Seit 2015 lässt das Verkehrsministerium alle zwei Jahre die Bevölkerung Baden-Württembergs zu ihren verkehrspolitischen Einstellungen befragen. Dazu gehört die Nutzung verschiedener Verkehrsmittel oder Wünsche zur Verkehrsplanung. Ein Schwerpunkt der diesjährigen Erhebung war die Bedeutung von Klimaveränderungen. Dabei bleibt die Unterstützung für eine klimagerechte Verkehrspolitik hoch – die Krisen der letzten Jahre führen nicht zu Müdigkeit oder Ablehnung.
Könnten die Bürgerinnen und Bürger in Baden-Württemberg eigenständig darüber entscheiden, wie die finanziellen Mittel im Verkehrsbereich eingesetzt werden sollten, würden sie diese am liebsten in ein besseres Bus- und Bahnangebot investieren. Das gaben 42 Prozent der Befragten in einer vom Markt- und Meinungsforschungsinstitut forsa durchgeführten repräsentativen Telefonbefragung im Auftrag des Verkehrsministeriums Baden-Württemberg an. Für mehr Investitionen in Radverkehrsanlagen setzen sich 19 Prozent der Befragten ein, für den Ausbau der Straßen nur 9 Prozent.
Mehrheit für Mobilitätsgarantie und Mobilitätspass
Verkehrsminister Hermann sieht mit der Umfrage die Arbeit des Verkehrsministeriums bestätigt: „Die aktuellen Umfrageergebnisse zeigen insgesamt, dass viele Menschen im Land klimafreundlich unterwegs sein möchten. Viele sind sogar dazu bereit, ihr Mobilitätsverhalten zu verändern, um einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten und weil Ihnen das Angebot zusagt. Insbesondere eine gute und flächendeckende Anbindung durch den öffentlichen Verkehr stößt auf große Zustimmung. Das zeigt uns, dass wir mit der Mobilitätsgarantie auf dem richtigen Weg sind.“
Eine Mobilitätgarantie für Baden-Württemberg würde garantieren, dass von 5 bis 24 Uhr in ländlichen Räumen alle 30 Minuten und in der Stadt alle 15 Minuten eine ÖPNV-Anbindung existiert. In der Umfrage befürwortete eine deutliche Mehrheit (82 Prozent) die Mobilitätsgarantie. Unverändert zu 2021 äußern 75 Prozent die Bereitschaft, den Ausbau des ÖPNV selbst finanziell zu unterstützen, sofern der Betrag für ein Abo des Nahverkehrs anrechenbar wäre – so sieht es der Mobilitätspass vor, der als Bestandteil des Landesmobilitätsgesetzes 2024 in die Anhörung gehen und anschließend dem Landtag zur Beschlussfassung vorgelegt werden soll.
Weitere Ergebnisse der Befragung:
Fast alle Befragten sprechen mit dem eigenen sozialen Umfeld über Klimaveränderungen (96 Prozent). Dies schlägt sich auch im eigenen Mobilitätsverhalten nieder: Der Wunsch, persönlich etwas für den Klimaschutz zu tun, wird von 54 Prozent als Grund für eine langfristige Veränderung von Mobilitätsroutinen angegeben – Klimaschutz ist damit nach dem Führerscheinerwerb (57 Prozent) der wichtigste Grund für ein neues Verkehrsverhalten. Dementsprechend sind im Landeskonzept Mobilität und Klima, das 2024 vom Kabinett verabschiedet werden soll, die Maßnahmen mit einem relevanten Beitrag zum Klimaschutz im Fokus.
Vier von fünf Befragte (81 Prozent) sprechen sich für strengere Kontrollen gegen Falschparkerinnen und Falschparker auf Gehwegen aus. Sollen Parkplätze und Autofahrspuren wegfallen, befürworten knapp zwei Drittel (64 Prozent) eine Flächenneuverteilung zugunsten von Radwegen und knapp die Hälfte (49 Prozent) zugunsten von Fußwegen.
