Die Städte und Gemeinden für alle Bevölkerungsgruppen und Generationen lebenswert und nutzbar zu erhalten, ist eine dauerhafte Aufgabe der Städtebauförderung. Sie stärkt in den Städten und Gemeinden des Landes die örtliche, kommunale Identität und Attraktivität und dient dem Abbau städtebaulicher Missstände und Entwicklungsdefizite. Aktuelle, herausragende Förderschwerpunkte sind die Verbesserung und Anpassung des Wohnungsbestandes, die Aktivierung von Flächen für den Wohnungsneubau und damit einhergehend die Aufwertung des Wohn- und Arbeitsumfelds in den Quartieren. Die Städtebauförderungsprogramme des Landes Baden-Württemberg umfassen daher auch Maßnahmen zur ökologischen Erneuerung. Zu den Handlungsfeldern zählt dabei neben der Energieeffizienz im Altbaubestand, der Verbesserung des Stadtklimas, der Aktivierung der Naturkreisläufe auch die Reduzierung von Lärm und Abgasen. Zunehmend mehr Gemeinden nehmen die ökologische Erneuerung in ihre städtebaulichen Entwicklungsziele auf.
Nach dem besonderen Städtebaurecht (§§ 136 ff. BauGB) und den Städtebauförderungsrichtlinien des Ministeriums für Finanzen in der Fassung vom 23. September 2013 (GABl. S. 470) werden Gemeinden und Zweckverbände gefördert, die in einem abgegrenzten Gebiet städtebauliche Missstände beheben oder deutlich und nachhaltig mildern, wenn dazu ein Bündel von Einzelmaßnahmen notwendig ist (Grundsatz der Förderung der Gesamtmaßnahme als Einheit). Gefördert wird in der Regel mit 60 Prozent der förderfähigen Kosten. Voraussetzung ist, dass die beantragte städtebauliche Maßnahme in ein Förderprogramm aufgenommen wird. Die Auswahl erfolgt nach Dringlichkeit und den ausgeschriebenen Programmschwerpunkten.
Nach den Städtebauförderungsrichtlinien werden im Hinblick auf die ökologische Erneuerung folgende Maßnahmen als förderfähig anerkannt:
- Die Herstellung und Änderung von Erschließungsanlagen (insbesondere örtliche öffentliche Straßen, Wege, Plätze, und ebenerdige Stellplätze bis zu 150 Euro je Quadratmeter; Parkhäuser, Tiefgaragen oder Parkdecks bis zu 13.000 Euro je Stellplatz; Grünanlagen, öffentliche Spielplätze, Brücken, Stege, Treppen und Unterführungen).
- Kostenerstattungsbeträge für die Erneuerung privater Gebäude bis max. 35 Prozent der berücksichtigungsfähigen Kosten (Modernisierungszuschüsse).
- Schaffung von Gemeinbedarfs- und Folgeeinrichtungen durch die Kommune. Das sind Kindergärten, Kinderbetreuungseinrichtungen, Altenbegegnungsstätten, kommunale Verwaltungsgebäude und andere Gebäude mit Publikumsverkehr wie z.B. Rathäuser, Büchereien, Versammlungsräume, Begegnungsstätten, Mehrzweckhallen mit Gemeinbedarfsnutzung, bei denen keine andere Fachförderung gewährt wird.
Dabei gehört der notwendige passive Lärmschutz bei der Altbaumodernisierung und bei den kommunalen Bauvorhaben zum Baustandard. Bei der Herstellung und Änderung von Erschließungsanlagen sind auch aktive Lärmschutzmaßnahmen möglich, wenn sie zur Beseitigung städtebaulicher Missstände notwendig sind. Die Planungs- und Ausführungsverantwortung dafür liegt bei der Gemeinde.
