Ministerialdirektor Uwe Lahl: Abgasuntersuchungen in Kfz-Werkstätten sind sinnvoll, wenn sie korrekte Messergebnisse liefern
Das Landesverkehrsministerium macht Druck bei der Umsetzung bundesrechtlicher Vorgaben zur Abgasuntersuchung von Kraftfahrzeugen. Daher sollen die Kfz-Werkstätten ab Oktober 2019 nur noch normkonforme kalibrierte Geräte bei der Abgasuntersuchung verwenden dürfen, teilte das Ministerium heute (25.06.2019) mit. Eine gute und gesicherte Messgenauigkeit sei sowohl im Sinne der Umwelt, als auch für die Fahrzeughalter von großer Bedeutung. Der Amtschef des Verkehrsministeriums wird in den nächsten Tagen mit dem Verband des Kraftfahrzeuggewerbes Baden-Württemberg und Vertretern der Kalibrierlabore die weitere Vorgehensweise erörtern.
Neue EU-Vorgaben zur Messung
Seit 1. Januar 2019 müssen Messgeräte für Abgasuntersuchungen von Kraftfahrzeugen aufgrund EU- und bundesrechtlicher Vorgaben kalibriert sein. Diese Aufgabe dürfen nur akkreditierte Kalibrierlabore übernehmen. Da zum Jahresanfang 2019 noch nicht ausreichend Kalibrierkapazitäten für Abgasmessgeräte zur Verfügung standen, hatte das Verkehrsministerium mit dem Verband des Kraftfahrzeuggewerbes Baden-Württemberg seinerzeit vereinbart, dass die Kfz-Werkstätten über die Innungen Anträge auf Ausnahmegenehmigung von der Kalibrierpflicht einreichen können und das Verkehrsministerium dann bei Vorliegen der Voraussetzungen Ausnahmen von der Kalibrierpflicht für einzelne Geräte erteilt. Die Ausnahmegenehmigungen wurden im Hinblick auf den parallel stattfindenden Aufbau von Kalibrierkapazitäten bis zum 30. Juni 2019 befristet.
Da einerseits erst eine geringe Zahl von Abgasmessgeräten in Baden-Württemberg kalibriert ist, zwischenzeitlich aber ausreichende Kalibrierkapazitäten zur Verfügung stehen, beabsichtigt das Verkehrsministerium des Landes noch bis längstens 30. September 2019 Ausnahmen von der Kalibrierpflicht unter der Voraussetzung zu erteilen, dass ein verbindlicher Kalibriertermin im zweiten Quartal vereinbart ist. Ab dem 1. Oktober 2019 sollen nur noch normkonform kalibrierte Geräte für die Abgasuntersuchung verwendet werden dürfen.
Im Vorfeld des Gesprächs mit dem Verband des Kraftfahrzeuggewerbes Baden-Württemberg und Vertretern der Kalibrierlabore betonte der Amtschef des Verkehrsministeriums Prof. Uwe Lahl: „Abgasuntersuchungen machen nur dann Sinn, wenn sie korrekte Messergebenisse liefern. Für die ordnungsgemäße Durchführung von Abgasuntersuchungen und Hauptuntersuchungen sind die anerkannten Werkstätten und Überwachungsorganisationen verantwortlich. Dem Verkehrsministerium als Aufsichtsbehörde ist es wichtig, dass möglichst rasch normkonforme kalibrierte Geräte verwendet werden. Eine gute und gesicherte Messgenauigkeit ist sowohl im Sinne der Umwelt, als auch für die Fahrzeughalter von großer Bedeutung.“
Kalibrierung aller Messgeräte zwingend erforderlich
Kfz-Werkstätten, in denen Hauptuntersuchungen durchgeführt werden, müssen nach EU-Vorgaben regelmäßig alle Messgeräte kalibrieren lassen, die bei der Hauptuntersuchung oder der Abgasuntersuchung eingesetzt werden. Nach den Skandalen in der Automobilbranche wurden besonders die Vorgaben zur Abgasuntersuchung stringenter gefasst. So soll gewährleistet werden, dass die theoretisch ermittelten Werte auch praktisch stimmen und Abweichungen schneller erkannt werden.
