Fachkräfte

Ein Jahr Fachkräftebündnis: Gemeinsam für gute Mitarbeitende im ÖPNV

Der Fachkräftebedarf bei Bus und Bahn ist groß, viele Stellen sind unbesetzt. Das Verkehrsministerium hat deshalb vor einem Jahr ein Bündnis initiiert.

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Busfahrer am Lenkrad

Der Fachkräftebedarf bei Bus und Bahn ist groß. Bereits jetzt fehlen 2.600 Busfahrerinnen und Busfahrer; in den Führerständen der Züge sind 20 Prozent der Stellen unbesetzt. Im März 2024 hat sich daher auf Initiative des Landesverkehrsministeriums ein breites gesellschaftliches Bündnis gebildet.

Winfried Hermann, Landesverkehrsminister, sagte anlässlich des einjährigen Jubiläums: „Um die Qualität bei Bus und Bahn zu sichern, braucht es engagierte und gute Leute, die die Busse und Bahnen fahren, warten und verwalten. Damit der Ausbau des ÖPNV und die Mobilitätswende gelingen, benötigen wir sogar noch mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Deshalb haben sich vor ziemlich genau einem Jahr 16 Institutionen aus Politik, Wirtschaft, Gewerkschaften und Verbänden zusammengetan. Hand in Hand arbeiten wir in einem breiten Bündnis daran, die Jobs bei Bus und Bahn sichtbarer zu machen und die Arbeitsbedingungen zu verbessern.“

Demografischer Wandel verschärft Fachkräftemangel

Gut 31.300 Menschen arbeiten heute in Service, technischen Bereichen, Wartung und Leitstellen oder hinter dem Steuer. Trotzdem fehlen bereits heute in Baden-Württemberg 2.600 Busfahrerinnen und Busfahrer. Auch im Schienenpersonennahverkehr (SPNV) sind bei etwa 2.600 Lokführerinnen und Lokführer derzeit fast 20 Prozent der Stellen unbesetzt.

Der Fachkräftemangel in der Branche wird sich künftig noch verschärfen. Denn mehr als die Hälfte der Busfahrerinnen und Busfahrer ist älter als 50 Jahre. Wird der SPNV wie vom Land geplant ausgebaut, fehlen weitere mehr als 600 zusätzliche Lokführerinnen und Lokführer. Für den wachsenden Busverkehr müssten 800 Fahrerinnen und Fahrer pro Jahr dazu kommen.

Gemeinsames Ziel:
Fachkräftemangel bekämpfen

Um den Fachkräftemangel in den Griff zu bekommen, hat das Bündnis drei Hauptaufgaben definiert: Die Sichtbarkeit der Berufe erhöhen, Mehrwerte für die Beschäftigten schaffen und die Rahmenbedingungen verbessern. In diesem ersten Jahr ist das Fachkräftebündnis schon wichtige Schritte gegangen und hat gemeinsame Projekte und Themen angesetzt.

In den Arbeitsgruppen des Bündnisses werden unter anderem die Themen Sicherheit im ÖPNV, Kinderbetreuung, Reform des Bus-Führerscheins, Fachkräftegewinnung aus dem Ausland oder betriebliches Gesundheitsmanagement bearbeitet.

Schwerpunkt:
Rahmenbedingungen im betrieblichen Umfeld verbessern

Neben einer attraktiven Entlohnung spielen auch die Arbeitsbedingungen eine wichtige Rolle, um Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu gewinnen und zu behalten. Das Bündnis hat zentrale Themen ausgemacht: Um Wohnen bezahlbarer zu machen, arbeitet es am Aufbau einer digitalen Wohnraumbörse der verschiedenen Verkehrsunternehmen oder bietet Lösungen und Angebote in Sachen Gesundheitsmanagement und Firmenfitness an. Weitere Themen sind, wie Arbeitgeber bei der Kinderbetreuung unterstützen oder wie Qualifizierungs- und Weiterbildung in Schienenpersonennahverkehrsverträgen eingebunden werden können.

