Straße

Stuttgarter Zeitung: Überall sechsspurig – mindestens

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Fast jeder Autofahrer ist schon auf der A 8 gefahren – und im Stau gestanden. Im Land führt sie über 148 Kilometer von Karlsruhe bis kurz hinter Ulm. Ein Experte des Stuttgarter Verkehrsministeriums beschreibt die Lage.

Ein Fahrtprotokoll.

Stuttgart

Andreas Hollatz kennt jeden Kilometer der A 8. Der scheidende Referatsleiter des Stuttgarter Verkehrsministeriums und künftige Abteilungsleiter Straßenwesen und Verkehr des Stuttgarter Regierungspräsidiums braucht nicht in die Akten zu schauen, sondern beschreibt die Autobahn am Steuer des Dienst-Mercedes. Ein Fahrtprotokoll:

Kreuz Karlsruhe

"Der Belag ist schadhaft.“ Bauingenieur Hollatz betont, was im Wagen gut zu spüren ist. Die Fahrbahn auf der A 8 beim Aufstieg kurz nach dem Karlsruher Dreieck befindet sich in keinem guten Zustand. „Der Belag wird bald erneuert, auf alle Fälle spätestens 2015.“

Karlsbad

Oben auf der Höhe angekommen fällt der Satz: „Alles super, eine klare Eins.“ Der Straßenbauer berichtet von der aktuellen Straßenzustandserfassung der Autobahnen. Die wird alle vier Jahre durchgeführt. Ergebnis: 70 Prozent der Fahrbahnen erhalten die Bestnote, aber zwölf Prozent nur 4,5 bis Fünf – auf einer Skala, die bis Fünf reicht. Auf der hellen Fahrbahn stört ein dunkler Fleck, mehrere Quadratmeter groß. Pfusch am Bau? „Nein, hier hat ein Auto gebrannt, die Hitze hat den Asphalt beschädigt, er musste ausgebessert werden“, ist von dem Experten zu hören.

Karlsbad bis Pforzheim-West

Bei der Ausfahrt Karlsbad biegt Hollatz ab von der A 8. Wenig später informieren der Projektleiter Ulrich Asal und der Referatsleiter Jürgen Gentner im Baubüro über eine Großbaustelle. Berge werden versetzt und Täler geschaffen auf diesem 9,2 Kilometer langen Ausbaustück.

Die ganze Autobahn wird im Bereich der Pfinztalbrücke „neu trassiert“, nicht nur von vier auf sechs Spuren ausgeweitet, sondern im Bereich Karlsbad um bis zu zwölf Meter tiefer und nahe der Pfinztalbrücke um 20 Meter höher gelegt. 1 600 000 Millionen Kubikmeter Erde wurden bewegt, das sind 160 000 Lastwagenladungen, bis zu 90 Lkws täglich waren im Einsatz. 100 Menschen arbeiten auf dieser Baustelle, veranschlagte Kosten: 148 Millionen Euro. „Wir sind super in der Zeit“, sagt Asal zum Abschied. Im Herbst 2015 soll alles fertig sein.

Im Ministerium macht das geflügelte Wort die Runde, wonach eine Autobahn „nicht sechsspurig genug“ sein kann. In den sechziger Jahren passte eine Ausbauplanung auf drei bis vier DIN-A4-Seiten, heute füllt sie viele Ordner. Bei einer Erweiterung gehen fünf bis zehn Jahre allein für die Planung drauf.

Pforzheim-West

Das Abrollgeräusch ändert sich im Wagen. Ist es etwas lauter? „Von außen ist es deutlich leiser“, kontert der Fahrer. Es ist ein Abschnitt mit dem offenporigen Asphalt, gern auch OPA genannt. Hollatz ist nicht begeistert: „Der Flüsterasphalt ist doppelt so teuer wie der herkömmliche Splittmatix-Asphalt, hält aber nur halb so lange.“ Seine Alternative: „Höhere Lärmschutzwände“.

Enztalquerung

Der A 8 steht noch manche Baustelle bevor. Die nächste auf dieser Fahrt soll im Enztal bei Pforzheim eingerichtet werden. Nach der Fertigstellung des Abschnittes bei Karlsbad ist dies der letzte Autobahnabschnitt der A 8 zwischen Karlsruhe und Stuttgart, der nur jeweils noch zwei Fahrspuren je Fahrtrichtung aufweist. Über eine hohe Brücke quer über das Tal wurde nachgedacht. Entschieden wurde anders. Die Pläne sehen in der Talsohle eine 380 Meter lange „Einhausung“ vor, wie der Fachmann sagt, „die schluckt viel Lärm und beseitigt die Engpässe, so dass sechs Fahrspuren möglich werden“. Doch die Steigungen werden weitgehend bleiben, wie sie die Topografie schon immer vorgegeben hat. „Jetzt gilt es das laufende Planfeststellungsverfahren abzuschließen“, sagt Hollatz, „dann fehlt nur noch die Baufreigabe vom Bund.“

