Der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann sagte am Freitag in Berlin zur Bundesratsentscheidung: „Nach anfänglichem Hakeln ist es uns gelungen, einen guten Kompromiss zu finden. Die Novelle des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) wurde heute mit geringfügiger Änderung vom Bundesrat beschlossen. Es ist gut und richtig, dass die Kommunen nun mehr Freiraum für Verkehrsmaßnahmen zum Schutz von Gesundheit und Klima bekommen. Ein breites Bündnis aus mehr als 1000 Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern verschiedener Parteien hatte sich wiederholt dafür stark gemacht. Wir haben ihr Anliegen sehr gern unterstützt.“
Kompromiss mit einem geänderten Halbsatz
Die Initiative des Bundes gemäß dem Ampel-Koalitionsvertrag hatte am 24. November 2023 die erforderliche Mehrheit in der Länderkammer verpasst. Daraufhin hat sich Baden-Württemberg mit weiteren Ländern dafür stark gemacht, dass der Bund den Vermittlungsausschuss anruft. Dies erfolgte am 6. Juni 2024.
Den Durchbruch brachte letztlich eine kleine Änderung in der Formulierung – ein geänderter Halbsatz. Im nun gefundenen Kompromiss heißt es: „Die nach Satz 1 erlassenen Rechtsverordnungen und auf ihnen beruhenden Anordnungen müssen neben der Verbesserung des Schutzes der Umwelt, des Schutzes der Gesundheit oder der Unterstützung der städtebaulichen Entwicklung die Leichtigkeit des Verkehrs berücksichtigen und dürfen die Sicherheit des Verkehrs nicht beeinträchtigen.“ Vorher stand anstelle des kursiven Halbsatzes: „Die nach Satz 1 erlassenen Rechtsverordnungen und auf ihnen beruhenden Anordnungen müssen […] die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs berücksichtigen.“
Umwelt- und Gesundheitsschutz gleichberechtigt
Durch die Änderung wird das Augenmerk stärker auf die Verkehrssicherheit gelegt als im vorigen Entwurf. Minister Hermann: „Das ist in unserem Sinne, schließlich verfolgen wir mit Vision Zero das Ziel von null Verkehrstoten. Insgesamt ermöglicht die Novelle einen großen Reformschritt in der Straßenverkehrsordnung (StVO), die im nächsten Schritt angeglichen werden soll. Im Zentrum steht neben der Verkehrssicherheit nun nicht mehr nur der möglichst flüssige Autoverkehr. Jetzt sind auch Umweltschutz, Gesundheitsschutz und städtebauliche Entwicklung gleichberechtigte Gründe. Der Begriff Klimaschutz als zentrale Aufgabe taucht nun auch im Straßenverkehrsrecht auf. Eine entsprechende Anpassung der Straßenverkehrsordnung muss nun rasch folgen.“
Die neue Gewichtung der Anliegen im StVG kann mit einer angepassten StVO Kommunen mehr Möglichkeiten verschaffen, überdimensionierte Straßenräume anders zu nutzen. Durch die Planung und Umsetzung von Verkehrsmaßnahmen – wie beispielsweise die Anlage von Bus- oder Radverkehrsstreifen oder die Anordnung von Tempo 30 – werden umweltfreundliche Verkehrsträger gefördert und die Lebensqualität in den Städten und Gemeinden steigt.