Die Länder sehen den Bund als Bremser beim Schienenpersonennahverkehr. Sie greifen wie Baden-Württemberg schon auf eigene Mittel zurück, um die Nahverkehrsleistungen zu finanzieren. Jetzt muss der Vermittlungsausschuss den Konflikt lösen.
Stuttgart (dpa/lsw)
Ländervertreter haben dem Bund Blockade bei einer auskömmlichen Finanzierung des Schienenpersonennahverkehrs (SPNV) vorgeworfen. Deutlich mehr Regionalisierungsmittel und eine rasche Entscheidung darüber forderten die Verkehrsminister von Baden-Württemberg, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen, Winfried Hermann (Grüne), Olaf Lies und Michael Groschek (beide SPD) sowie Verdi-Chef Frank Bsirske am Freitag. Auch Schleswig-Holsteins Verkehrsstaatssekretär Frank Nägele (SPD) mahnte in Berlin den Bund zur Eile. Wegen der unterschiedlichen Finanzierungs-Vorstellungen zwischen Bund und Ländern rief der Bundesrat am Freitag den Vermittlungsausschuss an.
Hermann sagte: «Ein weiterer Ausbau des umwelt- und klimafreundlichen Nahverkehrs auf der Schiene wird durch die Haltung des Bundes derzeit verhindert.» Schon in diesem Jahr lege das Land rund 100 Millionen Euro drauf, um nicht Nahverkehrszüge streichen zu müssen. Besonders ärgerlich seien die ständig steigenden Trassengebühren der Deutschen Bahn.
Der Bund hatte zuvor ein einstimmig verabschiedeten auf 15 Jahre angelegten Gesetzentwurf der Länder abgelehnt, der unter anderem eine Erhöhung der Regionalisierungsmittel von 7,3 Milliarden auf 8,5 Milliarden Euro im Jahr vorsieht. Der Bund legte daraufhin einen eigenen Entwurf vor mit einem Aufschlag von 1,5 Prozent für 2015. Wie danach der SPNV durch die Länder finanziert werden solle, bleibe unklar, monierten die Ländervertreter. Das sei umso ärgerlicher, da die Länder Planungssicherheit bräuchten, um langjährige Verträge mit Verkehrsunternehmen abschließen zu können. Im Südwesten werden derzeit Bestellungen im Gesamtvolumen von mehreren Milliarden Euro vergeben.
Groschek hatte wegen des Flugzeugabsturzes in den französischen Alpen seine Teilnahme an dem Treffen in Berlin abgesagt, ließ aber wissen: «Die Fahrgäste dürfen nicht zur Geisel der Bund-Länder-Finanzverhandlungen werden.» Die Pendler erlebten täglich, dass die Kapazitäten von Regional- und Nahverkehrszügen nicht mehr ausreichten. Bsirske sagte dem Bundesrat die Unterstützung von Verdi zu. Die 500 000 Beschäftigten des öffentlichen Personennahverkehrs erwarteten eine Erhöhung der Regionalisierungsmittel sowie Anschlussregelungen für die kommunale Verkehrsinfrastruktur. Die Zusagen zu deren Finanzierungs-Säulen endeten 2019.
Weitere Informationen auch in der Pressemitteilung des MVI
Quelle:
dpa (Julia Giertz)