Die Ergebnisse wurden in der Studienreihe Mobilität in Zeiten der Corona-Pandemie und Erkenntnissen für die Mobilitätswende („MOBICOR“) veröffentlicht. Für diese wurden vier repräsentative Befragungen mit Bürger:innen in Deutschland zwischen 2020 und 2022 durchgeführt. Die bundesweiten Befragungen wurden durch das Institut für angewandte Sozialwissenschaft (infas) im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) durchgeführt.
Methode
Bundesweite telefonische Panelerhebung im sechsmonatigen Turnus mit regionalen Vertiefungen in Hessen, Baden-Württemberg und Bayern. Zusätzlich lieferten rund 1.400 freiwillige Teilnehmer:innen per Smartphone-App kontinuierlich Daten für die Mobilitätsanalyse.
Ergebnisse für Baden-Württemberg
Baden-Württemberg gab wie Bayern und Hessen weitere Detailbefragungen in Auftrag. Dank diesen können tiefgreifendere Ergebnisse zum speziellen Mobilitätsverhalten der Menschen in Baden-Württemberg getroffen werden.
Die Menschen in Baden-Württemberg haben während des Corona-Shut-Downs ungefähr einen Weg pro Tag weniger zurückgelegt. Insgesamt ist die zurückgelegte Entfernung um ein Viertel gesunken. Dies ergibt der Vergleich von Mai/Juni 2020 mit den Zahlen aus der Haushaltsbefragung „Mobilität in Deutschland (MiD)“ für Mai/Juni 2017 in Baden-Württemberg.
Mehr Homeoffice und Auto
Die zurückgelegten Personenkilometer sind im Mai/Juni 2020 im Vergleich zu 2017 um fast 50 Prozent zurückgegangen. Dabei wurden Auto und Fahrrad stärker genutzt und es wurden mehr Wege zu Fuß zurückgelegt.
In Stadtregionen von Baden-Württemberg arbeiten 32 Prozent der Befragten im Homeoffice, das sind 11 Prozent mehr als in den ländlichen Regionen. Zudem ist die Arbeit von zu Hause aus ein Privileg der Berufstätigen mit höherem ökonomischen Haushaltsstatus. 47 Prozent von ihnen geben an, ganz oder teilweise zu Hause zu arbeiten. Ist der ökonomische Haushaltsstatus eher niedrig, sinkt der Anteil auf 20 Prozent. Viele Tätigkeiten in diesem Bereich gehören zum Dienstleistungssektor oder zum Gesundheitswesen und können nicht ins Homeoffice verlegt werden, z.B. Alten- oder Krankenpflege, Arbeit im Einzelhandel oder in Verkehrsunternehmen.
Geringe ÖPNV-Nutzung
Der Autoverkehr war im Mai/Juni 2020 bereits wieder bei 80 Prozent seines vorherigen Niveaus angekommen. 36 Prozent der Befragten gaben an, das Auto als Alternative zum öffentlichen Verkehr zu nutzen, 19 Prozent der Befragten stiegen vom ÖPNV auf das Fahrrad um. Zum Zeitpunkt der Veröffentlich der Ergebnisse, vermutet das Befragungsinstitut Infas, dass mit zunehmender Rückkehr aus dem Homeoffice die Autonutzung weiter zunehmen wird. Gleichzeitig könnten sich aber auch die positiven Erfahrungen mit dem Fahrrad oder mit Fußwegen als Routinen verfestigen.
In der repräsentativen Befragung wurden wurden von Mai bis Juni 2020 in Baden-Württemberg 1.218 Personen ab 16 Jahren befragt.
Downloads
Präsentation: Alltagsmobilität während der Corona-Pandemie – und danach (PDF)
Tabellen: Ergebnisse der Befragung in Baden-Württemberg (PDF)
Eine zweite repräsentative Befragung zeigt, wie sich das Mobilitätsverhalten im Oktober und November 2020 verändert hat. Zu dieser Zeit waren die Menschen in Baden-Württemberg weniger selbstaktiv unterwegs als im Frühjahr. Nur der Fußverkehr verzeichnete noch ein Plus, sowohl im Verkehrsaufwand als auch in der Anzahl der zu Fuß zurückgelegten täglichen Wege zum Einkaufen, Arbeiten oder Erholen.
Trotz kalter Jahreszeit: Mehr Menschen zu Fuß unterwegs
Insgesamt wurden 20 Prozent mehr Wege zu Fuß zurückgelegt, gemessen am Vergleichswert der Vorjahre für diese Jahreszeit. Zusammen erreichten Fuß- und Radverkehr auch in den kälteren Monaten entgegen dem Trend einen etwas höheren Anteil an der Gesamtzahl der Wege als in den Zeiten vor Corona.
