Drei Fragen an...

Aktiv für einen besseren ÖPNV

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Verkehrsminister Winfried Hermann (Foto: dpa)

Die Landesregierung bringt den Öffentlichen Personenverkehr im Land voran. Aktuelles Beispiel: Mit einem neuen Programm fördert sie sogenannte Regiobuslinien, die zwischen wichtigen Orten im Land verkehren, die nicht ans Schienennetz angebunden sind. Wir haben darüber und weitere Aktivitäten zur Stärkung des ÖPNV mit Verkehrsminister Winfried Hermann gesprochen.

Die Landesregierung hat ein Förderprogramm für Regiobuslinien auf den Weg gebracht. Welches Ziel verfolgen Sie damit und was sieht das Programm konkret vor?

Winfried Hermann: Unser Ziel ist ein gut vertaktetes ÖPNV-Grundnetz schneller Verbindungen im ganzen Land. Doch nicht alle wichtigen Orte im Land, die sogenannten Mittelzentren und Unterzentren liegen am Schienennetz. Städte wie Schramberg, Künzelsau oder Münsingen verfügen in Folge von Streckenstilllegungen der Vergangenheit nicht mehr über einen Bahnanschluss im Personenverkehr. Außerdem gibt es auch Lücken im Schienennetz, die größere Umwegfahrten erfordern. Diese Lücken wollen wir Schritt für Schritt durch ein vertaktetes Angebot von zügigen und attraktiven Buslinien schließen.

Zuständig für den Busverkehr sind grundsätzlich die Landkreise. Daher wird das Land nicht selbst aktiv, sondern es wird das eventuelle Defizit von Regiobuslinien mit 50 Prozent fördern, wenn die Landkreise solche hochwertigen Buslinien auf die Straße setzen. Dazu gehört ein ganztägiger Stundentakt, gute Anschlüsse zur Schiene und auch eine zügige Streckenführung. Die Initiative muss daher vor Ort ergriffen werden.

Das Programm ist nur ein Baustein der umfassenden Aktivitäten der Landesregierung zur Stärkung von Bus und Bahn. Welche Ziele verfolgen Sie mit Ihrer Politik für einen besseren den öffentlichen Personenverkehr?

Hermann: Wir wollen Baden-Württemberg zu einer Pionierregion für nachhaltige Mobilität machen. Dazu gehört das ambitionierte Ziel, die Fahrgastzahlen im öffentlichen Verkehr bis 2030 zu verdoppeln. Damit lägen wir dann ungefähr auf dem Niveau, das unser Nachbarland Schweiz mit seinen ähnlichen Strukturen bereits heute erreicht hat. Dazu ist aber noch viel zu tun. Vor allem wollen wir Bahnen und Busse zu einem landesweit schlüssigen System ausbauen, auf das man sich verlassen kann – eine „Mobilitätsgarantie“ sozusagen. Dann steigt auch die Nachfrage, das zeigt unser südliches Nachbarland.

Das Leitbild dafür ist ein flächendeckendes und vernetztes Mindestangebot eines Stundentakts von 5 bis 24 Uhr in allen Landesteilen, ob mit Bahn, Stadtbahn, Bus oder Sammeltaxi. Gerade im ländlichen Raum müssen dazu innovative bedarfsgesteuerte und kostengünstige Systeme wie Rufbusse noch stärker ausgebaut werden.

Wie sehen weitere Bausteine für mehr und bessere Bus- und Bahnverbindungen im Land aus?

Hermann: Wir haben neben Stuttgart 21 und der Neubaustrecke Stuttgart-Ulm zahlreiche andere Ausbauprojekte im Schienenverkehr im Land. Das Land engagiert sich finanziell für die Rheintalbahn und die Elektrifizierung der Südbahn von Ulm nach Lindau. Wir wollen zusammen mit der Schweiz auch die Hochrheinstrecke elektrifizieren und aufwerten. Dazu kommen zahlreiche regionale Nahverkehrsprojekte wie die Breisgau-S-Bahn oder die S-Bahn Rhein-Neckar sowie viele Stadtbahnausbauten, die wir zusammen mit den Kommunen umsetzen. Wir fördern die Reaktivierung der Bahnstrecke nach Calw und die Elektrifizierung der Schönbuchbahn.

Wir können sagen: Kein anderes Bundesland engagiert sich so für den Schienenausbau wie Baden-Württemberg. Mit dem Zielkonzept 2025 für den Ausbau des Schienenpersonennahverkehrs hat die Regierung ein schlüssiges und ambitioniertes Konzept verabschiedet. Es bringt vor allem dem ländlichen Raum Vorteile, weil der garantierte ganztägige Stundentakt bis Mitternacht auf allen Strecken des Landes ausgedehnt wird. Wir planen einen Landestarif, mit dem man zukünftig auch über Verbundgrenzen hinweg mit einem einzigen Ticket fahren kann. Neben dem Regiobuskonzept wollen wir noch in diesem Jahr zwei Modellvorhaben auf den Weg bringen, die beispielhaft zeigen sollen, wie der Stundentakt auch im ländlichen Raum durch den Einsatz von Rufbussen möglich ist. Wir haben die Förderung von Bürgerbussen angeschoben, die sehr gut angenommen wird. Das ist eine ganze Palette von Bausteinen, eine ambitionierten Politik für Bahnen und Busse.

Große Sorgen bereiten uns derzeit allerdings die unklaren Perspektiven bei den Finanzierungsprogrammen des Bundes für den ÖPNV-Ausbau und die Zugbestellungen. Der Bund, vor allem Finanzminister Schäuble pokert zu Lasten der ÖPNV Kunden und verschiebt alle Finanzierungsfragen in die Bund-Länder-Finanzierungs-Kommission. Wir brauchen dringend und schnell Klarheit und auch weiterhin das Engagement des Bundes, wenn wir wirklich vorankommen wollen.

Pressemitteilung