In einer ersten Stufe war die Endrohrmessung im Rahmen der Abgasuntersuchung für Kraftfahrzeuge zum 1. Januar 2018 wiedereingeführt worden. Baden-Württemberg hatte sich hierfür als Konsequenz aus dem Abgasskandal eingesetzt. Mit der Endrohrmessung können Manipulationen und Defekte an Abgasbehandlungsanlagen im Rahmen der regelmäßigen Abgasuntersuchungen erkannt werden. Die Endrohrmessung wurde 2010 für Kraftfahrzeuge mit Erstzulassung ab 2006 abgeschafft und durch ein Auslesen der On-Board-Diagnosesysteme ersetzt. Es zeigte sich, dass viele Defekte und Manipulationen durch das Auslesen der Diagnosesysteme nicht erkannt werden können und zusätzliche Messungen erforderlich sind. Allerdings muss die Endrohrmessung zukünftig noch weiter verbessert werden, um unzulässig erhöhte Ausstöße von CO2, Rußpartikeln und Stickstoffoxiden wirksamer als bisher aufdecken zu können.
In einer zweiten Stufe wurden als Folge abgesenkter AU-Grenzwerte für Euro-6/VI-Fahrzeuge die Anforderungen an die Messgenauigkeit der verwendeten Abgasmessgeräte mit Wirkung ab 1. Januar 2019 festgelegt. Ergänzend hierzu hat der Bund – in Umsetzung von EU-Recht - ebenfalls mit Wirkung ab 1. Januar 2019 die grundsätzliche Verpflichtung zur Kalibrierung von Mess- und Prüfmitteln, die für die periodische technische Fahrzeugüberwachung eingesetzt werden, verbindlich vorgeschrieben.
Hintergrundinformation
Die grundsätzliche Verpflichtung zur Kalibrierung von Mess- und Prüfmitteln, die für die periodisch technische Fahrzeugüberwachung nach der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) eingesetzt wird, ergibt sich aus den Anforderungen der national umzusetzenden EU-Richtlinie 2014/45/EU (technische Überwachung der Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhänger). In diesem Zusammenhang muss entsprechend der Verkehrsblatt-Verlautbarung Nr. 115 des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) vom 28. Juni 2016 das bisherige System zur Eichung/Stückprüfung der Mess- und Prüfmittel in eine normengerechte Kalibrierung überführt werden. Daher besteht seit 1. Januar 2019 auch die Pflicht, eine Kalibrierung der Abgasmessgeräte (Viergas-/Trübungsmessgeräte) in den anerkannten AU-Werkstätten durchzuführen.
Die Kalibrierung teilt sich auf in eine erstmalige beziehungsweise regelmäßige Kalibrierung. Danach müssen Abgasmessgeräte, die erstmalig in Betrieb genommen werden, vor der ersten Anwendung für die Abgasuntersuchung (AU) nach den Vorgaben der „AU-Geräte Kalibrierrichtlinie“ kalibriert werden. Die Frist für die regelmäßige Kalibrierung beginnt mit dem Datum der letzten Kalibrierung und beträgt zwölf Monate. Vorhandene Geräte müssen im Laufe des Jahres 2019 kalibriert werden und zwar spätestens, wenn ein Eingriff vorgenommen wird, der Einfluss auf die messtechnischen Eigenschaften des Messgerätes haben kann, wie zum Beispiel im Rahmen einer Reparatur oder Wartung.
Die mit einem positiven Ergebnis abgeschlossene Kalibrierung wird anhand eines sogenannten "Kalibrierscheines" nach den Anforderungen der ISO 17025 vom akkreditierten Kalibrierlabor dokumentiert. Kann eine Kalibrierung eines Abgasmessgerätes nicht mit einem positiven Ergebnis abgeschlossen werden, darf dieses Messgerät für die Abgasuntersuchung nach Nummer 6.8.2 der Anlage VIIIa StVZO nicht weiterverwendet werden.
Bei der Kalibrierung wird der von einem Messgerät angezeigte Messwert mit einem „wahren“ Bezugswert (Normal oder Normal höherer Ordnung) verglichen, die Messgenauigkeit dokumentiert und die Messsicherheit berechnet.