Nachhaltige Mobilität

EU und Bund müssen Weg für regenerative Kraftstoffe im Luftverkehr frei machen

Fotomontage aus vier Bildern mit Solarzellen, Getreidehalmen, Windrädern und Strommasten.

Verkehrsministerium fordert Unterstützung groß-industrieller Anlagen sowie Investitions- und Abnahmesicherheit

Anlässlich der vom Ministerium und der Landesvertretung am Donnerstag (16. Juli 2020) in Brüssel veranstalteten Podiumsdiskussion „Green Deal: ReFuelEUAviation – notwendige Voraussetzungen für einen erfolgreichen Hochlauf synthetischer Kraftstoffe in Europa erklärte Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann am Donnerstag in Stuttgart: „Wenn erneuerbare Kraftstoffe zum Einsatz kommen sollen dann müssen EU und Bund vom Reden zu Regeln kommen.“ Für den Einsatz regenerativer Kraftstoffe im Luftverkehr ist nach den Worten des Amtschefs im Verkehrsministerium Baden-Württemberg, Dr. Uwe Lahl, ein regulatorischer Rahmen dringend notwendig: „Ohne diesen Rahmen kommt der Beitrag von reFuels zur CO2-Reduktion im Verkehrssektor nicht rechtzeitig, da den Unternehmen die Investitions- und Abnahmesicherheit fehlt und allein der Bau großer Anlagen mehrere Jahre benötigt. Wir brauchen eine Überarbeitung der EU-Richtlinie über erneuerbare Energien (RED II), eine Überarbeitung der EU-Kraftstoffqualitätsrichtlinie (FQD) und den Start eines für die Branche attraktiven EU-Förderprogramms.“

Über den Einsatz sogenannter reFuels, synthetischer Kraftstoffe auf Basis erneuerbarer Energien, im europäischen Luftverkehr besteht weitestgehend Konsens. Frankreich hat sich bereits eine Quote von zwei Prozent bis zum Jahr 2025 zum Ziel gesetzt, andere Länder ringen damit, denn Insellösungen sind nicht optimal. „Gerade im Luftverkehr ist eine EU-weite Lösung notwendig. Ideal wäre natürlich eine internationale Lösung, doch soll uns das nicht vom ersten Schritt abhalten“, ergänzte Dr. Lahl.

Der Marktanteil erneuerbarer synthetischer Kraftstoffe ist in Deutschland, Europa und der Welt noch sehr gering und es gibt nur wenige Anlagen zur Herstellung. „Das Know How sei vorhanden, jedoch fehle der rechtliche Rahmen für eine wirtschaftliche Skalierung von Anlagen im Industriemaßstab und damit für den Hochlauf der aktuell noch geringen Produktionsmengen. Hierfür müsse unverzüglich der notwendige Rechtsrahmen geschaffen werden. „Demonstrationsanlagen auf dem Weg zum industriellen Maßstab benötigen auch Finanzmittel der EU oder der Mitgliedstaaten, denn die Investitionen sind hoch und die Produktion kann sich am Anfang nur durch verpflichtende Beimischungsquoten rentieren,“ ergänzte Lahl.

Auch in Deutschland sei der notwendige Rahmen noch nicht umgesetzt. Zwar enthält die deutsche Wasserstoffstrategie als Ziel „die ambitionierte Umsetzung der EU-Erneuerbaren-Energien-Richtlinie (RED II) mit dem Ziel, ´grauen´ Wasserstoff in der Kraftstoffproduktion durch ´grünen´ Wasserstoff zu ersetzen“, doch sei die Zeit zur Umsetzung in nationales Recht sehr knapp. Lahl betonte: „Wir erwarten, dass der Bund den Referentenentwurf spätestens im September 2020 vorlegt, sonst schaffen wir den notwendigen rechtlichen Rahmen nicht mehr.“

Diese Rahmensetzungen bieten Studien zufolge auch ein erhebliches Potenzial für neue Arbeitsplätze in den Bereichen Anlagenplanung. Dabei geht es um rund 470.000 Arbeitsplätzen bis zum Jahr 2050 allein in Deutschland. Je früher die Produktion beginnt, desto früher tragen die Kraftstoffe zur CO2-Reduzierung bei und es werden neue Arbeitsplätze geschaffen.

