Lärmschutz

Lärm macht krank: Experten empfehlen niedrigere Lärmgrenzwerte

Lärmschutzbeauftragter Marwein: Bund muss für besseren Schutz der von Lärm Betroffenen sorgen

Expertinnen und Experten der Lärmwirkungsforschung haben mehr Anstrengungen beim Schutz vor Lärm gefordert. In einer am Freitag, 22. Februar in Stuttgart vorgelegten gemeinsamen Erklärung („Memorandum of Understanding“) sprachen sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer eines Fachgesprächs für eine Absenkung der Schwelle zur Gesundheitsgefährdung durch Straßen- und Schienenlärm aus.

Der Lärmschutzbeauftragte der Landesregierung, Thomas Marwein MdL, hatte zum Fachgespräch eingeladen. Marwein sagte: „Die Auswirkung von Verkehrslärm auf die Gesundheit der Menschen wird häufig unterschätzt. Tatsächlich stellt diese Lärmquelle eines der größten Gesundheitsprobleme unserer Zeit dar. Viele Menschen sind betroffen. Viele Menschen sind Lärm rund um die Uhr ausgesetzt. Die Lärmgrenzwerte, die für Urteile von Verwaltungsgerichten aller Ebenen herangezogen werden, sind deutlich zu hoch. Dies müssen wir dringend ändern. Deshalb sollte sich der Bund unsere Erkenntnisse zu eigen machen und ins Gesetzgebungsverfahren einsteigen – im Sinne der Gesundheit der Bevölkerung.“

Derzeit gelten in Deutschland Werte von 70 Dezibel (A) [dB(A)] am Tag und 60 dB(A) in der Nacht, die in der 16. Bundesimmissionsschutzverordnung und in den Lärmschutz-Richtlinien-Straßenverkehr geregelt sind.

Prof. Susanne Moebus vom Zentrum für urbane Epidemiologie am Universitätsklinikum in Essen und Prof. Andreas Seidler vom Institut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin an der Medizinischen Fakultät der TU Dresden verwiesen auf
Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) mit deutlich geringeren Werten. In ihren „Leitlinien für Umgebungslärm für die Europäische Region“ vom 10. Oktober 2018 empfiehlt die WHO unter anderem die durchschnittliche ganztägige Lärmbelastung durch den Straßenverkehr auf weniger als 53 dB(A) und unter 45 dB(A) für die Nacht zu verringern.

Prof. Moebus erläuterte: „Die heutigen Beurteilungsschwellen für den Verkehrslärm liegen etwa 15 Dezibel über den Empfehlungen der WHO. Hier sehen wir Lärmwirkungsfachleute Fachleute der Öffentlichen Gesundheit einen erheblichen Nach-besserungsbedarf. Wir empfehlen ein schrittweises Vorgehen. Zunächst sollte die Schwelle um fünf Dezibel auf 65 Dezibel am Tag und 55 Dezibel in der Nacht abgesenkt werden.“

Prof. Seidler verwies auf die Gesundheitsgefahren und stellte eine Modellrechnung vor, wonach eine um fünf Dezibel niedrigere Schwelle das Risiko schwerer Herz-Kreislauf-Erkrankungen um bis zu 15 Prozent absenken kann. „Niedrigere Lärmgrenzwerte zeigen Wirkung! Würde der nächtliche Verkehrslärm konsequent unter 55 Dezibel liegen, dann würden in einem Bundesland von der Größe Baden-Württembergs viele tausend Menschen weniger an starken Schlafstörungen leiden. Insbesondere die Menschen profitieren, die stark durch Straßen- und Schienenlärm belastet sind.“


Hintergrundinformationen

Das „Memorandum of Understanding“ der Lärmwirkungsforscher mit Empfehlungen zur Absenkung des Lärmgrenzwerte haben unterzeichnet:

  • PD Dr. Mark Brink – ETH Zürich / Bundesamt für Umwelt, Bern
  • Dipl.-HTL-Ing. Mag. Christoph Lechner – Österreichischer Ring für Lärmbekämpfung (ÖAL)
  • Prof. Dr. Susanne Moebus – Universitätsklinikum Essen, Zentrum für urbane Epidemiologie
  • Dr. Uwe Müller – Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, Köln
  • Dirk Schreckenberg – ZEUS GmbH, Hagen
  • Prof. Dr. Andreas Seidler – Medizinische Fakultät der TU Dresden, Institut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin

Ausschlaggebend für den vom Lärmschutzbeauftragten der Landesregierung initiierten Austausch war die Veröffentlichung der WHO-Leitlinien für Umgebungslärm am 10. Oktober 2018.

Eine Modellrechnung von Prof. Dr. Andreas Seidler, Institut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin der medizinischen Fakultät der TU Dresden, zeigt auf, dass eine Absenkung der Beurteilungsschwelle lärmbedingter Gesundheitsgefährdung insbesondere für den vulnerablen Teil der Bevölkerung eine deutliche Entlastung bringt und die Risiken für die gesamte Bevölkerung deutlich reduziert werden können (zwischen fünf und 15 Prozent).

