Nahverkehr

Land legt Wettbewerbsfahrplan für Ausschreibung des Schienenpersonennahverkehrs vor

Grün-Rot will Baden-Württemberg zur Pionierregion für nachhaltige Mobilität machen. Dazu gehört auch der Anspruch, unter anderem aufgrund des nahen Vorbilds Schweiz, das führende Bahnland unter den deutschen Flächenländern zu sein. Verkehrsminister Winfried Hermann legte in Stuttgart den Fahrplan für die SPNV-Ausschreibungen im Land vor. Er sagte: „Wir werden das Schienenverkehrsangebot im Land um weitere 15 bis 20 Prozent ausweiten. Gegenüber dem Jahr der Bahnreform 1994 sind dies 75 Prozent mehr Züge, ein Spitzenwert unter den Bundesländern.“

Im Gegensatz zur Vergangenheit ist der weitere Ausbau allerdings kein Selbstläufer mehr. Angesichts drastisch verschlechterter Rahmenbedingungen sind große Anstrengungen und sorgfältige Planungen erforderlich. Dies hat ein vom Verkehrsministerium durchgeführter Kassensturz gezeigt. Die Pläne der Vorgängerregierung waren nicht durchgerechnet. „Angesichts des Zwangs, den Haushalt zu konsolidieren, werden nicht alle damals im Zusammenhang mit Stuttgart 21 landesweit versprochenen Verbesserungen finanzierbar sein und die Vergabekonzeption muss deutlich korrigiert werden“, sagte Minister Hermann.

Zwei Ursachen erschweren die Ursachen der ambitionierten Ziele der Regierung:

  • Die objektiven Randbedingungen haben sich in den vergangenen Jahren deutlich zum Negativen entwickelt. Wesentlicher Treiber sind die Trassen- und Stationsentgelte, die die Deutsche Bahn AG seit Jahren stärker erhöht, als die Regionalisierungsmittel zunehmen. Im Ergebnis sinkt die Kaufkraft der Regionalisierungsmittel beständig, so dass inzwischen der konsumtive Anteil der Ausgaben für SPNV-Leistungen bei über 90% des gesamten Etats liegt. Hinzu kommen steigende Energie- und insbesondere auch Fahrzeugpreise, die die Vorhaltekosten erhöhen.
  • Die Vorgängerregierung hat es versäumt, rechtzeitig auf den Wettbewerb zu setzen und den SPNV solide zu finanzieren. Der große, 13 Jahre lang laufende Verkehrsvertrag mit DB Regio wurde zum Nachteil des Landes geschlossen, indem der Preis weit überhöht ist und Mehreinnahmen aus Erfolgen am Fahrgastmarkt allein der DB AG zustehen. Wettbewerbspolitisch wurde die beste Phase des Marktes im Schienenverkehr verpasst, indem sieben Jahre lang kein Wettbewerb praktiziert wurde. Darüber hinaus wurden Angebotsausweitungen von bis zu 40 Prozent versprochen, ohne eine detaillierte landesweite Budgetrechnung über Kosten und Erlöse anzustellen und die Finanzierbarkeit sicherzustellen. Ebenfalls wurde nicht bedacht, dass die entfallene Fahrzeugförderung zu einem Preisschub führen wird, weil die Kosten auf das Bestellentgelt umgelegt werden müssen.

Der nunmehr vorliegende Kassensturz zeigt auf, dass die heutige Landesregierung in eine Defizitfalle von 100 Mio. Euro pro Jahr getappt wäre, wenn sie die Angebotskonzeption 2020 unbesehen übernommen hätte. Insbesondere die Netze S-Bahn Rhein-Neckar, Breisgau und Stadtbahn Karlsruhe mussten überarbeitet werden, weil dort jährliche Mehrkosten von insgesamt 150 Mio. Euro drohten, die durch Vergabegewinne bei anderen Netzen nicht hätten aufgefangen werden können. Dies zu erkennen und solide zu berechnen hat einige Zeit gekostet. Es sind auch noch Abstimmungsprozesse mit anderen Projektpartnern erforderlich, die das Land nun mit Hochdruck vorantreiben wird.

Vergabekonzeption: mit großen, aber wohl dosierten Schritten in den Wettbewerb

Minister Hermann erklärte: „Damit die verkehrspolitischen Ziele im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel erfüllbar bleiben, setzt die Landesregierung künftig auf eine konsequente, faire Wettbewerbspolitik. Sie ist der Schlüssel, leistungsgerechte Preise am Markt zu erzielen. Ohne die Vergabegewinne aus der heutigen Überrendite der DB AG wird es nicht möglich sein, den SPNV bezahlbar zu halten. Ein Wettbewerb auf dem Rücken der Arbeitnehmer lehnt Grün-Rot ab.“ Die neue Vergabekonzeption, die als Anlage beigefügt ist, versuche, diesem Ziel Rechnung zu tragen.

Allerdings sei anzumerken, dass die wirtschaftlich attraktiven Netze nahezu ausnahmslos mit geplanten Infrastrukturmaßnahmen gekoppelt sind, die erhebliche zeitliche und finanzielle Risiken aufweisen. Insbesondere die drei Stuttgarter Netze, die den Bahnknoten Stuttgart durchqueren, weisen aus Bietersicht ein Risikoprofil auf, das besondere Vorkehrungen notwendig mache. Nur wenn die Wettbewerber der Deutschen Bahn erkennen, annähernd gleiche Gewinnchancen zu haben, und wenn sie die Risiken für beherrschbar halten, werden sie bei bundesweit hoher Verfahrenskonkurrenz „ihren Hut in den Ring werfen“.

Aus diesem Grund ist die Landesregierung im Grundsatz bereit, bei komplexen Netzen die Fahrzeugfinanzierung mit haushaltsrechtlichen Garantien zu unterstützen. Eine kürzlich eingerichtete Arbeitsgruppe habe den Auftrag, bis Ende Januar die zur Auswahl stehenden Modelle zu bewerten und eine Empfehlung auszusprechen.

Da der über Jahre angehäufte Vergabe“berg“ die heutige Bieterlandschaft überfordert, wäre es für das Land kontraproduktiv, 40 Mio. Zugkilometer en bloc in den Wettbewerb zu überführen. Stattdessen strebt das Land nach Minister Hermanns Worten Übergangsverträge mit DB Regio von bis zu drei Jahren an. Das Land gehe davon aus, dass in diesem Zuge mit der DB AG vereinbart werden kann, frühzeitig moderneres Wagenmaterial auf den kritischen Strecken (z.B. Rems-/Murrbahn) einzusetzen.

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