Verkehrsminister Hermann: „Klar ist, dass bei Kraftstoffen auf der Basis von reFuels – genauso wie auch Elektrofahrzeugen - alle Nachhaltigkeitskriterien erfüllt werden müssen und neben Anforderungen an Wirtschaftlichkeit, den Umweltschutz und auch soziale Anforderungen in den Blick genommen werden müssen. Große Produktionsstätten werden sich aufgrund der besseren Bedingungen für die Produktion von Strom aus erneuerbaren Energien voraussichtlich in Südeuropa oder Nordafrika befinden. Die Fehler von Desertec sollten sich nicht wiederholen, die Partnerländer müssten ebenfalls an der Wertschöpfung teilhaben. Hierzu muss so bald wie möglich eine Zusammenarbeit auf Länderebene hergestellt werden.“

Hintergrundinformationen
Das Land Baden-Württemberg engagiert sich seit einigen Jahren stark für das Thema alternative Kraftstoffe, denn verschiedene Studien kommen zu dem Schluss, dass neben vielen begonnenen Maßnahmen für Klimaschutz im Verkehr sogenannte reFuels“ – synthetische Kraftstoffe, die mit Hilfe von erneuerbaren Energien erzeugt werden, einen Beitrag zum Erreichen der Klimaschutzziele leisten können. Refuels werden zudem neben dem Luftverkehr, Schiffsverkehr, Güterverkehr auch in der chemischen Industrie benötigt.

Im Jahr 2020 hat die Landesregierung die Aktivitäten um reFuels noch einmal deutlich verstärkt. Zum 1. Januar 2020 wurde die neue abteilungsübergreifende „Arbeitsgruppe reFuels“ im Verkehrsministerium eingerichtet, zu dieser gehört auch eine Referentenstelle in der Landesvertretung in Brüssel, außerdem vernetzt sich die Arbeitsgruppe mit den anderen Landesressorts. Sie entstand vor dem Hintergrund, dass aus einem Projekt zu reFuels am KIT mittlerweile ein Programm mit mehreren Projekten geworden ist mit dem klaren strategischen Ziel, reFuels in die Skalierung zu bringen und konkrete Pilotanlagen in Baden-Württemberg zu initiieren und zu bauen.

Die baden-württembergischen Forschungseinrichtungen zählen aktuell international zur Spitzengruppe bei der Erforschung und Entwicklung von synthetischen Kraftstoffen. Produktionskapazitäten sind jedoch nur im Labor- bzw. Pilotmaßstab vorhanden, ebenso wie dies auch im Rest Deutschlands der Fall ist.

Im Jahr 2018 hat das Verkehrsministerium das bundesweit einmalige Projekt „reFuels - Kraftstoffe neu denken“ am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) initiiert. Ziel des Projektes ist es, Grundlagen für einen nachhaltigen Technologiesprung in der Produktion alternativer Kraftstoffe zu legen, bei dem die für Herstellung und Anwendung relevanten Bereiche der Energieerzeugung sowie der Automobil- und Zulieferindustrie zusammengeführt werden. Herstellung und Anwendungseigenschaften der Kraftstoffe werden bewertet und in vorhandenen Flotten erprobt, um anwendbare Lösungen insbesondere für den Einsatz im Straßengüterfernverkehr und Luftverkehr zu ermöglichen, die sich dann wirkungsvoll mit der Elektromobilität ergänzen können.

Aktuell wird aufbauend auf den Erfahrungen in diesem Projekt eine Demonstrationsanlage konzipiert, die etwa 50.000 Tonnen Kraftstoff pro Jahr, überwiegend Kerosin, erzeugen soll. Der nächste konsequente Skalierungsschritt wäre danach eine Anlage im industriellen Maßstab im Ausland (Skalierung reFuels 2.0) mit ca. 500.000 t/a.

Weiterführende Links:

https://vm.baden-wuerttemberg.de/de/politik-zukunft/refuels/

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