Splett: Nachteile der grauen Infrastruktur reduzieren
Staatssekretärin Gisela Splett, MdL informierte sich am 21. Oktober vor Ort über den Wiedervernetzungsabschnitt an der Bundesautobahn A 81 südöstlich von Geisingen. „Viele Tier- und Pflanzenarten in Baden-Württemberg sind bedroht. Dieser Gefahr für die Artenvielfalt müssen wir begegnen, indem wir Naturschutz flächenwirksam gestalten und als Querschnittsaufgabe verstehen. Dazu gehört die Schaffung einer Infrastruktur, die es Wildtieren erlaubt, ihre Lebensräume möglichst hindernisfrei zu wechseln“, so Splett.
Splett wies darauf hin, dass die A 81 südöstlich von Geisingen einen besonders bedeutenden Wildtierkorridor zerschneidet. Dieser Wildtierkorridor verbindet die Wälder der Schwäbischen Alb mit dem Schwarzwald und dem Schweizer Jura. Martin Strein von der forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt ergänzte: „Im Schweizer Jura haben sich die Wildkatze und der Luchs wieder angesiedelt. Würde die Barrierewirkung der A 81 verringert und der Korridor wieder durchlässiger, so könnten sich diese und weitere Tierarten allmählich weiter in die Schwäbische Alb verbreiten.“
Um die Nachteile und Gefahren der sogenannten „grauen“ Infrastruktur, d.h. Siedlungs- und Verkehrsflächen, zu reduzieren, hat das Ministerium für Verkehr und Infrastruktur ein Wiedervernetzungskonzept erstellt, das die Problemlage landesweit in den Blick nimmt. Ziel ist es, Lebensräume von Wildtieren und Pflanzen, die von Straßen durchschnitten werden, bestmöglich wieder miteinander zu vernetzen. Ein wichtiger Baustein des Wiedervernetzungskonzepts ist dabei das „Bundesprogramm Wiedervernetzung“, in dem der Bau von Grünbrücken und anderen Tierquerungshilfen an Autobahnen und Bundesstraßen vorgeschlagen wird.
Das Bundesprogramm Wiedervernetzung sieht an der A 81 zwischen Stuttgart und dem Kreuz Hegau einen Wiedervernetzungsabschnitt vor, und zwar östlich von Oberndorf am Neckar. Das Land hält allerdings eine Tierquerungshilfe über die A 81 südöstlich von Geisingen für dringlicher, und hat dem Bund daher vorgeschlagen, diesen Wiedervernetzungsabschnitt in das Bundesprogramm aufzunehmen. Hier besteht für Wildtiere beidseitig der Autobahn bereits eine gute Anbindung an das Hinterland, und es wurde nachgewiesen, dass viele Tiere hier nach einer Querungsmöglichkeit suchen.
In den international bedeutsamen Wildtierkorridor mündet etwas weiter nördlich der A 81 ein regionaler Korridor ein. Auf diesen Korridor wurde mit der auf dem zukünftigen Daimler-Testgelände vorgesehenen Wildtierpassage Rücksicht genommen. Die teilweise über 300 Meter breite Passage ermöglicht Wildtieren die Durchquerung des ansonsten umzäunten Testgeländes.
Mit einem Verkehrsaufkommen von ca. 36.000 Fahrzeugen pro Tag stellt die A 81 eine sehr große Barriere dar und kann von Wildtieren kaum gequert werden. Auf welche Weise die A 81 hier für Tiere überwindbar gemacht werden kann, ist noch näher zu untersuchen. Aus topographischen Gründen käme gegebenenfalls eine Grünbrücke in Frage.
Gisela Splett weiter: „Ich würde mich freuen, wenn dieser Wiedervernetzungsabschnitt in das Bundesprogramm aufgenommen werden würde. Generell ist es eine Herausforderung, in einem so dicht besiedelten und vielfach von Verkehrswegen zerschnittenen Land wie Baden-Württemberg Lebensräume wieder zu vernetzen. Wir nehmen diese Aufgabe zielstrebig in Angriff. Ich bin zuversichtlich, dass wir mit vereinten Kräften ein Netz von grünen Korridoren und eine „grüne Infrastruktur“ schaffen und gestalten können und danke allen, die sich im Land dafür einsetzen.“
Hintergrundinformationen:
Seit 1975 hat sich das Verkehrsaufkommen in Deutschland vervierfacht. Im selben Zeitraum hat sich die Zahl der Wildunfälle verfünffacht. Ein deutliches Zeichen, dass Wildtiere immer mehr Barrieren überwinden müssen, um Nahrung oder Partner zu finden. In unserer dicht bebauten und von Verkehrswegen durchzogenen Kulturlandschaft ist es für Wildtiere nicht einfach, von einem Lebensraum zum anderen zu wandern. Sie stoßen dabei auf eine Vielzahl von Hindernissen, vor allem in Form von stark befahrenen Straßen. All dies trägt zu der in den letzten Jahrzehnten immer stärker gewordenen Gefährdung vieler Tier- und Pflanzenarten bei.Mehr Informationen zum Thema finden Sie unter Landeskonzept Wiedervernetzung