NACHHALTIGE MOBILITÄT

Klimaneutrale Kraftstoffe: CO2 aus der Zementherstellung als Rohstoff geeignet

Flugzeug auf Rollfeld

Verkehrsminister Hermann: „Luftverkehr und Zementherstellung können klimafreundlicher werden“

Standorte für Pilotanlagen als nächster Schritt

„Die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie haben unsere Erwartungen mehr als bestätigt. Aus dem CO2-haltigen Abgas eines Zementwerks könnte der Bedarf des Stuttgarter Flughafens an nachhaltigen Kerosinalternativen, dem Sustainable Aviation Fuel (SAF), zweifach gedeckt werden“, sagte Verkehrsminister Winfried Hermann, MdL, am 16. Januar 2020 anlässlich der Vorstellung der „Machbarkeitsstudie zur Erzeugung von reFuels aus Zementabgasen“ im Auftrag des Verkehrsministeriums Baden-Württemberg.

Die Zementindustrie habe neben dem Verkehrssektor einen sehr großen Anteil am Ausstoß von Kohlendioxid (CO2) im Land. „Dieses CO2 wollen wir nutzen, um damit und mit Hilfe regenerativer Energien sogenannte ‚reFuels‘ (renewable energy fuels), also klimaneutrale synthetische Kraftstoffe herzustellen. Der Ansatz soll international anwendbar sein. Wie genau die Bereitstellung und Nutzung von synthetischem Kerosin im Flugverkehr aussehen kann, erproben wir nun in Zusammenarbeit mit dem Flughafen Stuttgart im Projekt ‚SAF@STR‘. Dadurch machen wir den Luftverkehr klimafreundlicher“, so Hermann weiter.

„Fliegen muss klimaverträglicher werden. Dafür brauchen wir baldmöglichst synthetisches Kerosin in großen Mengen. Um den technologischen Fortschritt voranzutreiben, müssen Politik, Kraftstoffhersteller und die Partner im Luftverkehr an einem Strang ziehen. Studien wie diese sind dabei gute Wegweiser“, sagte Dr. Arina Freitag, Geschäftsführerin der Flughafen Stuttgart GmbH.

Vertreter der baden-württembergischen Zementindustrie, des Industrieverbandes Steine und Erden (ISTE) Baden-Württemberg und des Vereins Deutscher Zementwerke (VDZ) waren von Anfang an in die Erstellung der Machbarkeitsstudie eingebunden. „Wir haben weiterhin sehr großes Interesse an diesem Thema“, so ISTE-Hauptgeschäftsführer Thomas Beisswenger. „Wir sehen in der Nutzung der Zementwerksabgase, dem sogenannten Carbon Capture and Utilisation, kurz CCU, einen guten Ansatz, wirtschaftliches Interesse unserer Mitglieder und Klimaschutz zu vereinen. Wenn es zukünftig gelingen würde, das trotz Reduktionstechnologien verbleibende unvermeidbare CO2 aus der Zementklinkerproduktion in einen Kreislauf zu bringen oder für neue Produkte zu nutzen, wäre das von höchstem Interesse. CCU könnte sofort einen erheblichen Beitrag zur Reduktion der CO2-Emissionen in der Zementindustrie leisten. Dazu brauchen wir eine wirksame Unterstützung durch Verwaltung und alle Ebenen der Politik, z.B. durch den regulatorischen Rahmen und zügige Genehmigungsverfahren. Perspektivisch sehen wir CO2 auch als wichtigen Rohstoff für die chemische Industrie“, so Beisswenger.

Grundsätzlich sind alle untersuchten Zementwerke in Baden-Württemberg geeignet, als Rohstofflieferant für sogenannte reFuels zu dienen. „An welcher Stelle nun die erste Pilotanlage entsteht wird davon abhängen, wo insgesamt die günstigsten Standortfaktoren vorliegen“, so Hermann.

Die Landesregierung kritisiert, dass für die Produktion von reFuels in Deutschland immer noch der notwendige regulatorische Rahmen fehlt, damit die Unternehmen Investitionssicherheit haben. „Das Problem ist es nicht, die Anlagen zu planen und zu bauen“, so Hermann. „Die Mineralölwirtschaft braucht eine langfristige Perspektive, aus der sich ein Geschäftsmodell entwickeln kann. Das könnte beispielsweise eine verbindliche sukzessive ansteigende Beimischquote im Kraftstoff sein. Und die Produktionsanlagen brauchen einen zeitlichen Vorlauf. Wenn wir 2030 einen nennenswerten Anteil an reFuels haben wollen, müssen die Anlagen jetzt geplant und zeitnah gebaut werden. Wenn wir jetzt nicht handeln, verlieren wir zudem international den Anschluss.“

Grundvoraussetzung für eine klimaneutrale Nutzung ist Strom aus erneuerbaren Quellen. Daher sei eine Produktion in größerem Umfang nur in Ländern möglich, die erneuerbaren Strom sehr günstig herstellen können. „Unser Anspruch ist es, in Pilotanlagen das Know-how aus angewandter Forschung, Anlagenbau sowie chemischer Industrie zu demonstrieren und für die Großproduktion dann Kooperationen mit anderen, sonnenreichen Ländern einzugehen,“ so Hermann.  