Nachfolgend sind vier Projektbeispiele aus Städtebauförderprogrammen dargestellt, die den Lärmschutz in ihrem Konzept berücksichtigen:
Lage: Stadtteil Haslach
Umsetzungszeitraum (von der Planung bis zur Realisierung): 2005 -2010 (Bezug der Wohnungen)
Projektbeschreibung:
Entlang der Güterbahntrasse Karlsruhe Basel wurde eine kammartige Bebauung mit 99 Wohnungen realisiert. An den Übergängen wurden die Lücken über eine Schallschutzwand geschlossen. Die Wohnungen orientieren sich alle zur ruhigen Hofseite. Die privaten Stellplätze werden in einer Tiefgarage untergebracht, deren Einfahrt ebenfalls auf der lärmzugewandten Schienenseite liegt. Die Erschütterung können über eine zwischen Schienen und Gebäude liegender - mit Bentonit gefüllter - Schlitzwand abgefangen werden. Auf diese Weise konnte sowohl den Anforderungen an den Erdbebenschutz, das Grundwasser und Erschütterungen Rechnung getragen werden.
Anlass der Planung:
Ein Teil der denkmalgeschützten Bebauung konnte aufgrund einer Brückenerweiterung für eine Stadtbahntrasse nicht gehalten werden. Im Planungsprozess wurde die Belastung durch Lärm und Erschütterung ermittelt. Die Ergebnisse zeigten, dass das ganze Quartier sehr stark belastet war. Damit überhaupt eine Wohnbebauung realisiert werden konnte, wurde ein Gesamtkonzept zur Lärmminderung entwickelt.
Zentrale Zielsetzungen des Projektes:
Schaffung von zusätzlichem Wohnraum mit einem Mix an unterschiedlichen Wohnungsgrößen im geförderten Mietwohnungsbau. Erhalt der denkmalgeschützten Laubenhofsiedlung und gesunde Wohnverhältnisse im gesamten Quartier. Schaffung eines öffentlichen Platzes.
Darstellung des ursprünglichen Lärmkonfliktes:
Die Lärmbelastung lag sowohl bei Tag als auch bei Nacht im gesundheitsgefährdenden Bereich. Die Menschen hatten sich in den sehr einfachen Wohnungen ohne Zentralheizung nach eigenem Bekunden an den Lärm gewöhnt und wollten ungern die günstigen Wohnungen aufgeben. Es wohnten dort zuletzt vor allem Menschen, die aus unterschiedlichsten Gründen (z.B. ehemalige Obdachlose) mit sehr einfachen Wohnverhältnissen zufrieden waren. Aus diesem Grund wurde der Neubau als geförderter Mietwohnungsbau errichtet. Den Menschen konnten im nahen Umfeld mit Ersatzwohnungen versorgt werden.
Maßgebliche Lärmquellen die den Konflikt verursachten:
- Straßenlärm
- Schienenlärm
- Erschütterungen/tieffrequente Geräusche
Eingesetzte Maßnahmen zur Lärmminderung:
- Schallschutzwände, -wälle (teilweise)
- Schallgedämmte Außenfassaden, Schallschutzfenster
- Schließung von Baulücken (Lärmschutzwand zwischen Neubau und Brücke sowie zwischen Neubau und Altbau)
- Grundrissorientierung (Anordnung von schutzbedürftigen Räumen auf die der Schallquelle abgewandten Gebäudeseiten)
Das Lärmproblem konnte nur gelöst werden, indem eine durchgängige schienenbegleitende Bebauung realisiert wurde. Ursprünglich sollte nur das Kopfgebäude neu gebaut werden.
