Nutzen Tiere bestehende, eigentlich für Fußgänger und Autos konzipierte Unterführungen und Brücken, um die Autobahn oder Schienentrassen zu queren? Und wären dadurch spezielle Grünbrücken verzichtbar? Diese Fragen erforschen Schülerinnen und Schüler derzeit an der A81 zwischen Böblingen und Horb in einem Projekt des NABU-Bezirksverbandes Gäu-Nordschwarzwald.
„Die vorläufige Bilanz ist ernüchternd: Trotz großem Engagement können die jungen Forscherinnen und Forscher mit ihren Fotofallen nur wenige Tiere an Brücken oder in Unterführungen beobachten. Offenbar scheuen sich Rehe, Hasen und Füchse, dieselben Wege wie Menschen zu nutzen, um die Autobahn zu queren – auch nachts. Das ist zwar keine gute Nachricht, aber eine hilfreiche Erkenntnis“, sagt Gisela Splett, Staatssekretärin im Ministerium für Verkehr und Infrastruktur Baden-Württemberg (MVI), das das Projekt finanziert.
Viel befahrene Straßen hindern Wildtiere häufig daran zu wandern und sich auszubreiten. Das ist jedoch für viele Tierarten unverzichtbar, um Nahrung zu finden und sich fortzupflanzen. „Um herauszufinden, ob die Tiere auch Feldwege nutzen, die unter oder über Autobahnen geführt werden, haben wir im Sommer 2014 das Projekt ‚Durchlassmonitoring an Bestandsbauwerken an der A81‘ gestartet“, berichtet NABU-Projektleiter Markus Pagel. „Wir haben die Jugendlichen geschult und sie zehn potenzielle Querungsstellen mit speziellen Kameras ausrüsten lassen. Diese ‚Fotofallen‘ lösen automatisch aus, wenn ein Tier vorbeikommt. So lässt sich beobachten, welche und wie viele Tiere unterwegs sind.“ Abgelichtet wurden dabei vor allem Rehe, Füchse, Wildschweine und Hasen – aber auch Marder, ein Dachs sowie ein nicht näher zu bestimmender Kleinsäuger.
Insgesamt ist die Ausbeute jedoch gering. An einigen Stellen konnten zwar täglich Tiere beobachtet werden, an anderen jedoch nur alle zwei bis drei Wochen. „Die Jugendlichen waren mit Elan dabei und haben in ihrer Freizeit regelmäßig die Kameras betreut und gemeinsam mit mir die Bilder ausgewertet“, sagt Pagel. „Dass an einigen Stellen nur wenige Tiere fotografiert wurden, war zwar für die Jugendlichen wenig spannend, aber auch das bringt wichtige Erkenntnisse: Um unser Land für Tiere durchwanderbar zu machen, braucht es spezielle Querungshilfen wie Grünbrücken. Die Hoffnung, dass auch die bereits vorhandenen Brücken oder Unterführungen hierfür genutzt werden, hat sich leider nicht erfüllt.“
Wenn alle Beobachtungen ausgewertet sind, wird sich auch zeigen, ob und an welchen Stellen kleinere Maßnahmen dabei helfen können, Tieren die Nutzung bestehender Bauwerke zu erleichtern. An einzelnen Stellen könnte schon eine Bepflanzung oder eine Veränderung des Untergrundes in Unterführungen Verbesserungen bringen. Auf Grundlage der jetzigen Beobachtungen wird das MVI in Zusammenarbeit mit der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg Handlungsempfehlungen erarbeiten, deren Umsetzung den Tieren die Nutzung der vorhandenen Bauwerke erleichtern soll.
„Ich freue mich, dass die Schülerinnen und Schüler sich in ihrer Freizeit für ein Projekt einsetzen, das zum Ziel hat, die ‚Grüne Infrastruktur‘ zu verbessern und somit die biologische Vielfalt unserer Heimat langfristig zu erhalten“, lobt Staatssekretärin Splett den Einsatz der jungen Naturschützerinnen und Naturschützer.
Das Projekt „Durchlassmonitoring an Bestandsbauwerken an der A81“ läuft noch bis Sommer 2016. Schülergruppen von Schulen in Horb, Herrenberg und Ehningen sowie von den NABU- und NAJU-Gruppen aus Mötzingen und Böblingen-Sindelfingen nehmen daran teil. Die 14 aktiven Schülerinnen und Schüler sind 12 bis 14 Jahre alt.
Quelle:
Gemeinsame Pressemitteilung von NABU und MVI