Die Umstellung der Firmenwagenflotte auf emissionsfreie Antriebe, Alternativen zum kostenfreien Parken, der Ausbau von Lade- und Radinfrastruktur, die Einführung eines Mobilitätsbudgets und besserer Busverkehr für Gewerbegebiete: Am Donnerstag (13. Juli) haben 22 Vertreterinnen und Vertreter von namenhaften baden-württembergischen Unternehmen und Verbänden sowie des Verkehrsministeriums die Bündniserklärung zur „Verkehrswende in der Arbeitswelt“ unterzeichnet. Damit legten sie gemeinsame Ziele fest, wie der Weg zur Arbeit oder der Ausbildung schon ab 2027 deutlich klimafreundlicher werden soll.
Knapp ein Drittel aller Wege werden in Baden-Württemberg für den Beruf oder die Ausbildung zurückgelegt. Um bis 2030 die Klimaziele im Verkehr zu erreichen, muss sich auch die Mobilität der Beschäftigten verändern. Das Verkehrsministerium hat deshalb Arbeitgeber, Gewerkschaften, Verbände und die Zivilgesellschaft an einen Tisch geholt und Maßnahmen für eine umsetzbare betriebliche Mobilität der Zukunft ausgearbeitet. Ziel ist es, bis 2027 die Weichen gestellt zu haben und bis 2040 den Pendel- und Reiseverkehr klimaneutral zu gestalten oder – wo sinnvoll – zu vermeiden. Zum Beispiel sollen ab 2027 Neuwagen nur noch emissionsfrei gekauft und geleast werden – sodass sich bis spätestens 2040 keine fossil-betriebenen Fahrzeuge mehr im Fuhrpark befinden. Damit sollen Baden-Württembergs Unternehmen wesentlich schneller vorangehen, als die EU-Ziele vorschreiben.
22 Unternehmen und Verbände denken den Arbeitsweg neu
Nun steht das Ergebnis: ein gemeinsames, neuartiges Bündnis, das die Mobilität in der Arbeitswelt umdenkt. Unter dem Namen „Bündnis Verkehrswende in der Arbeitswelt“ haben sich 22 Unternehmen und Verbände sowie das Verkehrsministerium zusammengeschlossen, um mit gutem Beispiel voranzugehen und eine Vorreiterrolle einzunehmen. Am Donnerstag haben die Bündnispartnerinnen und Bündnispartner die Erklärung zur Verkehrswende in der Arbeitswelt in der Staatsgalerie in Stuttgart gemeinsam mit Verkehrsminister Winfried Hermann vorgestellt.
Minister Hermann freute sich sehr über das Engagement der Unternehmen und Verbände: „Zu viele Menschen fahren jeden Tag alleine mit dem Auto zur Arbeit. Es ist an der Zeit, dass wir uns von überholten Mobilitätsmustern verabschieden und mit konkreten Maßnahmen alternative, nachhaltige Mobilitätskonzepte umsetzen. Bis 2027 wollen wir damit Wirkung erzielen und zum Beispiel nur noch lokal emissionsfreie Pkw neu beschaffen. Mit dem neuen Bündnis „Verkehrswende in der Arbeitswelt“ gehen 22 Unternehmen und Verbände mit uns zusammen einen wichtigen Schritt in Richtung klimafreundliche Mobilität: Die Maßnahmen und Angebote fördern die Gesundheit der Beschäftigten und schützen das Klima. Sie zeigen, wie die Mobilität für alle Menschen zugänglich und klimafreundlich gestärkt werden kann. Gleichzeitig wird deutlich, an welchen Stellen noch Herausforderungen auf uns warten und wie wir ihnen begegnen können.“
Stefan Grosch, Geschäftsführer und Arbeitsdirektor Robert Bosch GmbH, sagte: „Bosch nimmt die Verantwortung ernst, die nachhaltige Mobilität seiner Mitarbeitenden zu unterstützen. Ob emissionsarme Dienstwagen, Job-Räder, Shuttles oder Co-Working Spaces: Wir wollen mit einem breiten und nachhaltigen Angebot den unterschiedlichen Bedürfnissen unserer Beschäftigten gerecht werden und zugleich Anreize für ein umweltgerechtes Mobilitätsverhalten schaffen.“
