Welche Auswirkung große Trockenheit auf die Schiffbarkeit des Rheins hat, ist im Sommer 2022 einmal mehr drastisch zu Tage getreten. Durch den Klimawandel, aber auch durch den mangelhaften Zustand der Bundeswasserstraßen werden solche Ereignisse zunehmend die Lieferketten entlang Deutschlands wichtigster Wasserstraße gefährden, wenn nicht zeitnah mit einem maßvollen Ausbau gegengesteuert wird.
Mit Unterzeichnung der fortgeschriebenen „Düsseldorfer Liste“ machten die Verkehrsminister Winfried Hermann (Baden-Württemberg), Tarek Al-Wazir (Hessen), Oliver Krischer (Nordrhein-Westfalen) und Daniela Schmitt (Rheinland-Pfalz) am Donnerstag in Mannheim deutlich: Für die Stärkung der klimaschonenden Binnenschifffahrt ist höchste Eile geboten.
Die ebenfalls von Minister Christian Bernreiter (Bayern) mitunterzeichnete Liste enthält 30 dringend erforderliche Infrastrukturprojekte zur Stärkung des wichtigen Transportwegs zu Wasser, der Binnenhäfen und der begleitenden Infrastruktur:
Düsseldorfer Liste
Projekt | Binnenland |
Brückenanhebungen im Kanalnetz für den durchgängigen zweilagigen, wenn möglich dreilagigen Containerverkehr | NRW |
Durchgängige Befahrbarkeit des westdeutschen Kanalnetzes mit Großmotorgüterschiffen | NRW |
Sicherstellung der Fahrrinnentiefe von 2,80 Metern auf dem Rhein stromaufwärts bis Stürzelberg | NRW |
Erhöhung der Fahrrinnentiefe auf dem Rhein im Streckenabschnitt zwischen Mainz / Wiesbaden und St. Goar von 1,90 Metern auf 2,10 Metern. | RP / HE |
Erhöhung der Fahrrinnentiefe von Aschaffenburg bis Mündung Rhein | HE / BY |
Bau der zweiten Schleusenkammer an den zehn deutschen Moselschleusen | RP |
Wasserseitige Anbindung der Binnenhäfen verbessern | BY |
Anhebung von Eisenbahnbrücken | BY |
Sukzessive Erneuerung der Mainschleusen | BY / HE |
Erneuerung und Verlängerung der Neckarschleusen für das 135-Meter-Schiff | BW |
Projekt | Binnenland |
Sechsspuriger Ausbau der A 57 zwischen Kreuz Meerbusch und dem Kreuz Kamp-Lintfort | NRW |
B 37 / B 44 Ersatzneubau der Hochstraße-Nord und Süd in Ludwigshafen | RP |
Leistungsfähige Rheinquerung Wörth-Karlsruhe | RP / BW |
Ersatzneubau Ehranger Brücke (A 64a) | RP |
B 47, OU Lampertheim/ Rosengarten | HE |
B 47, vierstreifiger Ausbau der OU Bürstadt | HE |
A 5 AK Heidelberg – AK Walldorf | BW |
Projekt | Binnenland |
Ausbau des dritten Gleises in Fortführung der Betuwe-Linie zwischen Emmerich und Oberhausen (ABS 46/2) | NRW |
Ausbau und Beseitigung der Engpässe auf der Strecke Grenze NL/D – Kaldenkirchen – Viersen/Rheydt – Rheydt/Odenkirchen (Teil der Rhein-Ruhr-Rail Connection (3RX)) | NRW |
Leistungssteigerung des Bahnknoten Köln | NRW |
Sukzessiver Ausbau auf drei Gleistrassen zwischen Aachen und Düren und Beseitigung weiterer Engpässe bis Köln | NRW |
Elektrifizierung der Bahnstrecken Hof-Regensburg und Hof-Nürnberg | BY |
Elektrifizierung Nürnberg – Marktredwitz - Schirnding Grenze D/CZ | BY |
Alternative Güterzugstrecke zur Entlastung des Rheintals | RP / HE / BW / NRW |
ABS Stuttgart-Singen-Grenze Deutschland/Schweiz | BW |
ABS/NBS Karlsruhe-Offenburg-Freiburg-Basel Rheintalbahn) | BW |
ABS Kehl-Appenweier | BW |
NBS Rhein/Main-Rhein/Neckar | HE / BW |
NBS Mannheim-Karlsruhe | BW / RP |
Eisenbahnknoten Mannheim | BW |
Elektrifizierung der Bahnstrecken Hof-Regensburg und Hof-Nürnberg | BY |
Elektrifizierung Nürnberg – Marktredwitz – Schirnding Grenze D/CZ | BY |
Alternative Güterzugstrecke zur Entlastung des Rheintals | RP / HE / BW / NRW |
ABS Stuttgart-Singen-Grenze Deutschland/Schweiz | BW |
ABS/NBS Karlsruhe-Offenburg-Freiburg-Basel Rheintalbahn) | BW |
ABS Kehl-Appenweier | BW |
NBS Rhein/Main-Rhein/Neckar | HE / BW |
NBS Mannheim-Karlsruhe | BW / RP |
Eisenbahnknoten Mannheim | BW |
Länderkonferenz Rhein
Zur Länderkonferenz Rhein 2023 sind am Donnerstag rund 120 Expertinnen, Experten und ihre Gäste im Barockschloss Mannheim zusammengekommen, um sich über künftige Herausforderungen der Binnenwasserstraßen sowie mögliche Lösungsansätze auszutauschen. Dabei schauten sie in internationalen Fachvorträgen auch auf Erfahrungen in der Schweiz und den Niederlanden.
