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Ausbau Bahnstrecke Stuttgart – Zürich über die Gäubahn endlich vorantreiben

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Gaeubahn_Skizze

Maßnahmengesetz des Bundes bringt keine Beschleunigung

Der Ausbau der internationalen Bahnstrecke zwischen Stuttgart und Zürich – der sogenannten Gäubahn - muss nach den Worten von Verkehrsminister Winfried Hermann endlich vorangehen. „Dazu ist kein Maßnahmengesetz erforderlich, wie es die Bundesregierung plant, sondern lediglich entschlossenes Handeln von DB und Bund. Seit vielen Jahren habe ich mich mit Nachdruck für den Ausbau der Gäubahn stark gemacht“, erklärte Minister Hermann am Dienstag in Stuttgart. Seit fast zwei Jahren bestehe für den ersten Ausbauabschnitt zwischen Horb und Neckarhausen Baurecht. Der Bund und die Deutsche Bahn haben vor etwa einem Jahr dazu eine Finanzierungsvereinbarung unterschrieben. „Die Probleme sind gelöst. Man kann einfach anfangen“, betonte der Verkehrsminister. 

Die Bundesregierung will mit einem Maßnahmengesetzvorbereitungsgesetz (MGVG) die Realisierung großer Verkehrsprojekte beschleunigen. Dagegen bestehen aber europarechtliche und verfassungsrechtliche Bedenken, unter anderem weil die Beteiligungsrechte Betroffener erheblich eingeschränkt werden. „Damit besteht auch die Gefahr, dass Projekte wie die Gäubahn stark verzögert werden, falls sie in das Gesetz aufgenommen würden und gegen dieses Gesetz dann geklagt wird“, erläuterte Minister Hermann. Er ergänzte: „Seit gut 20 Jahren gibt es zahlreiche politische Beschlüsse, die Strecke auszubauen. Das Land, die Region und die Wirtschaft sind sich darüber einig. Wir haben kein Rechtsproblem, aber Teile des Bundes und der Bahn bremsen und blockieren bei diesem wichtigen Ausbauprojekt aus unterschiedlichen Gründen."

Ergänzende Information zum Maßnahmengesetzvorbereitungsgesetz (MGVG):

Realisierungszeiträume für Infrastrukturvorhaben sind zu lang. Das Ministerium für Verkehr ist daher der Ansicht, dass für eine Beschleunigung der Vorhaben neben der angemessenen Ausstattung der Behörden und Gerichte mit Personal- und Sachmitteln auch die Verfahren und die gesetzlichen Grundlagen überprüft – und wo notwendig auch angepasst – werden müssen. Auf das Fachwissen und die Erfahrung der Behörden sollte bei der Genehmigung von Infrastrukturvorhaben nicht verzichtet werden. Für die Akzeptanz der Vorhaben ist es auch wichtig, dass Betroffene notfalls auch vor Gericht die Behördenentscheidung überprüfen können. 

Mit dem MGVG plant die Bundesregierung, dass bestimmte Infrastrukturprojekte durch Gesetze des Deutschen Bundestages und nicht mehr durch Behördenentscheidungen Baurecht erhalten. So sollen die Projekte schneller realisiert werden können als durch die bisher üblichen Genehmigungen durch Behörden.  

Nach Ansicht des Verkehrsministeriums ist das MGVG verfassungs- und europarechtswidrig. Die Rechtsunsicherheiten sowie die zu erwartenden Klageverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) und dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) werden nach Auffassung des Verkehrsministeriums dazu führen, dass die Realisierungszeiträume der im MGVG aufgenommen Projekte sogar verlängert werden. Auch der Umwelt-, Rechts und Innenausschuss des Bundesrats haben erhebliche Bedenken geltend gemacht. Aus diesem Grund lehnt das Ministerium für Verkehr das Gesetz ab und spricht sich auch gegen die vom Justizministerium vorgeschlagene Aufnahme der Gäubahn in das Gesetz aus. Die Bundesregierung verfolgt mit dem MGVG das Ziel, die gerichtliche Überprüfung der Vorhabengenehmigungen vor den Verwaltungsgerichten unmöglich zu machen. Da die Vorhaben durch ein Gesetz und genehmigt werden, soll nach den Vorstellungen der Bundesregierung für Betroffene nur noch eine Verfassungsbeschwerde offenstehen.

Dieses ist aus den folgenden Gründen problematisch:

  • Das Grundgesetz und das Europarecht schreiben vor, dass Betroffene effektiven Rechtsschutz gegen staatliches Handeln haben müssen. Dieses wäre hier nicht der Fall. Das Bundesverfassungsgericht prüft bei Verfassungsbeschwerden nur die Verletzung von Grundrechten. Ob andere gesetzliche Vorschriften eingehalten werden, wird jedoch nicht geprüft. So könnten z.B. gesetzliche Vorgaben zum Lärmschutz verletzt werden, Anwohnerinnen und Anwohner sich auf diese Verletzung jedoch erst berufen, wenn die Lärmbelastungen so gravierend sind, dass ihr Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit verletzt wird. Die Akzeptanz von Infrastrukturmaßnahmen wird nicht dadurch gefördert, die Betroffenen rechtlos zu stellen.
     
  • Das Europarecht (Aarhus-Konvention) schreibt nach Ansicht des Verkehrsministeriums vor, dass auch bei Genehmigung von Vorhaben durch ein Gesetz die Einhaltung des europäischen Umweltrechts vor den Verwaltungsgerichten überprüfbar sein muss. Dieses soll nach dem Gesetzentwurf aber gerade ausgeschlossen sein. Es ist damit zu rechnen, dass der EuGH auf die Klagemöglichkeit zu den Verwaltungsgerichten bestehen wird.
     
