Gäubahn und Panoramabahn – zwei historische Bahnstrecken, die untrennbar miteinander verbunden sind. Die sogenannte Gäubahn führt von Stuttgart in Richtung Singen. Ein kleiner Abschnitt der Strecke wird seit jeher als Panoramabahn bezeichnet. Sie führt direkt vom Stuttgarter Hauptbahnhof bis Stuttgart-Vaihingen. 200 Höhenmeter muss die Strecke dabei überwinden und bietet beste Sicht auf den Stuttgarter Talkessel. Daher rührt auch ihr Name. Doch Stuttgart 21 führt zu gravierenden Veränderungen.
Unterbrechung der Panoramabahn
Laut der Deutschen Bahn muss im Rahmen der Bauarbeiten zu Stuttgart 21 die Strecke der Gäubahn zum heutigen Hauptbahnhof über die Panoramabahn unterbrochen werden.
Die Züge der Gäubahn können den Stuttgarter Hauptbahnhof dann nicht mehr erreichen. Deswegen sollen ab diesem Zeitpunkt alle Züge der Gäubahn am Bahnhof Stuttgart-Vaihingen enden, bis die neue Streckenführung über den Flughafen und den Fildertunnel fertiggestellt ist.
Panoramabahn soll erhalten werden
Seit jeher gibt es großen Zuspruch die Panoramabahn dauerhaft weiterzubetreiben. Bereits der Stuttgart 21-Schlichter Heiner Geißler schlug in seinem Schlichterspruch im Jahr 2010 den Erhalt vor. Auch der 2009 beschlossene Regionalplan der Region Stuttgart sieht vor, dass „im Zuge des beziehungsweise nach Realisierung des Projekts Stuttgart 21 [solle] zugunsten des regionalen Schienenverkehrs (…), die Gäubahntrasse zwischen Stuttgart-Nord und Stuttgart-Vaihingen in betriebsfähigem Zustand erhalten“ werden.
Das ist auch das gemeinsame Ziel von allen beteiligten Akteur:innen. Zu diesen zählen der Verband Region Stuttgart, die Landeshauptstadt Stuttgart, die DB InfraGO AG und das Verkehrsministerium. Sie haben 2023 einen Kooperationsvertrag geschlossen. Entsprechend werden die Sanierung und Weiterführung der Strecke unvermindert vorangetrieben.
Untersuchung: Strecke hat großes Potenzial
Um nachzuweisen, dass ein Erhalt der Panoramabahn auch langfristig sinnvoll ist, hat das Verkehrsministerium 2022 eine vom VWI Verkehrswissenschaftliches Institut Stuttgart durchgeführte Untersuchung der verkehrlichen Potenziale vorgestellt.
Das Ergebnis des VWI lässt keine Zweifel: Die Panoramabahn bietet mit einer leistungsstarken Anbindung auch langfristige Vorteile und Möglichkeiten als Ergänzung zum neuen Eisenbahnknoten Stuttgart. Sie dauerhaft zu erhalten ist überaus sinnvoll. Im Sinne der Verkehrswende, von Angebotsausweitungen und einer notwendigen Redundanz wäre es ein Riesenfehler, die Panoramabahn nicht weiter zu nutzen. Sie muss auch leistungsfähig angebunden werden.
- Die Planungen der Kooperationspartner Land Baden-Württemberg, Verband Region Stuttgart, Landeshauptstadt Stuttgart, DB InfraGO AG wollen den Abschnitt zwischen dem Bahnhof Stuttgart Vaihingen bis zu den Wagenhallen Stuttgart, in der Nähe des Nordbahnhofs erhalten. Hier sollen für das Nahverkehrs-Dreieck neue Anschlüsse nach Feuerbach und Bad Cannstatt gebaut werden.
- Der Bogen von dort zum oberirdischen Hauptbahnhof wird auch beim Konzept des Nahverkehrs-Dreieck nicht mehr für den Schienenverkehr benötigt.
- Für die Verbindung von Feuerbach nach Stuttgart-Vaihingen muss ein neuer Anschluss gebaut werden, damit die Panoramabahn zweigleisig angeschlossen werden kann ohne die S-Bahn zu stören. Dazu soll ein Gleis der Panoramabahn unter den S-Bahn-Gleisen hindurch tauchen.
- Um auch Züge von Bad Cannstatt nach Vaihingen über die Panoramabahn fahren zu können, werden neue unterirdische Abzweige notwendig. In dem mit Stuttgart 21 gebauten Tunnel Rosenstein sind dafür bereits Vorbereitungen getroffen worden, damit ein Anschluss möglich ist und genug Platz für neue Weichen vorhanden ist. Von dort könnten Züge auf die bereits bestehende Bahnstrecke geführt werden.
- Erschließungswirkungen: Wie können zusätzliche Fahrgäste entlang der Panoramabahn für den SPNV gewonnen werden? Dafür wurden verschiedene Haltemuster mit zwei bis neun Haltestellen zwischen Stuttgart-Vaihingen und Stuttgart-Feuerbach beziehungsweise Stuttgart-Bad Cannstatt miteinander verglichen.