Die Länderkonferenz Rhein wurde 2013 von den Rheinanrainer-Bundesländern ins Leben gerufen. Ziel ist es, die Bedeutung und die Belange der Schifffahrt im Rheinstromgebiet als klimafreundliche und sozialverträgliche Transportalternative auf Bundesebene stärker hervorzuheben. Zudem soll die Ausrichtung der Güterverkehrsströme auf die belgischen und niederländischen Seehäfen in der Verkehrspolitik mehr Gewicht bekommen. Als Binnenländer sind Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz für den Im- und Export von Waren und Rohstoffen auf den Zugang zum Meer über krisenfeste Wasserstraßen dringend angewiesen.
„Der Rhein sichert uns eine wichtige Anbindung an den internationalen Seehandel, und die Wasserwege haben noch – anders als Schiene und Straße – offene Transportkapazitäten. Zudem verursacht das Binnenschiff pro Tonnenkilometer nur einen Bruchteil des CO2-Ausstoßes eines Lkw. Doch der Bund vernachlässigt diesen klima- und umweltfreundlichen Transportweg, obwohl Investitionen hier enormen volkswirtschaftlichen Nutzen entfalten. Das muss sich ändern.“
„Die Binnenschifffahrt braucht eine Entwicklungsperspektive 2030: Hierzu gehört eine an zunehmende Niedrigwasser angepasste Flotte, einen umsetzungsorientierten Plan gegen den Wassermangel am Rhein und eine funktionierende Infrastruktur. Die Aktualisierung der Düsseldorfer Liste macht vor allem eines deutlich: Beinahe eine Dekade nach Verabschiedung der ursprünglichen Liste ist viel zu wenig passiert. Wir sagen: Der Rhein ist die Lebensader der deutschen Wirtschaft. Die Schiffbarkeit des Rheins ist Wohlstandserhalt und Klimaschutz zugleich. Ohne Wasser kein Schiff, ohne Schiff keine Wirtschaft, ohne Wirtschaft keine Verkehrswende."
„Es ist gut, dass der Bundesverkehrsminister die Binnenhäfen und Binnenländer fest im Blick hat und bereits im vergangenen Jahr neue Stellen für prioritäre Vorhaben an der Bundeswasserstraße Rhein bereitgestellt hat. Davon profitiert auch das für den Industriestandort Rheinland-Pfalz so wichtige Projekt der Abladeoptimierung am Mittelrhein.“ Mit der nun vorgesehenen Planungs- und Genehmigungsbeschleunigung des Bundes könnten zudem zahlreiche Infrastrukturprojekte weiter Fahrt aufnehmen. „Auch für den Transport von Wasserstoff können der Rhein und die Binnenhäfen zukünftig von enormer Bedeutung sein. Zur Sicherung des Wirtschaftsstandorts Deutschland sind beschleunigte Verfahren, auch im Bereich der Wasserstraßen, also enorm wichtig.“ Schmitt wies darauf hin, dass auch das Bundesland Rheinland-Pfalz in die Stärkung der Binnenschifffahrt investiere, beispielsweise durch den Ausbau der Landeshäfen oder die Ausstattung der Schiffsanleger mit Landstromanlagen.