Steffen Krautwasser, Head of Global Car Fleet SAP SE, betonte: „Vor mehr als einem Jahrzehnt haben wir Nachhaltigkeit zu einem langfristigen strategischen Ziel der SAP erklärt, im Einklang mit unserer Vision, die Welt und das Leben der Menschen zu verbessern. Für uns ist Nachhaltigkeit ein Treiber für Innovation, der die Entwicklung neuer Lösungen und Herangehensweisen fördert. Dazu zählen auch alternative und flexible Mobilitätsformen, die auf die individuellen Bedürfnisse unserer Mitarbeitenden zugeschnitten sind.“
Cornelia Frenz, Direktorin für Operatives Management bei RKH Regionale Kliniken Holding und Services GmbH, sagte: „Nachhaltige betriebliche Mobilität ist für uns ein wichtiger Beitrag für einen wirkungsvollen Klimaschutz. Deshalb fördern wir insbesondere das Radfahren bereits seit vielen Jahren mit dem attraktiven Angebot von BusinessBike-Leasing, das sich mit knapp 300 Bestellungen (Tendenz steigend) großer Beliebtheit erfreut. Unsere Mitarbeitenden können so nicht nur gesund und umweltschonend zur Arbeit fahren – an den RKH Kliniken finden sie mit Umkleiden, Duschen und Trockenraum für die Fahrradkleidung sowie mehr als 400 Radabstellplätzen am Standort Ludwigsburg optimale Bedingungen vor.”
Maren Diebel-Ebers, stellvertretende Landesvorsitzende beim Deutschen Gewerkschaftsbund Baden-Württemberg, erklärte: „Der Weg zur Arbeit gehört für die Beschäftigten in Baden-Württemberg zum Arbeitsalltag. Die Beschäftigten wollen reibungslos, nachhaltig und mit geringem zeitlichem Aufwand ihre Arbeit erreichen. Umso wichtiger ist es, die Beschäftigten über mögliche nachhaltige Alternativen aufzuklären und Umsteigepotenziale aufzuzeigen. Nur wer sich mit seinem eigenen Mobilitätsverhalten beschäftigt, wird seine Mobilität auch nachhaltig verändern.“
Dr. Axel Nitschke, Hauptgeschäftsführer der in Verkehrsfragen im Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertag federführenden IHK Rhein-Neckar, bekräftigte: „Die baden-württembergischen IHKs werden ihre Mitglieder dabei unterstützen, ihre Mobilität nachhaltig zu gestalten. Doch der Weg zur klimaneutralen Mobilität von Unternehmen ist noch weit, da die Rahmenbedingungen häufig nicht passen. Wir benötigen eine flächendeckenden (Tank-)Infrastruktur für klimaneutrale Dienstwagen, der ÖPNV muss die Gewerbegebiete besser erschließen. Es braucht ausreichend sichere Radwege, die gut an Gewerbegebiete angeschlossen sind. Weitergehende Aktivitäten sind demnach erforderlich, wenn das Bündnis seine ehrgeizigen Ziele erfüllen will.“
Klimafreundliche Antriebe in der Firmenwagenflotte
Gemeinsam einigte man sich auf Empfehlungen und eine entsprechende Umsetzung bei den folgenden Schwerpunkten:
Ein Beispiel ist SAP. Ab 2025 können Beschäftigte mit Anspruch auf einen Dienstwagen nur noch Fahrzeuge mit lokal emissionsfreiem Antrieb bestellen. Bis 2030 wird die gesamte Fahrzeugflotte mit lokal emissionsfreiem Antrieb ausgerüstet sein. Roche Diagnostics stellt die gesamte Managementflotte bis 2025 auf lokal emissionsfreie Antriebe um. Damit elektrische Antriebe beim Pkw genutzt werden, unterstützen die Bündnispartner die entsprechende Ladeinfrastruktur. So nimmt beispielsweise der ACE Auto Club Europa 2023 eine Photovoltaikanlage in Betrieb, die künftig ungefähr 25 Prozent des Strombedarfs abdeckt.