Grundsätzlich möchten viele Befragte in Baden-Württemberg jedoch am eigenen Auto festhalten. Das Auto ist weiterhin mehrheitlich das am häufigsten genutzte Verkehrsmittel. Ein Tempolimit wird dabei im Zuge einer Lärmbelastungsreduktion von 72 Prozent der Befragten befürwortet. Tempo 30 innerorts wird von mehr als der Hälfte der Befragten befürwortet (58 Prozent). Der Umbau zu lebendigen und verkehrsberuhigten Ortsmitten ist daher auch 2024 ein zentrales Thema des Verkehrsministeriums.
Der Anteil an Haushalten mit Elektroauto ist darüber hinaus gegenüber 2021 von fünf auf nunmehr 14 Prozent in der Befragung gestiegen. Hauptsächlich hält die Elektromobilität mit dem Pedelec Einzug in die Haushalte, über ein Drittel der Menschen nutzen es als Hauptverkehrsmittel (36 Prozent gegenüber 28 Prozent 2021).
Eine bessere Ladeinfrastruktur sehen viele als Voraussetzung für mehr E-Autos (63 Prozent), aber weniger als 2021. Gut die Hälfte ist bereit, unter den richtigen Voraussetzungen beim nächsten Autokauf einen Elektroantrieb zu wählen. 52 Prozent halten die E-Mobilität nicht für umweltfreundlicher als Autos mit Benzin- oder Dieselantrieb. Kritisch werden Vorrechte beziehungsweise die Besserstellung von Elektroautos gegenüber „Verbrennern“ bei Parkgebühren oder bei der Fahrerlaubnis in Städten beurteilt (37 Prozent beziehungsweise 20 Prozent Zustimmung). Eine bessere Erklärung der Effekte einer Antriebswende für den Klimaschutz ist daher ein erklärtes Anliegen des Verkehrsministeriums im neuen Jahr.
Neun von zehn Personen erwarten, dass Bürgerinnen und Bürger über verkehrliche Veränderungen vor Ort von den verantwortlichen Stellen informiert und falls möglich beteiligt werden. Dies hat das Verkehrsministerium beim Landeskonzept Mobilität und Klima umfassend getan und unterstützt auch die Kommunen auf ihrem Weg, die Verkehrswende zusammen mit der Bürgerschaft voran zu bringen. Dafür wird unter anderem die Förderung kommunaler Fachkräfte für die Verkehrswende ab 2024 fortgesetzt
Ergebnisse aus der Klimakommunikation zeigen, dass Bürgerinnen und Bürger insbesondere an die Politik die Erwartung stellen, Maßnahmen zum Klimaschutz als treibende Kraft umsetzen. Sie sehen die Gesetzgebung und die Politikerinnen und Politiker in der Verantwortung, einen klaren Orientierungsrahmen vorzugeben. 2024 könnten das Landesmobilitätsgesetz und das Landeskonzept Mobilität und Klima für die Umsetzung der Verkehrswende in Baden-Württemberg verabschiedet werden. Das Ziel ist, bis 2030 die CO2-Emissionen im Verkehrssektor um 55 Prozent zu reduzieren.
Dem Ergebnisbericht der Telefonbefragung können weitere Details sowie der Vergleich zu den Vorjahren und zwischen verschiedenen soziodemografischen Gruppen entnommen werden.
Hintergrundinformationen zur Befragung
Grundgesamtheit der Bevölkerungsbefragung sind deutschsprachige Personen ab 16 Jahre in Baden-Württemberg. Im Rahmen der Erhebung wurden insgesamt 1.000 Personen der Grundgesamtheit befragt. Die Befragten wurden über ein mehrstufiges Zufallsverfahren ausgewählt. Dieses mehrstufige Verfahren zur zufälligen Auswahl der Zielhaushalte und der Zielpersonen stellt sicher, dass die Stichprobe die Grundgesamtheit in ihrer Struktur widerspiegelt und die Ergebnisse damit repräsentativ sind. Die Erhebung fand zwischen dem 11. September und 6. Oktober 2023 mit Hilfe computergestützter Telefoninterviews statt. Die Ergebnisse wurden an relevanten Stellen nach den Raumkategorien des Landesentwicklungsplans 2002 aufgeschlüsselt.