Begriffserklärungen
Dezibel (A) [dB(A)]: Dezibel ist die Maßeinheit für den Schalldruckpegel. Da unser Gehör Töne unterschiedlicher Frequenz als verschieden laut empfindet, werden die Schallsignale im Messgerät so gefiltert, dass die Eigenschaften des menschlichen Gehörs nachgeahmt werden. Man spricht dann von einer sogenannten A-Bewertung, kurz dB(A).

Weitere Informationen

Das Memorandum of Understanding

Weitere Meldungen

Ein abgewandeltes Ortsschild auf dem das Wort Lärm durchgestrichen ist und ein Pfeil in Richtung des Wortes Ruhe weist. (Bild: Fotolia.com/ K.C.)
  • Lärm

Staatssekretärin Zimmer: Tempo 30 hilft gegen Straßenlärm

Breisgau-S-Bahn im Landesdesign (bwegt)
  • SCHIENE

Zuverlässigkeit auf der Breisgau-S-Bahn wird verbessert.

Eine Eiswaffel liegt auf dem Boden. Eiskugel, die aussieht wie die Erde liegt daneben und schmilzt langsam.
  • Klima

Statt Fahrverbote wirksame Maßnahmen für weniger CO2-Ausstoß

RE zwischen Singen und Stuttgart (Gäubahn) - hier zwischen Aistaig und Sulz, im Vordergrund der Neckar (Bild: Deutsche Bahn AG/ Georg Wagner)
  • SCHIENE

Land plant deutliche Angebotsverbesserungen auf und zu der Gäubahn

Verkehrsminister Winfried Hermann (Mitte) beim offiziellen Start der Batteriezüge Mireo Plus im Fahrgastbetrieb
  • SCHIENE

Batterie statt Diesel

Ladekabel für ein E-Auto wird in das Fahrzeug gesteckt.
  • E-Mobilität

Charge@BW bringt Schub bei Ladeinfrastruktur und für die E-Mobilität

Offizielle Freigabe der neuen Enzbrücke
  • Strasse

Ersatzneubau der Enzbrücke Niefern im Zuge der B 10 eröffnet

Ein Motorradfahrer fährt auf einer Landstraße
  • Lärm

Schutz vor Motorradlärm durch Tempolimits

Zwei Lokführer stehen am Kopf eines Zuges der SWEG und lachen in die Kamera.
  • ÖPNV

Bündnis: Hand in Hand gegen den Fachkräftemangel im ÖPNV

Logo des Verkehrsministerium an einer Hauswand.
  • ÖPNV

Kostensteigerungen in der Busbranche werden durch fallende Dieselkosten gedämpft

Mitarbeiter auf einer Baustelle im Gespräch (Bild: stock.adobe.com/ Agnor Mark Rayan)
  • Straße

Weitere Großprojekte an die DEGES übergeben

Ein Maschine asphaltiert eine Straße.
  • Strasse

Mehr als 380 Millionen für die Sanierung des Bundes- und des Landesstraßennetzes

Stuttgart 21 Hbf_innen-Neue_Bahnsteighalle_Bahnsteig_Quelle: DB/plan b_Atelier Peter Wel
  • S 21

Gemeinsame Erklärung der Projektpartner von Stuttgart 21

Das Gebäude des Bundesrates in Berlin (Bild: Bundesrat)
  • SCHIENE

Bundesrat: Änderung des Bundesschienenwegeausbaugesetz

Ein weißes Fahrrad steht an einem Laternenmast.
  • RAD

Deutlich weniger Unfälle durch bessere Radwege und Tempolimits

Junge auf Autobahnbrücke hält sich die Ohren zu (Bild: Fotolia.com/ miredi)
  • Lärm

Öffentlichkeitsbeteiligung für Lärmaktionsplan startet

Aussenansicht eines Passagierszuges mit Blick auf den Führerstand des Zuges.
  • SCHIENE

Land und DB Regio vereinbaren Plan für besseren Bahnverkehr

Güterzug (Bild: Fotolia.com/ ThKatz)
  • SCHIENE

Fahrgäste und Güterverkehr dürfen nicht die Leidtragenden sein

Ein Bus steht an einer Haltestelle.
  • ÖPNV

Land fördert über 200 umweltfreundliche Busse

Erdkröte bei Straßenquerung
  • Amphibien

Achtung: Amphibien wandern wieder

  • Bahn

Donau-Iller stellt Weichen für den Ausbau

Mitarbeiter auf einer Baustelle im Gespräch (Bild: stock.adobe.com/ Agnor Mark Rayan)
  • STRASSE

Land plant Kooperation beim Ausbau der B 33 mit DEGES

Ein Zug fährt am Ufer eines großen Sees durch die Weinberge.
  • BAHN

Bodenseegürtelbahn: Finanzierung bleibt große Herausforderung

  • RAD

Initiative RadKULTUR fördert so viele Landkreise wie nie zuvor

Zug im Landesdesign
  • SCHIENE

Tauberbahn: Pünktlichkeit und Stabilität verbessern

// //