Ergänzende Information:

Das Verkehrsministerium fördert im Rahmen des Strategiedialogs Automobilwirtschaft (SDA) das Projekt „reFuels – Kraftstoffe neu denken“ beim Karlsruher Institut für Technologie (KIT). An diesem Projekt wirkt auch das Startup-Unternehmen INERATEC mit, das durch das Verkehrsministerium mit der heute veröffentlichten Machbarkeitsstudie beauftragt wurde.

Im Rahmen der Machbarkeitsstudie wurden die lokalen Bedingungen bei den Zementwerken in Baden-Württemberg vergleichend untersucht, um einen oder mehrere geeignete Zementwerkstandorte in Baden-Württemberg zu finden und ein Vorschlag für ein konkretes Projekt ausgearbeitet. Elementar ist die Verfügbarkeit von Strom aus erneuerbaren Energien, der für die Herstellung von reFuels erforderlich ist. Derzeit laufen die Vorbereitungen zur Planung einer reFuels-Anlage als Pilotprojekt. So könnte konkret bei Vorliegen aller rechtlichen Voraussetzungen an einem Zementwerk die Herstellung synthetische Kraftstoffe erprobt werden.

In einem weiteren Schritt könnte das Verfahren auf andere Standorte übertragen werden. Ziel ist es, einen sichtbaren Beitrag zur Industrialisierung von reFuels zu liefern und gleichzeitig die Emissionen von Zementwerken deutlich zu senken.

Beim Güter-, Schiffs- und Luftverkehr aber auch bei Industrieprozessen müssen deutliche CO2-Reduzierungen erreicht werden. Mit dem im Januar 2019 beim Karlsruher Institut für Technologie (KIT) gestarteten Projekt „reFuels – Kraftstoffe neu denken“ wollen die Landesregierung, KIT und Partner aus der Automobil-, Automobilzuliefer- und Mineralölindustrie Herstellungs- und Anwendungsmöglichkeiten synthetischer Kraftstoffe, die mit Hilfe erneuerbaren Stroms erzeugt werden, ganzheitlich untersuchen, um sie als Alternativen zu fossilen Treibstoffen zu etablieren. INERATEC ist im Projekt reFuels für die Konzeption und die Bereitstellung der Anlagen verantwortlich (https://ineratec.de/).

Machbarkeitsstudie:

Hier finden Sie die Zusammenfassung der Studie.

Hier finden Sie eine ausführliche Präsentation zur Studie.

Weitere Informationen zum reFuels-Projekt:

https://www.kit.edu/kit/pi_2019_008_forschungsoffensive-zu-regenerativen-kraftstoffen.php

Fachinformationen zu strombasierten Kraftstoffen:

IFEU/ ZSW (2018): Beitrag strombasierter Kraftstoffe zum Erreichen ambitionierter verkehrlicher Klimaschutzziele in Baden‐Württemberg. Kurzgutachten. Im Auftrag des Ministeriums für Verkehr Baden-Württemberg, Heidelberg/ Stuttgart, S. 44, https://vm.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/redaktion/m-mvi/intern/Dateien/PDF/181126_Klimaschutz_Kurzgutachten_Strombasierte_Kraftstoffe_ifeu_ZSW.pdf

IFEU (2017): Weiterentwicklung der THG-Quote als Instrument des Klimaschutzes. Im Auftrag des Ministeriums für Verkehr Baden-Württemberg, Heidelberg, S. 49, http://vm.baden-wuerttemberg.de/de/verkehrspolitik/zukunftskonzepte/klimaschutz-und-mobilitaet/projekte/

Weitere Meldungen

Benjamin Hechler
  • PRESSE

Neue Pressestellen-Leitung im Verkehrsministerium

car, road, traffic, trafficlight, driving, caution, street, urban, transport, safety, city, transportation, signal, driver, vehicle, travel, asphalt, speed, trip, city life, rush hour, sunrise, sunset, stoplight, drive, business, background, illuminated, red, stop, night, streetlights, motion, glow, lights, evening, journey, automobile, blur, light, cross, roadsign, green, regulation, color, go, crossroad, town, arrow, abstract
  • Strasse

