Die Landesregierung will eine neue Ära für die Fahrradinfrastruktur einleiten. Mit einem neu entwickelten Bedarfsplan sollen in den kommenden Jahren systematisch fehlende Radwege an Bundes- und Landesstraßen ausgebaut werden. Zudem erweitert das Land die Förderung kommunaler Rad- und Fußwege.
Der Wunsch vieler Radfahrerinnen und Radfahrer lautet: Einfach, schnell und sicher unterwegs sein. Rund zehn Prozent ihrer Wege legen die Menschen in Baden-Württemberg mit dem Fahrrad zurück (Quelle: Studie „Mobilität in Deutschland – Analysen zum Radverkehr und Fußverkehr“). Mit dem Bedarfsplan für Radwege an Bundes- und Landesstraßen sowie mit der Fortführung und Ausweitung des Förderprogramms kommunaler Rad- und Fußwege will die Landesregierung eine neue Ära für die Fahrradinfrastruktur einleiten. „Zu einer guten Radkultur gehört eine vernetzte Radinfrastruktur. Mit dem neu entwickelten Bedarfsplan bauen wir in den kommenden Jahren systematisch fehlende Radwege an Bundes- und Landesstraßen aus. Darüber hinaus erweitern wir die Förderung kommunaler Rad- und Fußwege und erreichen damit einen Rekordwert“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann am Dienstag im Anschluss an die Kabinettssitzung.
Bedarfsplan soll die Radinfrastruktur an Bundes- und Landesstraßen verbessern
20 Prozent aller Wege sollen bis 2030 mit dem Fahrrad zurückgelegt werden – so lautet das Ziel. Dafür wurden fehlende Radwege an Bundes- und Landesstraßen systematisch erfasst. Anschließend wurden die notwendigen Baumaßnahmen priorisiert. Ziel ist die Herstellung geschlossener Netze für den Radverkehr im ganzen Land. Verkehrsminister Winfried Hermann sagte: „Unser Plan für die nächsten Jahre liegt vor: Bis 2040 wollen wir rund 2.000 Kilometer neue Radwege bauen. Lücken werden nach und nach geschlossen, damit Radfahrerinnen und Radfahrer nicht mehr über viel befahrene Straßen oder über Stock und Stein fahren müssen. Alle Menschen sollen sich sicher fühlen, wenn sie mit dem Fahrrad unterwegs sind. Besonders auch auf längeren Strecken soll das Fahrrad zukünftig immer öfter eine echte Alternative zum Auto darstellen. Der Bedarfsplan hilft uns, den Umstieg auf das Fahrrad als Alltagsverkehrsmittel zu vereinfachen.“
Der erste umfassende Bedarfsplan dieser Art enthält alle wichtigen Neu- und Ausbaustrecken an Radwegen in Baulast des Bundes und des Landes bis 2040. Er schafft damit Klarheit für den Radwegebau durch das Land in den kommenden Jahren. Die rund 2.000 Kilometer neue Radwege an Bundes- und Landesstraßen in Baden-Württemberg sollen mit einem Finanzierungsvolumen von insgesamt 1,65 Milliarden Euro gebaut werden. Das bereits seit 2016 bestehende RadNETZ, das Mittel- und Oberzentren im ganzen Land verbindet, ist im Bedarfsplan integriert und soll im Bereich der Bundes- und Landesstraßen bis 2030 fertiggestellt sein. Der Bedarfsplan berücksichtigt zudem die Unterzentren, sodass in der Perspektive bis 2040 ein noch engmaschigeres Netz entsteht.
Um den Ausbaubedarf an Bundes- und Landesstraßen zu erfassen und bereits bestehende Radnetze kontinuierlich auszubauen, wurden in einer landesweiten Betrachtung Lücken im Radwegenetz ausfindig gemacht. Dafür wurde im ersten Schritt ein Luftliniennetz zur Verbindung aller Ober-, Mittel- und Unterzentren erstellt. Danach erfolgte die Übertragung auf das hinterlegte Verkehrswegenetz. So konnte festgestellt werden, wie und wo Radfahrende zwischen zwei zentralen Orten am besten entlangfahren können. Als Datengrundlage wurden neben den Bundes-, Landes- und Kreisstraßen und den daran liegenden Radwegen auch das RadNETZ Baden-Württemberg sowie die Radschnellverbindungen miteinbezogen. Das RadNETZ besteht seit 2016 und soll flächendeckende, durchgängige und alltagstaugliche Fahrradverbindungen zwischen Mittel- und Oberzentren entlang der wichtigsten Siedlungsachsen im Land abbilden. Im Rahmen der Aufstellung des Bedarfsplans hatten alle Stadt- und Landkreise die Möglichkeit, ihre zehn wichtigsten Radwegemaßnahmen an Bundes- und Landesstraßen zur Prüfung im Rahmen des Bedarfsplans zu benennen.
