Das Verkehrsministerium stellte am Freitag, 21. März die Entscheidung zur Verkehrsplanung für die B-30-Brücken bei Hochdorf über die Riß und eine Bahnstrecke vor.
Vollsperrung ist notwendig
Nach intensiver Bewertung und Abwägung aller Kriterien stellt im vorliegenden Fall der Ersatzneubau der Brücken an Ort und Stelle unter Vollsperrung die zeit- und kostensparendste Variante sowohl bei der Planung als auch im Bau verbunden mit den geringsten Eingriffen in die Natur dar. Verkehrliche Auswirkungen wurden in die Prüfung frühzeitig einbezogen. Besonders der Neubau der Brücke über die Riß, die mit spannungsrissgefährdetem Spannstahl gebaut wurde, ist zeitkritisch. Die Spannungsrisskorrosion stellt ein Risiko dar, dessen Bedeutung mit dem Einsturz der Carola-Brücke drastisch deutlich geworden ist. Eine Vollsperrung ist deshalb für einen zügigen Neubau notwendig – auch wenn das bedeutet, dass es vorübergehend Umleitungsverkehr durch die Ortschaften gibt. Der Vergleich der verschiedenen Varianten, die Auseinandersetzung mit den Kritikpunkten und Hinweisen sowie der Prozess zur Entscheidungsfindung mit mehreren Vor-Ort-Terminen des Verkehrsministeriums hat zudem weitere Hinweise geliefert, um die Einschränkungen so gering wie möglich zu halten und gleichzeitig die Bedürfnisse der Bevölkerung wie Sicherheitsaspekte besser zu berücksichtigen. Darauf aufbauend werden im weiteren Planungsprozess die Umleitungsstrecken detailliert geplant und zusätzliche Maßnahmen geprüft, um die Leistungsfähigkeit der betroffenen Knotenpunkte sicherzustellen.
Vorgehen ist bester Kompromiss
Berthold Frieß, Ministerialdirektor im Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg, erklärte zur Entscheidung: „Wir wissen, dass eine 18-monatige Vollsperrung für viele Menschen in der Region nicht das Ergebnis ist, das sie sich gewünscht haben. Doch bei sanierungsbedürftigen Brücken, insbesondere einer spannungsrissgefährdeten Brücke, die spontan brechen können, müssen wir entschieden handeln. Es gibt 73 spannungsrissgefährdete Brücken im Land und bis 2030 sollen alle ersetzt sein. Das gewählte Vorgehen ist der beste Kompromiss aller Optionen und der Risiken, wenn man alle Kriterien abwägt. Wir haben nach dem intensiven Austausch mit der Bevölkerung, der Bürgerinitiative, den Amtsträgern sowie der Mandatsträgerinnen und -träger alle Varianten sorgfältig und aufwendig geprüft. Das Verfahren hat auch etwas bewirkt: Ein solch intensiv geführter Dialog führt selten dazu, dass eine Verwaltung mit unveränderten Bewertungen aus einem so aufwändigen Verfahren geht, wie sie hineingegangen ist. Keine Umleitung eines Brückenersatzbaus ist so intensiv diskutiert und geprüft worden wie hier in Hochdorf. Eine relativ kurze, aber vollständige Sperrung führt in der Summe zu mehr Sicherheit und ist schneller fertig als ein komplizierter Umbau auf Raten. Und eines möchte ich klar sagen: Die Mehrkosten für eine mögliche Interimsbrücke sind ein gewichtiger Aspekt, aber sie sind nicht der einzige Grund, warum die Entscheidung für Variante ‚Ersatzneubau der Brücken an Ort und Stelle unter Vollsperrung‘ gefallen ist. Wir haben zudem alle Hinweise aus der Bürgerschaft einbezogen und werden für die Umleitungsstrecken Lösungen suchen, die den zusätzlichen Verkehr so verträglich und sicher wie möglich machen. Ich danke allen, die sich hier mit ihrer Zeit und Energie eingebracht haben.“
Die alte Brücke über die Riß ist aus demselben Material wie die Carola-Brücke in Dresden gebaut, die unter sogenannten Spannungsrisskorrosionsgefahr litt. Das heißt, es gibt die Gefahr von Rissen im Spannstahl, die für ein kurzfristiges Versagen der ganzen Brücke führen können. Nach umfangreichen Berechnungen und Gutachten ist klar: Eine Sanierung der Brücke über die Riß ist nicht möglich! Auch die Brücke über die Bahn weist Schäden auf, die einen Neubau der Brücke erforderlich machen.
