Mit einem Landeskonzept Mobilität und Klima (LMK) will das Land die notwendigen Schritte zum Erreichen der Klimaziele im Verkehr in Baden-Württemberg umsetzen. Das Eckpunktepapier hat der Ministerrat am Dienstag (8. November) in Stuttgart beschlossen. Die Eckpunkte sehen unter anderem die Verdopplung des Öffentlichen Verkehrs vor – beispielsweise durch eine Mobilitätsgarantie in Bus und Bahn von 5 bis 24 Uhr. Zudem sollen selbstaktive Wege zu Fuß oder mit dem Rad unterstützt werden, etwa durch ein landesweites RadNETZ. Ein weiteres Ziel sind mehr klimaneutrale Autos, hierfür soll unter anderem eine Ladeinfrastruktur in fußläufiger Entfernung in Siedlungsgebieten aufgebaut werden.
Die neuen Angebote für eine nachhaltige Mobilität werden flankiert durch sinnvolle rahmensetzende Vorgaben, zum Beispiel beim Parken und bei Nullemissionszonen, sowie durch neue oder weiterentwickelte Finanzierungsinstrumente wie der Lkw-Maut oder dem Mobilitätspass.
Verkehrsminister Hermann sagte: „Wirkungsvolle Maßnahmen, mit denen wir die Verkehrswende schaffen können und damit mehr Lebensqualität in unseren Dörfern und Städten gewinnen, liegen auf dem Tisch. Jetzt gehen wir ins Gespräch mit Bürgerschaft, Städten und Gemeinden, Wirtschaft und Verbänden.“
Der Minister erläuterte, Klimaschutz im Verkehr gelinge nicht mit einer einzelnen Maßnahme, sondern sei eine Gemeinschaftsaufgabe für heutige und vor allem auch künftige Generationen. „Wesentlich für die gemeinschaftliche Umsetzung durch Politik und Verwaltung, Unternehmen und Verbänden, Bürgerinnen und Bürger ist unter anderem eine langfristige Finanzierung, die auch neue Instrumente braucht. Mit der Lkw-Maut auf Landes- und Kommunalstraßen sowie dem Mobilitätspass wollen wir in Baden-Württemberg Vorreiter für eine verlässliche, flächendeckende und zügig umgesetzte Verkehrswende sein.
Deutlich machte Minister Hermann zudem: „Die Bund-Länder-Gespräche zur Finanzierung des öffentlichen Verkehrs haben gezeigt, dass für die Mobilitätsgarantie der Weg noch weiter ist als gedacht. Wir bleiben aber dran, denn die mit der Mobilitätsgarantie geplanten Angebotsverbesserungen sind zentral für den Ausbau des ÖPNV und die Verdopplung der Fahrgastzahlen.“
Klimaneutralität bis 2040 erforderlich
Das Klimaschutzgesetz hat die Klimaschutzziele in Baden-Württemberg verbindlich gemacht: Bis 2030 müssen im Verkehr 55 Prozent CO2 eingespart werden. 2040 ist bereits die Klimaneutralität erforderlich; es darf also gar kein fossiler Kraftstoff mehr eingesetzt werden. Minister Hermann machte deutlich: „Dies gelingt durch klimaneutrale Fahrzeuge, weniger Autos in den Städten und Gemeinden und bessere Angebote. Das Land will die Chancen einer Antriebs- und Mobilitätswende nutzen, um Mobilität flexibel, bedarfsgerecht und umweltschonend zu gestalten.“
Das im Kabinett verabschiedete Eckpunktepapier zum Landeskonzept Mobilität und Klima enthält die wichtigsten Maßnahmen, um die Vorgaben des Klimaschutzgesetzes Baden-Württemberg (KSG BW) im Verkehrsbereich wirkungsvoll umzusetzen. Der Auftrag zur Erarbeitung eines solchen Konzeptes folgt aus dem Koalitionsvertrag für Baden-Württemberg. Dabei stellen die Maßnahmen nur eine Auswahl dar. So sind beispielsweise allein in der ÖPNV-Strategie des Landes schon 135 Maßnahmen enthalten.
Die Verkehrswende kann nur gelingen, wenn Land und Kommunen gemeinsam große Anstrengungen unternehmen und ihre Aktivitäten bündeln, etwa beim Radwegeausbau. Zudem sind wesentliche Weichenstellungen durch den Bund und die EU notwendig. Auch dazu enthalten die Eckpunkte Forderungen, etwa zum CO2-Preis und zu einer Beimischungsquote für reFuels (erneuerbare Kraftstoffe).