Land startet Testfeld mit KI-gesteuerten Ampeln in Ellwangen

Regionalzug im gelb-schwarz-weißen Design von bwegt an der Haltestelle Maulbronn-West
  • SCHIENE

Zusatzzüge zum Maulbronner Klosterfest

Zug auf Gleisen mit Frankreich-Flagge im Hintergrund.
  • Deutschlandticket

Freie Fahrt für junge Menschen

Timo Hildebrand hält ein schwarzes T-SHirt mit dem Logo von Team Vision Zero in die Kamera.
  • Team Vision Zero

Videoaktion: Treffen mit Timo Hildebrand und 110 Trainingsshirts zu gewinnen

An einem Bahnhof stehen versetzt nebeneinander drei verschiedene Züge.
  • Schiene

Qualität im regionalen Bahnverkehr verschlechtert

Das Gebäude des Bundesrates in Berlin (Bild: Bundesrat)
  • Verkehrssicherheit

StVG-Novelle: Umwelt- und Gesundheitsschutz leichter

An einem Gleis werden Arbeiten verrichtet. Funken sprühen.
  • Schiene

Vermittlungsausschuss einig bei Bahnmodernisierung

Stromabnehmer auf dem Dach eines Lastwagen berührt eine Oberleitung.
  • EWAYBW

eWayBW-Testbetrieb wird verlängert

Zwei Radfahrende fahren auf einem Radweg am Straßenrand.
  • RAD

Fahr Rad! während der Streckensperrung der S4 Eppingen – Heilbronn

Feuerwehr, Rettungssanitäterinnen und -sanitäter setzen sich für sichere Landstraßen ein. Kilian Wieczorek, Ronja Ester und Marco Brand (v.l.n.r.) unterstützen die Vision von Null Verkehrstoten und geben Tipps
  • TEAM VISION ZERO

Freiwillig Tempo 80 für weniger Unfälle auf Landstraßen

  • MOVERS

Schulradeln 2024: Gemeinsam radeln für einen aktiven Schulweg

Das RadKULTUR-Bike (Bild: Graffiti)
  • RAD

JobBike BW startet nun auch für Landesbedienstete

von links nach rechts: Damaris Lemstra, Beratungsstelle Bike+Ride, Staatssekretärin Elke Zimmer und Fabian Küstner, Beratungsstelle Bike+Ride
  • Rad

Deutscher Fahrradpreis geht an die Beratungsstelle Bike+Ride

  • Auto

Softwareentwicklung Strategiedialog Automobilwirtschaft

Zu sehen sind: Vorsitzende der Geschäftsführung der Verkehrsbetriebe Karlsruhe, Dr. Alexander Pischon; Minister für Verkehr Baden-Württemberg Winfried Hermann; VBK-Geschäftsführer Christian Höglmeier
  • SCHIENE

Land fördert neue Stadtbahnzüge mit 101 Millionen Euro

Arlinger Tunnel und die zugehörigen Solarzellen
  • STRASSE

Erster Bauabschnitt der Westtangente Pforzheim

Stuttgart 21 Hbf_innen-Neue_Bahnsteighalle_Bahnsteig_Quelle: DB/plan b_Atelier Peter Wel
  • S21

S-21-Mehrkostenklage der DB

Drohne mit Baukränen im Hintergrund
  • STRASSE

B29-Sanierung mit Premiere der BIM-Drohne

Ein Mann steht in einer Gruppe von Trommlern und freut sich.
  • FUSSVERKEHR

Attraktive Gehwege und sichere Schulwege

Ein blaues, rundes Schild mit einem Fahrrad als Symbol, welches Sonderwege für Radfahrende kennzeichnet. Im Hintergrund sind Baumkronen.
  • RADWEG

Bad Peterstal–Bad Griesbach: Radweg freigegeben

Blick auf die Landesgartenschau Wangen mit einem bunten Blumenfeld im Vordergrund
  • LANDESGARTENSCHAU

Nachhaltige und innovative Mobilität auf der Landesgartenschau

Verkehrsminister Winfried Hermann und Wirtschaftsministerin Hoffmeister-Kraut auf dem Fahrrad mit weiteren Radfahrenden beim STADTRADELN-Auftakt 2024
  • STADTRADELN

STADTRADELN 2024 – Auftakt mit Team Landesministerien

Mitarbeiter auf einer Baustelle im Gespräch (Bild: stock.adobe.com/ Agnor Mark Rayan)
  • STRASSE

Rund 46 Millionen Euro für kommunale Straßen und Brücken

Ein abgewandeltes Ortsschild auf dem das Wort Lärm durchgestrichen ist und ein Pfeil in Richtung des Wortes Ruhe weist. (Bild: Fotolia.com/ K.C.)
  • Lärm

Tempo 30 hilft gegen Straßenlärm