Im Anschluss konnten Lücken im kategorisierten Netz identifiziert werden, die in den Bedarfsplan aufgenommen und bewertet wurden. Um jedoch nur bisher fehlende Radwege im Bedarfsplan zu benennen, wurden Strecken, die bereits geplant sind oder auf dem RadNETZ Baden-Württemberg liegen, abgezogen. Für die übrigen Strecken hat das Verkehrsministerium geprüft, ob eine separate Radverkehrsführung notwendig ist. Darauf aufbauend leitete das Verkehrsministerium eine Reihenfolge für die Umsetzung der Maßnahmen ab. Man spricht dabei von einer netzkonzeptionell fundierten Vorgehensweise.
Die Systematik des Bedarfsplans orientiert sich an der Einstufung im Bundesverkehrswegeplan mit den drei Stufen: Vordringlicher Bedarf (VB, höchste Dringlichkeitsstufe, 860 km) (PDF), Weiterer Bedarf mit Sternchen (WB*, Planungsauftrag, 900 km) (PDF) und Weiterer Bedarf (WB, kein grundsätzlicher Planungsauftrag, 300 km) (PDF). Für die VB-Maßnahmen ist eine Umsetzung entsprechend der RadSTRATEGIE bis 2030 geplant. Der Bedarfsplan hat das Ziel, Maßnahmen für den Neu- und Ausbau von Radwegen in der Baulast des Bundes und des Landes in eigener Zuständigkeit festzulegen.
LGVFG: Das größte Förderprogramm für Rad- und Fußwege in BW
Zu einem flächendeckenden Radnetz gehören neben den Radwegen an Bundes- und Landesstraßen auch Radwegenetze in kommunaler Baulast. Mit dem Landesgemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (LGVFG) unterstützt das Land Baden-Württemberg die Landkreise, Städte und Gemeinden sowie Verkehrsunternehmen beim Um- und Ausbau ihrer Verkehrsinfrastruktur. Zwischen 2023 und 2027 umfasst das Gesamtinvestitionsvolumen der kommunalen Förderung im Bereich Rad- und Fußverkehr (LGVFG-RuF) 839 Millionen Euro, das Land Baden-Württemberg steuert davon circa 350 Millionen Euro bei. Im Mittelpunkt des Programms steht die Verkehrswende hin zu einer klima-, menschen- und umweltfreundlichen Mobilität.
Verkehrsminister Hermann: „Das Land stellt die Mittel für die Förderung kommunaler Rad- und Fußwege bereit. Zusammen mit den Bundesmitteln können so für kommunale Infrastrukturprojekte bis zu 90 Prozent der Kosten übernommen werden. Das ist ein sehr attraktives Angebot und damit stellen wir die Weichen für eine gute und moderne Infrastruktur für den Rad- und Fußverkehr in Baden-Württemberg.“ Zu den 119 neuen Maßnahmen im Programm zählen unter anderem Radwege, Fahrradstraßen, Brücken, Querungen, abgesenkte Bordsteine, Sitzbänke, Fahrradparkhäuser und Abstellanlagen. „Mir ist es wichtig, dass jede Bürgerin und jeder Bürger gut, sicher und klimafreundlich zu Fuß oder mit dem Rad unterwegs ist und einen individuellen Beitrag zur Verkehrswende leisten kann“, so Hermann.
Mehr Radwege, mehr Fahrradabstellplätze
Insgesamt sollen mit dem Förderprogramm in den Jahren 2023 bis 2027 etwa 600 Kilometer neue Radwege in kommunaler Baulast gebaut werden. Im Jahr 2023 werden nach Angaben der Kommunen voraussichtlich 196 Kilometer in Angriff genommen. Auch die Zahl der Fahrradabstellplätze soll kontinuierlich steigen: Insgesamt befinden sich 27.100 von ihnen im gesamten Programm. In diesem Jahr wollen die Kommunen voraussichtlich 11.600 Fahrradabstellplätze verwirklichen.
Das Land fördert bis zu 50 Prozent der zuwendungsfähigen Bau- und Grunderwerbskosten und gewährt eine Planungskostenpauschale von zehn Prozent dieser Investitionen. Bei besonders klimafreundlichen Vorhaben werden bis zu 75 Prozent der zuwendungsfähigen Investitionskosten erstattet. Durch zusätzliche Bundesmittel sind Förderquoten von bis zu 90 Prozent möglich. Das Programm wird jährlich vom Verkehrsministerium aufgrund von Vorschlägen der Regierungspräsidien fortgeschrieben. Die nächste Frist zur Programmanmeldung ist der 30. September 2023. Die Kommunen können darüber hinaus auch während des Jahres Vorhaben anmelden.