Mehr Fahrgäste für die Nutzung für Bus und Bahn zu gewinnen, ist das erklärte Ziel des Landes Baden-Württemberg und das ist angesichts der Herausforderungen durch den Klimawandel dringend notwendig. Mit dem Start des neuen Stuttgarter Tiefbahnhofs geht auch eine neue, digitale Signaltechnik in Betrieb, die eine höhere Auslastung der vorhandenen Eisenbahngleise zulässt. Um mehr Fahrgäste gewinnen zu können, müssen auch die Kapazitäten ausgeweitet werden.
Daher hat das Land im letzten Jahr eine Ausschreibung gestartet, um 130 neue Doppelstocktriebzüge zu beschaffen. Diese hochwertig gestalteten Fahrzeuge sind das neue Aushängeschild für den zukünftigen Schienenpersonennahverkehr in Baden-Württemberg, welche das Bild des Regionalverkehrs im Land prägen werden. Die Fahrzeuge sind auf bis zu 200 km/h Höchstgeschwindigkeit ausgelegt und werden damit die schnellsten Regionalzüge in Baden-Württemberg sein.
Der endgültige Zuschlag für die Vergabe der Bestellung am Ende des Ausschreibungsverfahrens verzögert sich nun allerdings, da ein Mitbewerber die Nachprüfung gegenüber der beabsichtigten Zuschlagserteilung seitens des Landes beantragt hat. Vor der zunächst zuständigen Vergabekammer scheiterte dies, allerdings wurde als weiteres Rechtsmittel vor dem Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe gegen die Entscheidung der Vergabekammer beim Regierungspräsidium Karlsruhe in Form einer sofortigen Beschwerde eingelegt.
Der Amtschef im Verkehrsministerium, Berthold Frieß, sagte: „Wir als Land bedauern diese Verzögerung, da wir an einem raschen Zuschlag interessiert sind, allerdings sind die Liefer- und Fertigungstermine bislang auch für diesen Fall zugesichert worden.“
Extraportion Fahrgastkomfort
Der Fahrgastkomfort im Regionalverkehr stand und steht voll im Fokus der Gestaltung der neuen Fahrzeuge. Das Land Baden-Württemberg hat hierbei nicht nur die Rückmeldungen der Fahrgastverbände zur künftigen Ausstattung gesammelt. „Vielmehr ist für die Ausschreibung ein neues Design-Handbuch entwickelt worden, in welchem wir das bisherige „bwegt-Design“ unserer Bestandsfahrzeuge weiterentwickelt haben und damit auch optisch nochmals die Attraktivität der Fahrzeugausstattung steigern wollen“, sagte Amtschef Frieß. Dabei wurde sehr darauf geachtet, dass ein deutlich höherer Komfort erreicht wird – egal ob Fahrgäste pendeln, mit Gepäck, Kindern oder Fahrrad unterwegs sein werden. Auch die Anzahl der Plätze in der 1. Klasse wurde ausgeweitet und vom Komfort erheblich aufgewertet. Selbstverständlich sind alle gesetzlichen Anforderungen zur barrierefreien Nutzung der Fahrzeuge für behinderte oder in ihrer Mobilität eingeschränkte Fahrgäste berücksichtigt worden. „Da aber letztendlich auch Details entscheidend sein können“, wollen wir frühzeitig auch die Vertreterinnen und Vertreter aus den Behindertenverbände noch in der Konstruktionsphase der Fahrzeuge einbinden, um deren besondere Perspektive in Bezug auf die Anforderungen an die Barrierefreiheit einbringen zu können“, führt Ministerialdirektor Frieß aus. Alle Beteiligten wünschen sich hier eine sachgerechte Prüfung des Verfahrens. Sobald eine Entscheidung des OLG Karlsruhe vorliegt, wird das Land Baden-Württemberg die Öffentlichkeit informieren.
Modernste Technik für die Digitale Schiene
Um für die Zukunft des digitalen Schienenverkehrs voll gerüstet zu sein, werden die Fahrzeuge neben dem herkömmlichen Zugsicherungssystem auch erstmals ab Werk mit dem European Train Control System (ETCS) ausgerüstet. Dieses hochmoderne System ist unter anderem für die Schnellfahrstrecke Stuttgart – Ulm und den künftigen Stuttgarter Hauptbahnhof, den neuen Digitalen Knoten Stuttgart, notwendig.
Fahrzeug inklusive Wartung und Instandhaltung
Bei der Fahrzeugbeschaffung hat das Land Baden-Württemberg auf ein Rundum-Service-Paket gesetzt. Im Rahmen des „Life-Cycle-Costing“-Ansatzes, kurz LCC-Modell, muss der Hersteller neben der Herstellung der Fahrzeuge gleichzeitig auch deren ordnungsgemäße Wartung und Instandhaltung für 30 Jahre anbieten. „Damit wollen wir erreichen, dass es sich für die Hersteller lohnt, hochwertige und zuverlässige Fahrzeuge herzustellen und mit diesen ins Rennen zu gehen“, sagte Amtschef Frieß. Mit diesem weiterentwickelten Ansatz, der sich bereits bei anderen Aufgabenträgern in Deutschland erfolgreich umsetzen ließ, wird sichergestellt, dass nicht nur die Produktion, sondern auch die spätere Instandhaltung und Ersatzteilbeschaffung aus einer Hand möglichst reibungslos läuft. Dabei wird dem Land garantiert, dass der für den Betrieb notwendige Fahrzeugbestand dauerhaft zur Verfügung steht.
Hintergrund
Die neuen Fahrzeuge sollen ab der Inbetriebnahme des Bahnprojekts Stuttgart-Ulm und dem Tiefbahnhof Stuttgart 21 im Dezember 2025 zur Verfügung stehen. Für die vorzeitige Inbetriebnahme der Schnellfahrstrecke Wendlingen – Ulm ab Dezember 2022 bis Dezember 2025 werden noch gebrauchte Fahrzeuge eingesetzt.