Roche Diagnostics bietet bei Verzicht auf den Dienstwagen eine BahnCard 100 an. Die Caritas und Diakonie Baden-Württemberg testen an verschiedenen Standorten Car-Sharing Modelle. Der ACE Auto Club Europa stellt schon heute keinen Parkraum für Beschäftige kostenlos zur Verfügung. Die monatlichen Parkgebühren fließen vollständig in den betrieblichen Gesundheitsfond. Das RKH Klinikum Ludwigsburg zahlt eine Prämie beim Verzicht auf einen Pkw-Parkplatz.
Die Vetter Pharma und die IG Metall übernehmen die Kosten des Deutschlandtickets vollständig durch den Arbeitgeber. Für die Möglichkeit das Deutschlandticket auch als Jobticket anbieten zu können setzte sich der VVS gemeinsam mit der Branche ein. Unter anderem SAP, die RKH Kliniken und der ADAC Württemberg bieten Beschäftigen einen Zuschuss zum Jobticket an.
Radleasing-Modelle oder Zuschüsse für den privaten Fahrradkauf sind bei vielen Unternehmen und Verbänden bereits seit längerer Zeit etablierte Modelle der Fahrradförderung. Bei Bosch sind inzwischen mehr als 30.000 JobRäder in Deutschland unterwegs. Der ADFC berät Unternehmen auf dem Weg zur Fahrradfreundlichkeit.
Die Unternehmen der Schwarz Gruppe, SAP, Roche Diagnostics und das RKH Klinikum fördern Fahrgemeinschaften mit der Mitfahrplattform „twogo“. Viele Unternehmen und Verbände unterstützen das flexible und mobile Arbeiten. Bei Vetter Pharma wird im Jahr 2023 eine virtuelle Landkarte aktiviert, die die Selektierung nach Wohnort, Arbeitsstelle und Arbeitszeitmodell erlaubt und damit den Beschäftigten die für ihre Arbeitssituation vorhandenen Potentiale für eine Fahrgemeinschaft aufzeigt.
Gemeinsam nachhaltige Mobilität stärken
Das Bündnis „Verkehrswende in der Arbeitswelt“ entstand auf Initiative des Ministeriums für Verkehr während der Erarbeitung des Landeskonzepts Mobilität und Klima. Im Landeskonzept werden Maßnahmen zur Umsetzung der Klimaschutzziele im Verkehr formuliert. Die Arbeit des Bündnisses startete im Herbst 2022. In drei Sitzungen wurden gemeinsame Schwerpunkte gesetzt und die Gestaltung von nachhaltiger Mobilität in der Arbeitswelt diskutiert.
In den kommenden Jahren ist ein regelmäßiger Austausch zur Umsetzung der Empfehlungen sowie zur Vernetzung im Bündnis geplant. Weitere Unternehmen und Verbände können jederzeit beitreten, den Austausch über die Verkehrswende in der Arbeitswelt mit eigenen Erfahrungen bereichern und vom Wissen des gesamten Bündnisses profitieren.
Das Bündnis: Diese Unternehmen und Verbände sind dabei
Das Bündnis wurde von den Unternehmen RKH Regionale Kliniken Holding und Services GmbH, Robert Bosch GmbH, Roche Diagnostics GmbH, SAP SE, Schwarz Mobility Solutions GmbH, Universitätsklinikum Heidelberg, Vetter Pharma-Fertigung GmbH & Co. KG sowie den Verbänden bzw. Verkehrsverbund ACE Auto Club Europa e.V., ADAC Württemberg e.V., ADAC Südbaden e.V., ADAC Nordbaden e.V., Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Landesverband Baden-Württemberg e.V., Baden-Württembergischer Industrie und Handelskammertag, Caritas Baden-Württemberg, Deutscher Gewerkschaftsbund Bezirk Baden-Württemberg, Diakonie Baden-Württemberg, Handelsverband Baden-Württemberg e.V., HANDWERK BW, Industriegewerkschaft Metall Bezirk Baden-Württemberg, Unternehmer Baden-Württemberg e.V., Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di Landesbezirk Baden-Württemberg, Verkehrs- und Tarifverbund Stuttgart GmbH und dem Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg gegründet.
Die vollständige Bündniserklärung finden Sie hier: Erklärung Bündnis Verkehrswende in der Arbeitswelt (baden-wuerttemberg.de)