Wer ein Auto nutzen möchte, muss nicht zwangsläufig eines besitzen. Seit 20 Jahren erfreuen sich so genannte CarSharing-Anbieter wachsender Beliebtheit. Organisiert als Vereine, Aktiengesellschaften oder GmbHs kaufen diese Kraftfahrzeuge und stellen sie auf reservierten Parkplätzen ihren Mitgliedern bzw. KundenInnen zur Verfügung. Ausgehend von den großen Ballungsräumen gibt es CarSharing inzwischen auch in Kleinstädten. Das Angebot reicht von Kleinwagen über Limousinen bis zu Transportern und zum Teil auch Elektrofahrzeugen.
CarSharing funktioniert nach einem einheitlichen Prinzip: Nutzer registrieren sich bei ihrem favorisierten Anbieter, buchen telefonisch oder online einen Wagen, den sie zum Beispiel per Chipkarte öffnen. Die Gebühren sind abhängig von der Nutzungsdauer und den gefahrenen Kilometern.
Die Grenzen zwischen öffentlichem und individuellem Verkehr werden zunehmend fließender. Immer mehr VerkehrsteilnehmerInnen kombinieren in ihrem Alltag die Nutzung eines Autos mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder dem Fahrradund verlangen nach einer optimalen Vernetzung der verschiedenen Verkehrsmittelangebote. CarSharing fügt sich dabei mit vielen Vorteilen ein:
- Die Kosten für Wertverlust, Versicherung, Benzin und Parken werden auf viele Schultern verteilt. Für GelegenheitsfahrerInnen ist CarSharing daher meist deutlich günstiger als der Unterhalt eines eigenen PkW. Auch für Unternehmen, Verwaltungen, FreiberuflerInnen und Vereine kann CarSharing eine attraktive und kostengünstigere Alternative zu eigenen Dienstfahrzeugen sein.
- Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass CarSharing-KundenInnen weniger Auto fahren als vor ihrem Beitritt (Summe von Jahreskilometern in CarSharing-Fahrzeugen, Mietwagen, geliehenen Fahrzeugen von Freunden und Verwandten, MitfahrerInnen in anderen Autos). Sie nutzen mehr öffentliche Verkehrsmittel, fahren mehr Fahrrad oder gehen häufiger zu Fuß als vorher.
- Die Anbieter des stationsbasierten CarSharings verfügen über feste Parkplätze. Beim flexiblen (sog. „free-floating“) CarSharing hingegen müssen die Fahrzeuge nicht an vorgegebenen Punkten, sondern lediglich an einem beliebigen Ort innerhalb des jeweiligen Geschäftsgebiets abgestellt werden.
CarSharing leistet einen Beitrag zur Lösung innerstädtischer Verkehrsprobleme. CarSharing-NutzerInnen verzichten nicht selten auf einen eigenen PKW. Weniger Autos bedeuten weniger Stau, weniger Suchverkehr und geringere Belastung mit Feinstaub und sonstigen Schadstoffen - ohne dass die NutzerInnen gänzlich auf die Annehmlichkeiten eines PkW verzichten müssten.
Baden-Württembergische Städte liegen vorn
Laut dem Bundesverband CarSharing liegen baden-württembergische Städte wie Karlsruhe und Stuttgart beim CarSharing ganz vorne. Die Ergebnisse im Details finden Sie auf der Homepage des Bundesverbandes.
Straßenrechtliche Situation
Immer wieder taucht die Frage auf, wie sich die straßenrechtliche Situation in Baden-Württemberg bei der Einrichtung von Stellplätzen für CarSharing darstellt. Im Folgenden werden daher zwei Handlungsmöglichkeiten für Kommunen skizziert, die die gegenwärtige straßenrechtliche Situation widerspiegeln.
