Die Klimaschutzziele im Verkehr erfordern in Kommunen eine strategische, ganzheitliche und klimaschutzorientierte Verkehrsplanung – und zwar im ganzen Land. Für diese notwendige Planungsgrundlage schaffen Klimamobilitätspläne einen partizipativen Handlungsrahmen und etablieren wichtige Strukturen und Prozesse angelehnt an das SUMP-Konzept (Sustainable Urban Mobility Plan).
Klimamobilitätspläne berücksichtigen Chancen und Herausforderungen der lokalen Verkehrssituation ebenso wie relevante Planwerke im Bereich Mobilität und Klimaschutz. Auf einer analytischen und datenbasierten Grundlage werden Maßnahmen entwickelt und zu einem passgenauen und effektiven Maßnahmenpaket kombiniert. Die CO2-Reduktion, die mit Hilfe der Maßnahmen erzielt werden kann, wird mit Hilfe eines Verkehrsmodells berechnet. Zudem werden Bürger:innen und andere Interessensträger:innen aktiv in den Erstellungs- und Umsetzungsprozess eingebunden.
Rechtlich verankert sind die Klimamobilitätspläne im Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetz Baden-Württemberg (§28 KlimaG BW 2023) als freiwilliges Instrument auf kommunaler Ebene. Klimamobilitätspläne richten sich vor allem an Kreise sowie große Städte und Zusammenschlüsse von Kommunen ab 50.000 Einwohner:innen. Das Planungsgebiet eines Klimamobilitätsplans orientiert sich am verkehrlichen Verflechtungsraum.
Im Landesgemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (§4 Abs. 1 LGVFG) sind Klimamobilitätspläne als ein möglicher Nachweis für einen besonders positiven Beitrag zum Klimaschutz aufgeführt. Demzufolge können Maßnahmen eines Klimamobilitätsplans, welcher die Anforderungen der Anlage 20 der Verwaltungsvorschrift des LGVFG erfüllt, einen erhöhten Fördersatz von 75% (anstatt 50%) erhalten – der sogenannte Klimabonus.
Das Ministerium für Verkehr begleitet und unterstützt seit 2021 sechs Kommunen im Rahmen einer Pilotphase bei der modellhaften Erstellung eines Klimamobilitätsplans. Pilotkommunen sind die Städte Freiburg, Heidelberg, Offenburg und Stuttgart, sowie der Gemeindeverband Mittleres Schussental und der Landkreis Ludwigsburg. Die Pilotphase zeigt gute Ergebnisse. Die ersten zwei Klimamobilitätspläne landesweit wurden im Sommer 2023 beschlossen. Auch über die Pilotphase hinaus werden bereits weitere Klimamobilitätspläne vorbereitet und erstellt. Ziel ist es, dass Klimamobilitätspläne in ganz Baden-Württemberg in die Anwendung kommen. Bis 2030 sollen sich landesweit mindestens 44 Klimamobilitätspläne in der Umsetzung befinden und einen großen Teil der Bevölkerung unseres Landes abdecken.
Weiterführende Informationen:
Das Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg (VM) hat 2017 ein Klimaschutzszenario in Auftrag gegeben, mit dem Ziel darzustellen, wie die Klimaschutzziele im Verkehrssektor erreicht werden können.
Das Klimaschutzszenario wurde von den gleichen Gutachtern, die für das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) auch die Verkehrsverflechtungsprognose zum Bundesverkehrswegeplan erstellt hatten, berechnet. Es benutzte die gleichen Modelle und Methoden wie die Verflechtungsprognose des BMVI. Dadurch konnte auch dargestellt werden, wie sich die Emissionen des Verkehrs auf Bundesebene entwickeln. Laut Verflechtungsprognose verringerten sich die Emissionen in Baden-Württemberg um lediglich 21 Prozent, bundesweit um 26 Prozent. Dies liegt unter anderem an dem für Baden-Württemberg prognostizierten stärkeren Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum.
Das Klimaschutzszenario für Baden-Württemberg, welches primär Maßnahmen zur Verlagerung des Verkehrs auf umweltfreundlichere Verkehrsmittel im Fokus hatte, erreichte eine Emissionsminderung von 34 Prozent. Das Klimaschutzszenario zeigte, dass die Klimaschutzziele der Bundesregierung und die Klimaschutzziele der Landesregierung Baden-Württembergs für das Jahr 2030 voraussichtlich nicht ausschließlich aufgrund verbesserter Fahrzeugtechnik oder durch den Einsatz von Elektrofahrzeugen erreicht werden können.
