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Vermittlungsausschuss: Konflikt um die Finanzierung des SPNV zwischen Bund und Ländern

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Vermittlungsausschuss tritt zum ersten Mal in dieser Legislaturperiode zusammen und soll den Konflikt um die Finanzierung des SPNV zwischen Bund und Ländern lösen. Minister Hermann: „Länder brauchen sichere Finanzierungszusage vom Bund“

„Was die Länder vom Bund brauchen ist eine verlässliche Finanzierungszusage zum Ausbau und Erhalt des Schienenpersonennahverkehrs. Die gibt es bisher nicht, was eine langfristige und verlässliche Planung erschwert. Jetzt kommt es darauf an, keinen schnellen, schlechten Kompromiss zu schließen, sondern die auskömmliche Finanzierung zu sichern“, so Winfried Hermann, Minister für Verkehr und Infrastruktur Baden-Württemberg, nach Bekanntwerden des Ergebnisses des Vermittlungsausschusses zu den Regionalisierungsmitteln.

Wegen der unterschiedlichen Finanzierungsvorstellungen zwischen Bund und Ländern bei einer auskömmlichen Finanzierung des Schienenpersonennahverkehrs (SPNV) wurde am 9. September 2015 erstmals in dieser Legislaturperiode der Vermittlungsausschuss zwischen Bund und Ländern konstituiert, um den Konflikt zu lösen. Im Ergebnis beschloss der Vermittlungsausschuss, dass in einer Arbeitsgruppe mit je acht Vertretern aus Bund und Ländern, ein Kompromissvorschlag für den Vermittlungsausschuss vorbereitet werden soll. In dieser Arbeitsgruppe wird auch Baden-Württemberg auf Seiten der Länder vertreten sein.

Die Position des Bundes sieht eine Fortschreibung des Status quo für ein Jahr vor: bei einer Steigerung der Mittel um jährlich 1,5 Prozent (Dynamisierung) hat der Bund 2014 rund 7,3 Milliarden Euro an die Länder ausgereicht. Dies kompensiert nicht die weit höhere Steigerung der Trassen- und Stationsentgelte sowie den wachsenden Bedarf im SPNV in Baden-Württemberg wie in vielen weiteren Ländern.

Daher sieht der Gesetzesentwurf der Länder folgendes vor: Auf Grundlage eines ver-kehrsfachlichen Gutachtens fordern die Länder in 2015 rund 8,5 Milliarden Euro Regionalisierungsmittel und eine jährliche Erhöhung um zwei Prozent. Außerdem soll der Bund das Preissteigerungsrisikos bei Trassen- und Stationenentgelten („Schienenmaut“) übernehmen.

Die Verkehrsminister haben sich in ihrem Gesetzentwurf mit dem „Kieler Schlüssel“ auf einen fein austarierten Kompromiss geeinigt, der den unterschiedlichen Interessenlagen und Bedarfen der Länder gerecht wird, für alle den Bestand sichert und schrittweise einen fairen und bedarfsgerechten Ausgleich schafft. Demnach soll der Anteil für Baden-Württemberg an den Mitteln von derzeit 10,44 Prozent bis 2030 schrittweise auf 12,38 Prozent anwachsen. „Sowohl die verkehrliche als auch die demografische Entwicklung verlaufen in Baden-Württemberg positiv. Unser Bedarf an Schienenverkehrsleistungen wächst. Dies muss auch mit einer Steigerung der Regionalisierungsmittel gewürdigt werden. 2015 musste das Land schon 100 Millionen Euro drauflegen, um nicht Nahverkehrszüge abbestellen zu müssen. Besonders belastend sind die ständig steigenden Trassengebühren, die an die DB Netz zu entrichten sind. Angesichts zu geringer Mittel und langlaufender Verträge mit Verkehrsunternehmen ist es eine Zumutung, dass der Bundesfinanzminister seit Jahren eine Novellierung des Regionalisierungsgesetzes verhindert“, so Verkehrsminister Hermann.

Die für die Finanzierung des SPNV benötigten Regionalisierungsmittel des Bundes waren zum 31. Dezember 2014 ausgelaufen. Die Mittel wurden seitdem vom Bund nur unter Vorbehalt weitergezahlt. Gemeinsam mit Verkehrsunternehmen und Gewerkschaften forderten die Bundesländer einstimmig eine verlässliche und auskömmliche Finanzausstattung des Schienenpersonennahverkehrs (SPNV). Vertreter aus Baden-Württemberg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein sowie der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di forderten im März 2015 auf einer gemeinsamen Pressekonferenz in Berlin von der Bundesregierung eine rasche Entscheidung und eine deutliche Anhebung der Regionalisierungsmittel. Mit diesen Mitteln bestellen und bezahlen die Länder seit der Bahnreform 1996 den Schienenpersonennahverkehr.

Hintergrund
Die Regionalisierungsmittel sind eine unverzichtbare Säule zur Finanzierung des Schienenpersonennahverkehrs (SPNV). Die horizontale Verteilung der Regionalisierungsmittel auf die Bundesländer basiert auf den Zugkilometern im SPNV im Fahrplanjahr 1993/94 und ist seit Inkrafttreten des Regionalisierungsgesetzes im Jahr 1996 nahezu unverändert.

Der am 28. November 2014 einstimmig beschlossene Gesetzentwurf des Bundesrates ist auf 15 Jahre angelegt und sieht eine Erhöhung der Regionalisierungsmittel von derzeit 7,3 Mrd. Euro auf rund 8,5 Mrd. Euro pro Jahr vor. Dies würde im Nachhinein die bisherigen, nicht kompensierten Preissteigerungen abgelten. Zudem müssten künftige Kostensteigerungen durch eine Dynamisierungsrate von bis zu 2 Prozent abgedeckt und darüber hinaus gehende Preissteigerungen bei der Infrastruktur durch den Bund übernommen werden.

Demgegenüber hat der Bund einen Gesetzentwurf ins Verfahren gebracht, der lediglich für 2015 noch einmal eine Erhöhung von 1,5 Prozent vorsieht. Wie damit der Schienenpersonennahverkehr durch die Länder zukunftsfest finanziert werden soll, bleibt jedoch unklar. Da das Gesetz zustimmungspflichtig ist, hat der Bund mit seinem Gegenentwurf die Anrufung des Vermittlungsausschusses im März und so ein Vermittlungsverfahren provoziert.

Neben den Regionalisierungsmitteln ist auch die Zukunft weiterer wesentlicher ÖPNV-Finanzierungssäulen gefährdet: Die Entflechtungsmittel (ca.1,3 Mrd. Euro) und die Mittel aus dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (ca. 333 Mio. Euro), die seit Jahrzehnten erfolgreich für die Verbesserung der kommunalen Verkehrsinfrastruktur eingesetzt werden, enden im Jahr 2019, dringend notwendige Anschlussregelungen sind vielfach versprochen, bisher aber ebenfalls nicht in Sicht.

Schon heute sind diese Mittel durch bereits angemeldete Projekte der Verkehrsunternehmen um das Mehrfache überzeichnet. Die kommunalen Verkehrsunternehmen haben deshalb bereits zahlreiche aktuelle Projekte zum Aus- und Neubau sowie zur Erneuerung ihrer Haltestellen, Fahrzeuge und technischen Anlagen auf Eis gelegt. Die unentschiedene Finanzierung führt bereits zum Sanierungs- und Modernisierungsstau. 

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