Sechs zentrale Handlungsfelder des Eckpunktepapiers
Das Eckpunktepapier skizziert sechs zentrale Handlungsfelder, ausgerichtet an den fünf Verkehrswendezielen für Baden-Württemberg:
Rund zwei Millionen private und ca. 60.000 bis 100.000 öffentliche Ladepunkte sollen entstehen. Elektroautos sollen durch Rahmenbedingungen auf Bundes- und EU-Ebene günstiger werden als solche mit fossilem Antrieb. Zudem sollen regionale Benutzervorteile für klimaneutrale Fahrzeuge greifen, wie etwa Nullemissionszonen.
Für den Güterverkehr sollen klimaschutzorientierte Wettbewerbsbedingungen durch eine LKW-Maut entstehen. Diese soll zudem den örtlichen Handel vor dem ausufernden Online-Handel schützen und Anreize für klimaneutrale Lastwagen setzen. Geplant sind der Ausbau der Schieneninfrastruktur, ein nachhaltiger Güterverkehr und eine effektive Citylogistik, etwa durch den Einsatz klimaneutraler Fahrzeuge.
Um den Kfz-Verkehr zu reduzieren, soll der Straßenraum aufgewertet, Mobilität in anderen Verkehrsmitteln ermöglicht und der Umweltverbund gestärkt werden. Mit Hilfe einer kostenorientierten Parkraumbewirtschaftung und der Umnutzung von Parkplatzflächen soll der öffentliche Raum für umweltfreundlicher Verkehrsmittel und mit Begegnungs- und Grünflächen aufgewertet werden. Carsharing-Angebote sollen flächendeckend und mit hohen Qualitätsstandards im ganzen Land zur Verfügung stehen.
Bis 2030 sollen die Anteile des Radverkehrs von 10 Prozent auf 20 Prozent und des Fußverkehrs von 21 Prozent auf 30 Prozent der Wege steigen. Hierfür sollen 7.000 Kilometer RadNETZ Baden-Württemberg bis 2030 auf den Zielzustand ausgebaut und zudem durch 20 Radschnellwege ergänzt werden. Fußgängerfreundliche Infrastruktur für „Kommunen der kurzen Wege“ werden durch Förderprogramme des Landes für Kommunen unterstützt.
Der öffentliche Verkehr soll ein besseres Angebot und mehr Kapazitäten aufweisen. Neben der Zuverlässigkeit und Beschleunigung von Bahnen und Bussen soll ein erheblicher Ausbau des Angebots durch Fahrplan- und Taktverdichtungen in allen Räumen – auch in Randzeiten und am Wochenende – mittels einer Mobilitätsgarantie von 5 bis 24 Uhr ein verlässliches Angebot bieten. In Regionen mit wenig öffentlichen Verkehr sowie in Randzeiten sollen flexible und nachfragegesteuerte On-Demand-Verkehre den öffentlichen Verkehr ergänzen. Für die Fahrgäste sollen die Verkehrsverbünde einfache, verständliche und attraktive Tarife anbieten.
Eine veränderte Mobilitätskultur und übergreifende Verkehrsplanung sind notwendig zur Umsetzung der anderen Handlungsfelder. Dazu dienen Klimamobilitätspläne für Städte und Kreise sowie Aktionspläne für kleine Kommunen. Eine verkehrssparende Raum- und Siedlungsentwicklung soll auf allen Planungsebenen etabliert werden. Für die Verkehrswende – besonders für ihre Planung – soll ausreichend Personal gewonnen und entsprechend gut Qualifiziert werden.
Die vorliegenden Eckpunkte entstanden unter Mitwirkung von Städte- und Landkreistag und dienen als Grundlage für einen breiten Beteiligungsprozess von Bürgerinnen und Bürgern sowie Verbänden. Parallel werden die konkreten CO2-Einsparungen, die Wirtschaftlichkeit der geplanten Maßnahmen und die sozialen Auswirkungen – etwa auf die Teilhabe – geprüft. Nach der Verbände- und Bürgerbeteiligung soll das Landeskonzept Mobilität und Klima 2023 von der Landesregierung verabschiedet werden.