Nein. Die sogenannte Spannungsrisskorrosion stellt ein langfristig unkalkulierbares Risiko dar. Zusätzlich wurden die Belastungsgrenzen bereits überschritten – es gibt deshalb jetzt schon Verkehrseinschränkungen. Teilweise Reparaturen würden zwar vorübergehend ein wenig helfen, sind aber sehr aufwändig und verzögern den Neubau. Am Ende wäre trotzdem ein kompletter Ersatz nötig.
Ja. Egal ob Neubau an gleicher Stelle oder eine andere Variante: Für bestimmte Bauphasen muss die B 30 bei allen Varianten vollständig gesperrt werden. Technisch ist ein sicherer Betrieb nur mit einer Vollsperrung möglich. Gleichzeitig lässt sich mit der gewählten Variante die Bauzeit erheblich verkürzen, was den Verkehr und die Anwohnerinnen und Anwohner insgesamt kürzer belastet.
In der Vorplanung gab es verschiedene Varianten (Ersatz an Ort und Stelle, Behelfsumfahrungen, Brückenneubau neben der alten Brücke mit Verlegung der Bundesstraße, Brückenneubau neben der alten Brücke mit späterem sogenannten Querverschub zurück in die Achse), die ergebnisoffen untersucht wurden. Alle Varianten erfordern Phasen, in denen die B 30 gesperrt werden muss.
Die gewählte Lösung mit einer Vollsperrung während der Hauptarbeiten ist mit einer Bauzeit von rund 18 Monaten nicht nur die schnellste, sondern mit Baukosten von rund 38 Mio. Euro auch die wirtschaftlichste Variante. Bei allen anderen Varianten ist mit einer Bauzeit von bis zu 42 Monaten und Baukosten von bis zu 61 Millionen. Euro zu rechnen. Die Lösung mit einer Vollsperrung ist daher der beste Kompromiss.
Es gab bereits frühzeitig Gespräche mit Bürgerinitiativen und örtlichen Vertreterinnen und Vertretern. Anmerkungen – zum Beispiel zur Verkehrsführung während der Sperrung – wurden in ein Verkehrsgutachten aufgenommen. Dort werden mögliche Umleitungen und die Belastungen für umliegende Orte genau untersucht.
Der Verkehr soll während der Sperrung der B 30 zum einen großräumig verlagert, zum anderen im Bereich Hochdorf – Ingoldingen – Schweinhausen richtungsgetrennt aufgeteilt werden. Dadurch wird im Bereich Hochdorf und Schweinhausen eine Verkehrszunahme von rund 5.300 bis 5.900 Kfz/24 h und im Bereich Ingoldingen eine Verkehrszunahme von rund 4.800 Kfz/24 h prognostiziert. Zudem gibt es Verlagerungseffekte, so dass rund 6.800 Kfz/24 h weiträumig auf alternative Routen verdrängt werden.
Auf Grundlage dieser Ergebnisse werden Maßnahmen wie Tempolimits, Halteverbote, Ampeln oder zusätzliche Beschilderungen geplant, um die Belastungen zu reduzieren. Die geplanten Umleitungen inklusive der Optimierungsmöglichkeiten werden zudem in öffentlichen Verkehrsschauen vorgestellt werden, die die Möglichkeit für weitere Optimierungen bieten werden.
Die Fahrzeiten für Rettungswagen und Feuerwehr haben für uns höchste Priorität. Das Land prüft im Rahmen der Umleitungsplanung genau, ob und wie die vorgeschriebenen Rettungszeiten eingehalten werden können. Auch zum beschrankten Bahnübergang bei Schweinhausen wird das Land mit der Deutschen Bahn Lösungen suchen, um Staus zu vermeiden.
Für den Ersatzneubau in der gewählten Form kann auf ein umfangreiches zeitraubendes Planfeststellungsverfahren verzichtet werden, wenn sich die Kapazität der Straße nicht erhöht und es nur um eine vorübergehende oder unwesentliche Änderung geht. Das bedeutet einen erheblichen Zeitgewinn. Trotzdem gilt: Alle nötigen Umwelt- und Naturschutzvorschriften werden selbstverständlich eingehalten. Falls sich im Zuge der weiteren Planung zeigt, dass zusätzliche Genehmigungen nötig sind, werden diese eingeholt.