Städtebauliche Förderung durch das Programm "Soziale Stadt" (SSP)
Lage: Sanierungsgebiet „Kaffeegasse“ entlang der Bahnlinie
Umsetzungszeitraum (von der Planung bis zur Realisierung): 1996-2002
Projektbeschreibung: Bau von Lärmschutzwänden entlang der Bahnlinie Stuttgart-Ulm
Anlass der Planung: Lärmschutzmaßnahme zum Schutz der Wohnbebauung
Zentralen Zielsetzungen des Projektes: Beseitigung von städtebaulichen Missständen und Neuordnung des Gebietes
Darstellung des ursprünglichen Lärmkonfliktes: Schienenlärm Bahnstrecke Stuttgart-Ulm
Maßgebliche Lärmquelle die den Konflikt verursachte:
- Schienenlärm
Eingesetzte Maßnahmen zur Lärmminderung:
- Schallschutzwände, -wälle
- Schallgedämmte Außenfassaden, Schallschutzfensterzeit
Städtebauliche Förderung durch das Landessanierungsprogramm (LSP)
Lage: Auf der Tunneldecke der B27 Untertunnelung
Umsetzungszeitraum (von der Planung bis zur Realisierung): 2012-2015
Projektbeschreibung: Anlegung eines Bürgerparks, bzw. eines öffentlichen Raums auf dem Deckel eines Straßentunnels
Anlass der Planung: Im Rahmen des Tunnelbaus für die B27 war eine städtebauliche Veränderung auf der neuen Tunneloberfläche und entlang dieser notwendig.
Zentrale Zielsetzungen des Projektes:
- Verbindung des Ortes östlich und westlich der B27
- Lebensqualität in der Ortsmitte
- Ein „grüner Streifzug“ in Richtung schwäbische Alb
Darstellung des ursprünglichen Lärmkonfliktes:
Die alte B27 durch Dußlingen wurde täglich von ca. 30.000 Pkw und 2.000 Lkw höhengleich befahren. Die Anwohner grenzten direkt an die Straße an und waren dem Verkehrslärm direkt ausgesetzt.
Maßgebliche Lärmquelle die den Konflikt verursachte:
- Straßenlärm
Eingesetzte Maßnahmen zur Lärmminderung:
- Schallschutzwände, -wälle
- Schallgedämmte Außenfassaden, Schallschutzfenster
- Einhausung von Schallquellen
- Verträgliche Anordnung von lärmempfindlichen und lärmverursachenden Nutzungen Schließung von Baulücken
- Tempolimit
- Lärmarme Fahrbahnbeläge
- Verkehrsberuhigung / Straßenraumgestaltung
- Verkehrsverlagerung
- Förderung des Umweltbundes (ÖPNV, Rad, Fuß)
Städtebauliche Förderung durch das Landessanierungsprogramm (LSP)
Lage: Im Ortskern Kirrlach der Stadt Waghäusel
Umsetzungszeitraum (von der Planung bis zur Realisierung): Aufnahmedatum 01.01. 2007, aktuelle Laufzeit bis 30.04.2017
Projektbeschreibung: Umgestaltung der Ortsmitte Kirrlach, Gestaltung von Straßen und Plätzen, Verkehrsberuhigende Maßnahmen, Förderung von privaten Sanierungsmaßnahmen
Anlass der Planung: Hohe Verkehrsbelastungen, Neugestaltung und Stärkung des Ortszentrums
Zentrale Zielsetzungen des Projektes: Gestaltung der Ortsdurchfahrt, Verbesserung des Parkangebots, Verbesserung des Aufenthaltsqualität und des Ortsbildes, Neuordnung von Quartierinnenbereichen
Darstellung des ursprünglichen Lärmkonfliktes: Zu hohe Lärmbelästigung durch großes Verkehrsaufkommen (LKWs), wenig städtebauliche Qualität, Leerstände bei Gewerbe/Gastronomie
Maßgebliche Lärmquelle die den Konflikt verursachte:
- Straßenlärm
Eingesetzte Maßnahmen zur Lärmminderung:
- Verträgliche Anordnung von lärmempfindlichen und lärmverursachenden Nutzungen
- Tempolimit
- Straßenneubau (z.B. Ortsumfahrung)
- Verkehrsberuhigung / Straßenraumgestaltung
- Reduzierung des Schwerlastverkehrs Verkehrsverlagerung
Städtebauliche Förderung durch das Landessanierungsprogramm (LSP)