  • Ein Zeitgewinn ist nicht zu erwarten. So wird das Planungs- und Genehmigungsverfahren gar nicht beschleunigt und sogar noch um ein zusätzliches mehrmonatiges Gesetzgebungsverfahren erweitert. Ein Zeitgewinn könnte nur dadurch entstehen, dass gerichtliche Verfahren entfallen. Dieses ist aber europa- und verfassungsrechtlich ausgeschlossen.

Für die Gäubahn wären diese Rechtsunsicherheiten und die dadurch zu erwartenden Verzögerungen überflüssig und hinderlich. Wir brauchen keine akademischen Diskussionen über Europa-und Verfassungsrecht, sondern einfach nur jemanden, der den Spaten in die Hand nimmt. Die Realisierung wird nicht durch überlange Genehmigungs- oder gar Klageverfahren behindert. Im Gegenteil gibt es für den Abschnitt Horb-Neckarhausen bereits seit zwei Jahren Baurecht. Hier muss die DB einfach nur anfangen zu bauen. Weitere Abschnitte befinden sich erst in der Vorplanung, hier fehlt eine Entscheidung der DB bzw. des Bundes, unter welchen Prämissen (Reisezeit, Neigetechnik) geplant werden soll. Für diese Entscheidungen braucht es kein Gesetz, welches Bürgerrechte und Europarecht aushebelt, sondern entschlossenes Handeln in Berlin.

Der Bundesrat hat in seiner Sitzung vom 20.1.2020 zu diesem Gesetzentwurf Stellung genommen. Die Position des Landes wurde hierzu im Kabinett zwischen den Ressorts abgestimmt. Das MGVG wird innerhalb der Landesregierung unterschiedlich beurteilt. Das Land hat sich daher bei der Stellungnahme zum MGVG im Bundesrat zunächst enthalten. Derzeit wird das MGVG im Bundestag beraten, hierbei sind auch Änderungen möglich. Der Bundesrat wird voraussichtlich am 14.2. über final Abstimmen. Innerhalb der Landesregierung wird das Votum des Landes dann auf Grundlage des dann aktuellen Regelungsentwurfes festgelegt.

Chronologie:

1996 - Vertrag von Lugano:

Fernverkehr

  • in angemessener Frequenz
  • mit Neigetechnik
  • Zielfahrzeit Stuttgart – Zürich: 2:15 Stunden

Güterverkehr

  • Funktion einer regionalen Entlastungsstrecke zur NEAT

2003 - nach BVWP-Anmeldung nur Aufnahme als „internationales Projekt“ im BVWP mit Zielhorizont 2015

2006 - Studie des Bundes mit Nutzen-Kosten-Faktor 0,6

2007 - Studie des Landes mit positivem Nutzen-Kosten-Faktor für den Bau von Doppelspurabschnitten

2008/2010 - Vorfinanzierung Planung Horb – Neckarhausen durch Interessenverband und Land

09/2016 - Studie des Landes zu Fahrzeitverkürzungen auf der Gäubahn

12/2016 - Nach Anmeldung des Landes Aufnahme des Ausbaus der internationalen Strecke Stuttgart – Singen – Grenze D/CH (Gäubahn) in den Bundesverkehrswegeplan (BVWP), Fernverkehr im Zweistundentakt mit Neigetechnik, Zielfahrzeit Stuttgart – Zürich: 2:37 Stunden (Optimale Knoteneinbindung Zürich und Stuttgart)

Ausbauumfang (Baukosten 219 Mio. €):

  • Infrastrukturausbauten zur Anhebung der Geschwindigkeitserhöhung zwischen Stuttgart und Singen
  • Zweigleisige Abschnitte und Kurve Singen (s. Grafik)

Insgesamt im BVWP: 551 Mio. € einschließlich Maßnahmen für Schienengüterverkehr, Planungskosten, Erhaltungs- bzw. Ersatzkosten.

04/2018 - Planfeststellungbeschluss Horb-Neckarhausen

04/2019 - Finanzierungsvertrag Horb-Neckarhausen zwischen DB und BMVI

2022/2023 - Bauliche Umsetzung Horb – Neckarhausen

Weitere Abschnitte: derzeit ist der Abschnitt Rottweil – Neufra in der Vorplanung

Sachstand S21 und Internationale Bahnstrecke Stuttgart – Zürich (Gäubahn)

Unterbrechung der Internationalen Bahnstrecke Stuttgart – Zürich (Gäubahn).
Die S21-Planungen der DB sehen vor, dass etwa ein halbes Jahr vor der für 12/2025 vorgesehenen Inbetriebnahme von S21 die Internationale Bahnstrecke Stuttgart – Zürich Mitte 2025 unterbrochen werden muss.
Die DB gibt keinen Termin für die mit S21 geplante Fertigstellung der Führung der Internationalen Bahnstrecke Stuttgart – Zürich über den Flughafen an. Mit einer Unterbrechung von mindestens zwei bis drei Jahren ist zu rechnen.

Bau Regionalhalt Vaihingen
Das Land reduziert die Folgen der Unterbrechung der Internationalen Bahnstrecke Stuttgart – Zürich durch den Regionalhalt S-Vaihingen. Erste bauvorbereitende Maßnahmen wurden gemacht. Der Baubeginn soll Mitte 2020 und die Bauzeit soll ein Jahr sein. Geplant ist, dass Mitte 2021 Züge halten können.

Geplanter Nordhalt im Bereich des Nordbahnhofs Stuttgart
Gemeinsame Initiative von Stadt Stuttgart, Verband Region Stuttgart und Land um die Folgen der Unterbrechung weiter zu mildern. Der Nordhalt soll rechtzeitig zur Unterbrechung der Internationalen Bahnstrecke Stuttgart – Zürich in Betrieb gehen.

 

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