Zusätzliche zeitnahe Investitionen in Infrastruktur (Schiene) und Organisation (Schienenverkehr, ÖPNV) werden benötigt. Dabei waren die Investitionen des Bundesverkehrswegeplans (BVWP) 2030 zur Schiene allein nicht ausreichend. Nur mit einem stärkeren Ausbau der Schienenkapazitäten sowie mit dem Abbau von Hindernissen bei der Nutzung der Schiene ist in Baden-Württemberg eine deutliche Verlagerung vom Straßen- auf den Schienenverkehr erreichbar. Ein erheblicher Ausbau der Schieneninfrastruktur, und zwar über das im BVWP gegebene Maß hinaus, vor allem in den Ballungsgebieten ist erforderlich.
2021 und 2023 verschärfte Baden-Württemberg seine Klimaziele. Bis 2030 sollen die Emissionen aller Sektoren um 65 Prozent gegenüber 1990 reduziert werden. Im Verkehr im gleichen Zeitraum um 55 Prozent. Bis 2040 sollen Baden-Württemberg und auch der Verkehr klimaneutral sein. Angesichts dieser neuen Ziele hat das VM beschlossen, ein neues Klimaschutzszenario berechnen zu lassen, diesmal auch für 2040. Erneut wird hierfür zuerst dargestellt, wie sich die Emissionen im Verkehr entwickeln, wenn alle bisher absehbaren Maßnahmen umgesetzt werden. Dieses Bezugsszenario verfehlt die Klimaziele stark. Deshalb wird anschließend ein zusätzliches, ambitionierteres Klimaschutzszenario berechnet, in dem die Klimaziele durch geeignete Maßnahmen erreicht werden. Dabei wird deutlich, dass wir mehr tun müssen als nur das, was im Koalitionsvertrag steht. Ambitionierte und vielfältige Maßnahmen müssen umgesetzt werden, und zwar auf allen Ebenen, sprich bei EU, Bund, Land und Kommunen. Mobilitäts- und Antriebswende gehen dabei Hand in Hand. Die Veröffentlichung der Ergebnisse ist für 2024 geplant.
Zum Herunterladen:
Verkehrsinfrastruktur 2030. Ein Klimaschutzszenario für Baden-Württemberg
Modellbericht: Prüfung und Bewertung der Methodik der Verkehrsmodellierung
Maßnahmenbericht: Entwicklung von Instrumenten und Maßnahmen
Schlussbericht Teil 1: Klimaschutz-Szenario Baden-Württemberg 2030
Schlussbericht Teil 2: Klimaschutz-Szenario Baden-Württemberg 2030
Das Verkehrsministerium hat eine Kurzstudie in Auftrag gegeben, um Erkenntnisse zu gewinnen welche Möglichkeiten eine Weiterentwicklung der THG-Quote als Instrument des Klimaschutzes bieten könnte.
Nach Auffassung der Gutachter stellt die Fortführung und Erweiterung der THG-Minderungsquote grundsätzlich ein vielversprechendes Instrument für den Klimaschutz im Verkehr dar. Sie wirkt verkehrsträgerübergreifend, lässt sich gut und transparent mit klimapolitischen Zielen verknüpfen und die Mechanismen sind in Grundzügen bereits etabliert. Sie kommt dem Wunsch der Industrie nach marktbasierten Instrumenten entgegen und stellt (im Gegensatz zu einem integrierten Emissionshandel aller Sektoren) gleichzeitig sicher, dass reale Emissionsminderungen im Verkehrsbereich realisiert werden. Zudem ist sie grundsätzlich gut mit anderen Politikinstrumenten kombinierbar.
Die THG-Minderungsquote eignet vor allem dazu, den Rahmen für eine konsistente und effektive Klimapolitik im Verkehr zu setzen. Um einen tiefgreifenden Technologiewandel als Basis für die Verkehrswende sicherzustellen, bedarf es zusätzlich weiterer, spezifischer Instrumente, die zum Teil bereits heute bestehen und weiter geschärft werden können. Zu nennen wäre hier zum Beispiel die Pkw-Effizienzregulierung, aber auch eine weitere Forcierung des Infrastrukturausbaus für alternative Kraftstoffe.