Leonberg-Ost bis Kreuz Stuttgart

Eine staufreie Fahrt zwischen Leonberg und dem Kreuz Stuttgart. „Das ist normal“, sagt Hollatz. „Staus gibt es vor allem in der Gegenrichtung.“ Der Grund: bergauf gibt es vier Fahrspuren, bergab nur drei auf dieser mit knapp 150 000 Fahrzeugen am Tag am meisten belasteten aller Autobahnen im Land. Laut Hollatz die „Hauptschlagader“. Und die soll durchlässiger werden. Als Baubeginn für die vierte Fahrspur ist das Jahr 2015 angesetzt.

Aichelberg

Spürbar härter die Betonfahrbahn vor dem ersten Albaufstieg, eingeweiht Ende der 80er Jahre. In der Höhe der Raststätte Gruibingen berichtet Hollatz von der „größten beruflichen Niederlage meiner Laufbahn“. Weihnachten 2005 war die Planfeststellung für den zweiten Albaufstieg Mühlhausen-Hohenstadt fast fertig. Dann kam die Absage vom Bund, neue Finanzierungsmodelle sollten geprüft werden. Inzwischen ist das „Mauthäuslesmodell“ (Hollatz) vom Tisch, die Pläne veraltet und zehn Jahre verloren. Seit Kurzem wird wieder geplant. „Mich stört gewaltig, dass Reisende aus dem Ausland nach flotter Fahrt auf der A 8 Richtung Stuttgart plötzlich das Schild sehen: „Gefahr, Danger, Pericolo“. Sie müssen sich den engen Abstieg hinunterquälen, der durch eine Brücken-Tunnel-Brücken-Lösung ersetzt werden soll. Wann? „13 Jahre darf ich noch arbeiten“, sagt Hollatz, „das könnte klappen.“

Lämmerbuckeltunnel

Schneller kommt die Sanierung des Lämmerbuckeltunnels voran. Der älteste noch in Betrieb befindliche Autobahntunnel Deutschlands soll sicherer werden, als letzter Schritt wird für 4,6 Millionen Euro ein Rettungsstollen gegraben. Unfälle geschehen im Bereich dieses 625 Meter langen Tunnels selten. „Weil er erstens kerzengerade ist und zweitens sehr hoch, das vermittelt ein Sicherheitsgefühl, das sich auf die Fahrweise auswirkt“, so Hollatz.

Merklingen

Wir nehmen die Abfahrt Merklingen zum nächsten Baubüro. Von hier aus wird der Ausbau der A 8 zwischen Hohenstadt und Ulm-West beaufsichtigt. Auf demselben Stock in dem Zweckbau kümmern sich Bahn-Ingenieure um die ICE-Neubaustrecke. „Wir haben ständigen Abstimmungsbedarf“, sagt Arnold Goller, der für die Straße zuständige Projektleiter. Zum Beispiel für die 26 neuen Brücken, einschließlich zwei Fledermausdurchlässen. Auf rund 23 Kilometern werden Autos und bis zu 250 Stundenkilometer schnelle ICE im Abstand von 25 Metern parallel zueinander fahren. „Ein Wall verhindert, dass Autofahrer und Zugreisende einander sehen können“, verrät Goller. Bis 2019 soll alles fertig sein, hier wie dort.

Ulm

Im Skoda Yeti geht es weiter in Richtung Reiseziel Ulm, abseits der dicht befahrenen alten Strecke. „Das ist keine Erweiterung, wir bauen eine ganz neue Autobahn“, sagt Goller. Bei der Fahrt zwischen Kränen der Straßenbauer und jenen der Schienenbauer berichtet er, dass für diese 23 Kilometer 203 Millionen Euro vorgesehen sind. Bestimmt viel mehr als die alte Fahrbahn aus dem Jahr 1937 gekostet hat. Stück für Stück reißt sie ein Bagger aus ihrem Schotterbett und wirft sie in Muldenschlepper. „Respekt“, sagt Hollatz, „die Kollegen damals haben stabil gebaut.“ 

Weitere Informationen

Ein dazugehöriges Interview mit Minister Winfried Hermann zu Straßenbaumaßnahmen finden Sie hier. Ausführlicher finden Sie diesen Artikel den Artikel der Stuttgarter Zeitung auch Extern: hier.

Quelle:

Stuttgarter Zeitung 06.09.2014, Autor: Michael Petersen

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