Alexander Pischon, Vorsitzender der VDV-Landesgruppe Baden-Württemberg, sagte anlässlich des Jubiläums: „Nach einem Jahr der gemeinsamen Tätigkeit sind im Fachkräftebündnis viele gute Initiativen und Ideen entstanden, die wir benötigen, um unsere Branche attraktiver zu machen. Denn wir brauchen trotz der nicht einfachen finanziellen Lage in vielen Unternehmen in den kommenden Jahren viele qualifizierte und hoch motivierte Arbeitskräfte, mit denen wir das gute Angebot im ÖPNV sichern und weiter ausbauen können. Damit sichern wir auch den attraktiven Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg.“

Schwerpunkt:
Politische Rahmenbedingungen verbessern

Die politischen Rahmenbedingungen sind ein wichtiger Schlüssel zur Fachkräftegewinnung und -bindung im ÖPNV. Insbesondere sieht das Bündnis bei den Vorschriften, die den Erwerb des Busführerscheins regeln, großen Handlungsbedarf. Es wurden konkrete Vorschläge zur Verschlankung erarbeitet.

WBO-Präsident Franz Schweizer erklärte anlässlich des Jubiläums: „Der Busführerschein kostet in Deutschland mit circa 14.000 Euro immer noch das Vierfache wie in Österreich. Das muss schnellstens geändert werden. Auch die Anerkennung von Fahrerlaubnissen aus Drittstaaten ist ein Thema. Bereits gut ausgebildetes und erfahrenes Fahrpersonal aus dem Ausland muss ohne bürokratische Hürden zeitnah und effizient eingesetzt werden können.“

Um die Unternehmen bei der Personalgewinnung zu unterstützen, gibt es bereits eine Reihe von Fördermaßnahmen, die durch einen Förderkompass den Arbeitgebern leichter zugänglich gemacht werden sollen. Ein weiterer Punkt an dem das Bündnis ansetzt, ist die zwingende Berücksichtigung von Sanitär- und Sozialräumen für das Fahrpersonal bei der Errichtung von Zentralen Omnisbusbahnhöfen (ZOB) und anderen Verkehrsknotenpunkten.

„Die Förderung von Sanitär- und Pausenräumen in ZOB, die vor dem Hintergrund der Arbeit des Bündnisses nun neu in den Förderkatalog aufgenommen wurde, ist deshalb ein erster Schritt in die richtige Richtung. Das Fachkräftebündnis hat bereits im ersten Jahr seines Bestehens mit vielfältigen Initiativen erfolgreich zur Lösung der personellen Herausforderungen im ÖPNV beigetragen – weiter so“, so der WBO-Präsident.

Schwerpunkt:
Sichtbarkeit der Berufe erhöhen

Die beteiligten Organisationen bündeln Kommunikationsmaßnahmen für eine verbesserte Sichtbarkeit des Bündnisses und erhöhte Bekanntheit der Berufe im ÖPNV. Der Verband Baden-Württembergischer Omnibusunternehmen (WBO) und die Busunternehmen im Land richteten 2024 in Zusammenarbeit mit den regionalen Arbeitsagenturen beispielsweise den Tag des Busses aus. Zum einjährigen Jubiläum hat das Bündnis ein gemeinsames Logo entwickelt und veröffentlicht.

It‘s a match! – Welcher Job passt zu mir?

Am Montag (24. März) haben die Bundesagentur für Arbeit und das Ministerium für Verkehr den Startschuss für das Kooperationsprojekt Zukunft in Fahrt gegeben. Dabei können Besucherinnen und Besucher in den nächsten Monaten in den Warteräumen mehrerer Berufsinformationszentren (BiZ) das Extern: bwegt-Quiz It‘s a match (Öffnet in neuem Fenster) spielen. Dabei erfahren sie, welche Interessen und Stärken für die Berufe Lokführerin, Busfahrer, Werkstattmitarbeiterin oder Kundenbetreuer benötigt werden. Nach Karlsruhe folgen ab April die BiZ in Stuttgart und Aalen. Am Ende des Quiz gelangen die Spielenden über einen Link zur Extern: bwegt-Jobbörse (Öffnet in neuem Fenster) mit Stellenangeboten bei Eisenbahnverkehrsunternehmen, Verbünden und Busunternehmen.

Das Land setzt beim Thema Fachkräftegewinnung auch auf die Kampagnen seiner Mobilitätsinitiative bwegt, das im Rahmen des Bündnisses beispielsweise über Social Media, Hörfunk und Außenwerbung um neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im ÖPNV wirbt. Zum Internationalen Weltfrauentag hat bwegt in drei Reels fünfzig Frauen und ihren Jobs bei Bus und Bahn Gehör und Sichtbarkeit verschafft.