Untersuchung zu den Klimaeffekten des Einsatzes von Lang-Lkw
(Herausgeber: Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW) und Daimler AG)
In Baden-Württemberg sind die auf der Basis des Kraftstoffabsatzes ermittelten Treibhausgasemissionen des Verkehrs (THG-) zwischen 1990 und 2016 um 11 Prozent gestiegen. Mit ambitionierten Vermeidungs-, Verlagerungs- und Effizienzmaßnahmen sowie einer 1 prozentigen Beimischung von strombasierten Kraftstoffen, wie sie im Projekt „Energie- und Klimaschutzziele 2030“ des Umweltministeriums Baden-Württemberg unterstellt werden, können bis 2030 Minderungen von 31 Prozent gegenüber 1990 erreicht werden. Diese Minderung ist geringer als das deutsche Sektorziel Verkehr im Klimaschutzplan 2050 von 40 bis 42 Prozent von 1990 - 2030.
Im vorliegenden Kurzgutachten wird untersucht, welchen Beitrag ein höherer Anteil strombasierter Kraftstoffe im Jahr 2030 zur Minderung der Treibhausgasemissionen des Verkehrs in Baden-Württemberg leisten könnte.
Dabei wird von einem Import der strombasierten Kraftstoffe aus dem Ausland ausgegangen.
Um die Klimaschutzziele zu erreichen, braucht es attraktive Rahmenbedingungen für umweltfreundliches Mobilitätsverhalten und wirksame Mechanismen, die umweltschädliches Verhalten erschweren. Hier setzt das Kompetenznetz Klima Mobil bei der Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg (NVBW) an. Das Team Klima Mobil mit seinen 14 Mitarbeiter:innen steht als Anlauf-, Innovations- und Expertenstelle landesweit zur Verfügung. Es berät Städte, Gemeinden und Landkreise zu spezifischen Fragestellungen in den beiden Themenbereichen…
- Aufwertung von Straßen und Plätzen mit Fokus Parken und
- integrierten Verkehrs- und Mobilitätsplanung, insbesondere durch Klimamobilitätspläne und Aktionspläne für Mobilität, Klima- und Lärmschutz.
Das Kompetenznetz Klima Mobil entwickelt und erprobt standardisierte Verfahren und systematische Planungsansätze, es fördert den Wissensaufbau und die Entwicklung spezifischer Fähigkeiten auf kommunaler Ebene, es aktiviert Kommunen und verbreitet Wissen über Instrumente und Aktivitäten des Landes, es gibt praxisnahe Hilfestellungen und leitet praktische Handlungsempfehlungen für Politik und Verwaltung ab.
Zudem steht das Kompetenznetz Klima Mobil mit einer landesweiten Anlaufstelle zu allen allgemeinen Fragen beim Klimaschutz im Verkehr als persönlicher Ansprechpartner zur Verfügung. Mit einer Einstiegsberatung bietet die Anlaufstelle Orientierung bezüglich der Handlungsmöglichkeiten & Instrumente, vermittelt geeignete Ansprechpartner und bündelt relevante Informationen und stellt diese den Kommunen in Baden-Württemberg bereit. Als verlässlicher, persönlicher Berater stellt die Anlaufstelle des Kompetenznetz Klima Mobil den Erfahrungsaustausch und die kollegiale Beratung im kommunalen Netzwerk sicher.
Die Mobilität ist stark durch die vorhandene Siedlungsstruktur geprägt. Das Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg hat daher ein Kooperationsprojekt mit den Regionalverbänden Neckar-Alb und Hochrhein-Bodensee durchgeführt. Darin wurden räumlich wirksame Handlungsansätze für eine abgestimmte Siedlungs- und Verkehrsentwicklung erarbeitet. Hierfür wurde in Workshops über Herausforderungen und Instrumente für eine nachhaltige Mobilität mit Bürger:innen und Expert:innen diskutiert.
Die wissenschaftliche Begleitung des IREUS-Instituts an der Universität Stuttgart hat bestehende Lösungsansätze evaluiert und aus dem Gesamtprojekt Empfehlungen abgeleitet.