Am 1. September 2017 trat das Gesetz zur Bevorrechtigung des Carsharing („Carsharinggesetz“) des Bundes in Kraft. Das Carsharinggesetz bietet Kommunen die Möglichkeit, über die Erteilung einer Sondernutzungerlaubnis Stellflächen für stationsbasierte CarSharing-Fahrzeuge auszuweisen. Die Möglichkeit der Erteilung einer Sondernuntzungerlaubnis nach dem Carsharinggesetz des Bundes beschränkt sich jedoch auf Flächen an Bundesstraßen innerhalb von Ortsdurchfahrten.
Um eine rechtliche Grundlage auch für Ortsdurchfahrten der anderen Straßenklassen zu schaffen, hat der Landtag Baden-Württemberg am 30. Januar 2019 eine Änderung des Straßengesetzes (StrG) verabschiedet. Der neu eingefügte § 16a StrG („Sondernutzung durch Carsharing“) ermöglicht es den Kommunen, CarSharing-Anbietern eine Sondernutzungserlaubnis an Landes-, Kreis- und Gemeindestraßen zu erteilen. Diese Sondernutzungserlaubnis kann sowohl Anbietern von stationsbasiertem CarSharing erteilt werden als auch Anbietern von stationsunabhängigen (sog. free-floating) CarSharing und Anbietern mit kombinierten Angebotsmodellen.
Möchte eine Kommune in Baden-Württemberg eine Sondernutzung durch CarSharing nach § 16a StrG an Landes-, Kreis- oder Gemeindestraßen erteilen, muss sie zunächst die entsprechenden Flächen einer Ortsdurchfahrt bestimmen und ein Auswahlverfahren durchführen. Das Auswahlverfahren bedarf einer öffentlichen Bekanntmachung und muss diskriminierungsfrei und transparent durchgeführt werden. Eine Sondernutzungserlaubnis für eine Fläche nach § 16a StrG kann dann einem oder mehreren CarSharing-Anbietern für maximal acht Jahre erteilt werden.
In Baden-Württemberg kann nach § 7 Abs. 1 StrG eine Landes-, Kreis- oder Gemeindestraße vollständig oder teilweise eingezogen werden, wenn die Straße für den Verkehr entbehrlich ist oder wenn überwiegende Gründe des Wohls der Allgemeinheit die Einziehung erforderlich machen. Die Schaffung von Stellplätzen für CarSharing-Fahrzeuge durch eine Einziehung oder Teileinziehung von Straßenflächen ist in Baden-Württemberg somit grundsätzlich möglich. Dabei sind allerdings lediglich objektive Widmungsbeschränkungen zulässig. Personenbezogene Widmungsbeschränkungen sind dagegen nicht möglich.
Das Straßengesetz stellt die Entscheidung in das Ermessen der zuständigen Straßenbaubehörde. Die jeweilige Entscheidung muss daher auf örtlicher Ebene getroffen werden. Erforderlich ist eine umfassende Abwägung aller betroffenen öffentlichen und privaten Belange im Einzelfall. Dazu müssen zunächst alle betroffenen Belange ermittelt, bewertet und gewichtet werden. Die positiven Auswirkungen von CarSharing können dabei in die Gesamtabwägung eingehen. Je nach örtlichem Konzept wird die Gewichtung unterschiedlich erfolgen müssen.
Darüber hinaus bedarf es einer entsprechenden Kennzeichnung der Verkehrsfläche. Die Teileinziehung beschränkt die Widmung der Straße auf bestimmte Verkehrszwecke. Am Beispiel der Fußgängerzone wird dies deutlich. Zur Kennzeichnung dieser Fläche existiert ein Verkehrszeichen, so dass die Fläche mit ihren Restriktionen für alle Verkehrsteilnehmer klar erkennbar ist. Bei einer Teileinziehung zu Gunsten von CarSharing-Fahrzeugen ist eine solche Kennzeichnung ebenso erforderlich wie für Flächen, die einem CarSharing-Anbieter im Rahmen einer Sondernutzungserlaubnis zugesprochen wurde. Zurzeit wird die Straßenverkehrsordnung vom hierfür zuständigen Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur überarbeitet, ein Verkehrszeichen für ausgewiesene CarSharing-Stellplätze soll zeitnah aufgenommen werden.