Maren Diebel-Ebers (DGB):
Gute Arbeit ist der Schlüssel

Für den Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) Baden-Württemberg betonte die stellvertretende Vorsitzende Maren Diebel-Ebers: „Der öffentliche Verkehr muss eine Branche der guten Arbeit werden. Das ist ein wesentlicher Schlüssel zur Lösung der Fachkräfteproblematik. Auch wenn Arbeitsbedingungen und Entlohnung in den Bereich der Tarifautonomie fallen, ist es richtig, dass auch das Fachkräftebündnis die Arbeitsbedingungen thematisiert. Gemeinsam wollen wir die Berufe im ÖPNV und SPNV attraktiver machen. Der jüngste Tarifabschluss im privaten Omnibusgewerbe war hierfür ein wichtiges Signal. Wer Fachkräfte gewinnen will, muss die Arbeit im öffentlichen Verkehr attraktiv gestalten. In den kommenden Wochen wird das Fachkräftebündnis den Dialog mit Betriebs- und Personalräten suchen. Wir werden die Perspektiven der Beschäftigten noch stärker einbeziehen. Wer Kolleginnen und Kollegen gewinnen möchte, muss auch wissen, wo der Schuh drückt.“

Martina Musati (Bundesagentur für Arbeit):
Die Berufe des ÖPNV sind Berufe mit Zukunft

Als wachsendes Berufsfeld für Mobilitätswende und Klimaschutz bietet der ÖPNV aber auch zahlreiche Chancen. Gerade für Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger – zum Beispiel für Menschen mit Migrationshintergrund. 40 Prozent der Beschäftigten im Fahrpersonal stammen aus dem Ausland und tragen wesentlich zur aktuellen Sicherung des ÖPNV-Angebots bei. Gleichzeitig ist der Frauenanteil mit 17 Prozent im ÖPNV und mit nur neun Prozent in der Fahrzeugführung sehr gering.

Martina Musati, Vorsitzende der Geschäftsführung der Regionaldirektion Baden-Württemberg der Bundesagentur für Arbeit: „Die Berufe des öffentlichen Verkehrs sind Berufe mit Zukunft. Bus und Bahn bieten regionale, flexible und sichere Arbeitsplätze mit vielfältigen Perspektiven – auch für Menschen, die sich umorientieren wollen. Wer im öffentlichen Verkehr arbeitet, kann die Verkehrswende aktiv mitgestalten.“

Bündnis: Organisation und Finanzierung

Das Bündnis für Fachkräftegewinnung besteht aus 16 Institutionen, von denen das Ministerium für Verkehr, der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) sowie der Verband Baden-Württembergischer Omnibusunternehmen (WBO) den Trägerkreis bilden. Zusammen mit dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) und der Bundesagentur für Arbeit, Regionaldirektion Baden-Württemberg, bilden diese fünf Organisationen den Steuerkreis. Alle Organisationen bringen sich mit ihrer Expertise in das Bündnis ein. Die Trägerorganisationen finanzieren mit eigenen Mitteln die Geschäftsstelle des Bündnisses. Die beteiligten Trägerkreisorganisationen VM, VDV und WBO finanzieren mit eigenen Mitteln die Geschäftsstelle des Fachkräftebündnisses.

Weitere Bündnismitglieder

  •   Albtal-Verkehrs-Gesellschaft mbH (AVG)
  •   Arverio Baden-Württemberg
  •   Landkreistag Baden-Württemberg
  •   Regio Baden-Württemberg
  •   Stuttgarter Straßenbahn AG (SSB)
  •   SWEG Südwestdeutsche Landesverkehrs-GmbH
  •   Transdev Region Süd
  •   Ver.di Landesbezirk Baden-Württemberg
  •   Verkehrsbetriebe Karlsruhe GmbH (VBK)
  •   Städtetag Baden-Württemberg
  •   Westfrankenbahn

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An der Verkehrsfreigabe nahmen Aalens Oberbürgermeister Frederick Brütting, Essingens Bürgermeister Wolfgang Hofer, Landtagsabgeordneter Winfried Mack, Landesverkehrsminister Winfried Hermann, Regierungspräsidentin Susanne Bay, Gerhard Rühmkorf vom Bundesministerium für Verkehr, Landrat Joachim Bläse und Landtagsabgeordneter Tim Bückner teil.
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