Für die repräsentative Befragung wurden für die auf Baden-Württemberg bezogenen Ergebnisse 1.055 Personen befragt. Die Befragung fand zwischen Oktober und November 2020 statt.
Downloads
Die dritte Erhebung zeigt, dass die Menschen in Baden-Württmberg auch im zweiten Jahr der Pandemie weniger und mit kürzeren Fahrten unterwegs sind als vor Corona. Der Rückgang zeigt sich bei den Arbeits- und Dienstwegen und bei Strecken, die in der Freizeit zurückgelegt werden.
Mobilität nimmt ab
Zum Zeitpunkt der Erhebung im Herbst 2021 wurden 24 Prozent weniger Arbeits-, Ausbildungs- und dienstlichen Wegen zurückgelegt als im Vergleich zur Erhebung vor der Pandemie 2017. Dies ist auf die vermehrte Nutzung von Homeoffice oder Verlagerung dienstlicher Termine ins Digitale zurückzuführen.
Insgesamt wurden zum Befragungszeitpunkt in Baden-Württemberg pro Tag 26 Millionen Wege zurückgelegt und damit etwa drei Millionen weniger als vor der Corona-Pandemie. Die pro Tag von einer Person zurückgelegten Kilometer sind mit 40 Kilometer 2021 etwas niedriger als die 44 Kilometer 2017. Das liegt auch daran, dass inzwischen mehr als jeder vierte Weg zu Fuß zurückgelegt wird (28 Prozent, gegenüber 20 Prozent 2017). Vor allem für jüngere Menschen ist das Fahrrad ein attraktiveres Verkehrsmittel geworden, 28 Prozent der unter 30-jährigen nutzen es jetzt häufiger.
Für die Befragung wurden im Oktober 2021 landesweit 1.223 telefonische Interviews durchgeführt. Die Ergebnisse der dritten MOBICOR-Erhebung wurden mit den Referenzwerten aus den vorherigen Berichten aus dem Jahr 2020 und der Studienreihe Mobilität in Deutschland verglichen.
Downloads
Die vierte Erhebung zeigt, dass die ÖPNV-Nutzung steigt, wenn ein attraktives und einfaches Ticket eingeführt wird. Mit dem 9-Euro-Ticket nutzte knapp die Hälfte der Befragten (49 Prozent) den ÖPNV häufiger oder sehr viel häufiger als zuvor. Das Ticket führte dazu, dass der ÖPNV anstatt des Autos genutzt wurde. Rund ein Drittel (34 Prozent) hätte mindestens eine Fahrt ohne das Ticket anstatt des ÖPNV auf das Auto zurückgegriffen.
Auch die soziale Teilhabe wurde durch das 9-Euro-Ticket gestärkt: rund 26 Prozent der Inhaber:innen konnten so Fahrten unternehmen, die sie sich sonst nicht hätten leisten können. Der im Sommer 2022 geltende Tankrabatt führte hingegen zu keinen spürbaren Entlastungen. Auch die Sinnhaftigkeit des Tankrabatts wird von über der Hälfte (56 Prozent) in Frage gestellt, stattdessen wird der Ausbau anderer Mobilitätsbereiche als besser eingesetzte Finanzmittel betrachtet.
Homeoffice etabliert sich
Der vierte Bericht beschreibt zugleich, welche pandemiebedingten Veränderungen in der Mobilität auch danach noch Bestand haben. Bei der Anzahl der Wege und der Verkehrsleistung gibt es im Herbst 2022 insgesamt nur noch wenig Veränderungen zum Vor-Corona-Niveau der vorherigen MiD-Studie von 2017. Insbesondere nahm die Zahl der Beschäftigten, die von zu Hause arbeiten, gegenüber der Corona-Zeit, wieder ab: inzwischen arbeiten nur noch 20 Prozent regelmäßig von zu Hause aus, 2021 waren es noch 31 Prozent. Zugleich etabliert sich das Homeoffice und sieben von zehn Nutzer:innen gehen davon aus, dass sie auch in Zukunft auch von zu Hause aus zu arbeiten werden. Damit nimmt Homeoffice weiterhin Einfluss auf das Verkehrsgeschehen.
Die vierte Befragung wurde im Herbst 2022 durchgeführt. 1.463 Personen nahmen daran Teil. Die Ergebnisse sind repräsentativ.