröße möglich sein. Ansonsten müsste vorher ein kompletter Rückbau der alten Betonwände samt Unterfahrt und Neubau des kompletten Rohbaus erfolgen; das wäre nicht wirtschaftlich. Bei der geplanten Maßnahme werden somit die Maschinentechnik und der eigentliche Fahrkorb (also sozusagen das „Innenleben“) erneuert.
Die Untersuchung eines Einbaus einer Rampe zur Erschließung des neuen Mittelbahnsteigs zeigte eine Einengung des Bahnsteigs auf einer Länge von rund 90 Meter. Bei einer lichten Rampenbreite von 2,5 Meter würde der Bahnsteig (außerhalb des Gefahrenbereiches) lediglich mit einer Breite von 1,60 Meter hergestellt werden können. Dadurch würde im relevanten Hauptwartebereich unter der geplanten Überdachung kaum noch Flächen für den Aufenthalt der Reisenden zur Verfügung stehen (8,15 Meter Bahnsteigbreite - 3,10 Meter (Rampe 2,5 Meter + 2 x Wandung 0,30 Meter) = 5,05 Meter. Abzüglich 2 x 0,90 Meter für Gefahrenbereich verbleiben nur 2 x 1,60 Meter Bahnsteigbreite). Es wäre zudem nahezu unmöglich, eine Rampe und eine Treppe parallel anzuordnen. Aus diesem Grund wurde von der Herstellung einer Rampe als Zugang zum neuen Mittelbahnsteig abgesehen. Generell kann man davon ausgehen, dass sich Rampen nicht für die stufenfreie Erschließung von Mittelbahnsteigen eignen. Rampen sind nur in Ausnahmefällen (z.B. sehr breite Mittelbahnsteige oder Erschließung nur mit Rampe, ohne Treppe an einem Kopfende) realisierbar.
Während der Bauzeit ist zeitweise mit Baulärm zu rechnen. Durch geeignete Maßnahmen wird versucht, die Lärmbelästigung, insbesondere während der Abend- und Nachtzeit, auf ein notwendiges Minimum zu reduzieren.
Wenn der Bahnhof umgebaut ist, ist nicht mit einem wesentlich höheren Lärm zu rechnen, da bereits heute ein reger Zugverkehr in Stuttgart-Vaihingen herrscht. In der Phase 3 ist gegenüber heute eher sogar mir einer Reduktion des Zugverkehrs in S-Vaihingen zu rechnen, da mit der vollständigen Inbetriebnahme von Stuttgart 21 ein Großteil der Züge der Gäubahn über den Flughafen verkehren wird.
In den derzeitigen Planungen wird der Mittelbahnsteig über die vorhandene, breite Personenunterführung (PU) barrierefrei erschlossen. Die bisherige Planung der DB kam zum Zwischenergebnis, dass eine zweite sogenannte „PU Nord“, in Anbetracht der erwarteten Fahrgastströme, verkehrlich nicht notwendig ist. Mit dem nun geplanten Mittelbahnsteig wird aber ein späterer Anschluss an eine zu verlängernde PU Nord und auch ggf. ein Durchstich bis zum städtebaulichen Entwicklungsgebiet auf der Ostseite des Bahnhofs („Aurelis-Areal“) nicht verbaut. Die Zuständigkeit für diese in einem zweiten Bauabschnitt zu realisierende städtebauliche Maßnahme liegt bei der Landeshaupt Stuttgart.