- Durchbindungswirkungen: In welcher Form können Ziele innerhalb der Region aber auch darüber hinaus über die Panoramabahn neu miteinander verbunden werden? Dafür wurden verschiedene Linien südlich von Stuttgart-Vaihingen (zum Beispiel nach Horb oder Tübingen) und nördlich von Stuttgart-Feuerbach beziehungsweise Stuttgart-Bad Cannstatt (zum Beispiel nach Heimerdingen oder Waiblingen).
- Der Betrieb auf der Panoramabahn zeigt eine sehr hohe Nachfrage. Alle untersuchten Varianten haben gute bis sehr gute verkehrliche Wirkungen.
- Die verschiedenen Durchbindungen zeigen also sehr gute Effekte. Noch entscheidender ist die Erschließung der dicht besiedelten Stuttgarter Gebiete entlang der Panoramabahn durch zusätzliche Haltestellen.
- Mit einem 30-Minuten-Takt können circa 10.000 Fahrgäste am Tag auf der Panoramabahn erwartet werden, bei einem 15-Minuten-Takt sogar circa 20.000 Fahrgäste pro Tag.
- Die Panoramabahn entlastet die S-Bahn-Stammstrecke leicht. Der Großteil der verkehrlichen Wirkungen ergibt sich dadurch, dass viele neue Fahrgäste für den ÖPNV gewonnen werden.
- Die Panoramabahn ist damit als Ergänzung und nicht als Alternative für andere Infrastrukturvorhaben im Knoten Stuttgart zu betrachten.
- Die hohe Verkehrsnachfrage lässt erwarten, dass in einer Standardisierten Bewertung genügend Nutzen nachgewiesen werden kann, um die Kosten für anfallende Infrastrukturinvestitionen auszugleichen.
- Damit die langfristigen verkehrlichen Potenziale der Panoramabahn erreicht werden können, muss die Panoramabahn erhalten werden.
- Die Umsetzung des gesamten Nahverkehrs-Dreiecks wird auf Grundlage der bisherigen Untersuchungen derzeit auf rund 500 Millionen Euro geschätzt. Eine Förderung durch den Bund über das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) ist vorgesehen, dadurch reduziert sich der Anteil an den Kosten die vom Land Baden-Württemberg und Kommunalen Partnern getragen werden muss deutlich.
- Bei Bestellung von regelmäßigem Verkehr in dem von der Potenzialuntersuchung bewerteten Umfang reichen die Trassenerlöse aus, die laufenden Kosten zu decken.
Herzstück für das Nahverkehrs-Dreieck
Um den Bahnknoten Stuttgart noch leistungsfähiger zu machen, plant das Land den Bau des sogenannten Nahverkehrs-Dreiecks. In diesem wird die Panoramabahn eine zentrale Rolle spielen. Sie soll direkte Bahnverbindungen zwischen Bad Cannstatt, Feuerbach und Vaihingen möglich machen.
Für den Erhalt der Panoramabahn und das Nahverkehrs-Dreieck wurde bereits 2024 eine Machbarkeitsstudie beauftragt. Die Studie dient der detaillierten Betrachtung der Anforderungen an einen dauerhaften Betrieb einschließlich von Betriebskonzepten zum Erhalt der Panoramabahn und für das Nahverkehrs-Dreieck. Die neuen Linien auf der Panoramabahn müssen sich gut in das Netz einfügen. In der Machbarkeitsstudie untersuchen Expert:innen das und erarbeiten Vorschläge für die Endpunkte der Linien. Sobald die Machbarkeitsstudie abgeschlossen ist, werden die Ergebnisse veröffentlicht.
Nordhalt ist kurzfristig nicht umsetzbar
Damit die Fahrgäste der Gäubahn nach der Inbetriebnahme von Stuttgart 21 weiterhin direkt in den Stuttgarter Talkessel fahren können, wurde lange die Idee eines neuen Halts mit dem Namen "Nordhalt" diskutiert.
Das Verkehrsministerium hat dazu gemeinsam mit dem Verband Region Stuttgart und der Landeshauptstadt Stuttgart Planungen für den Nordhalt an der Panoramabahn aufgenommen. Die Züge der Gäubahn hätten dann bis zu diesem Halt fahren und die Stuttgarter Innenstadt erreichen können.
Bei den Projektplanungen wurde jedoch festgestellt, dass die notwendige Sanierung der Strecke und die Erneuerung der Leit- und Sicherungstechnik mehrere Jahre in Anspruch nehmen würden. Dadurch sinkt der Nutzen des Nordhalts. Hinzu kommt, dass die Verbindungsgleise zum Kopfbahnhof – und damit auch die Anbindung der Panoramabahn an diesen – länger in Betrieb gehalten werden als zuletzt vorgesehen. In der Summe führt dies dazu, dass die Kosten der Übergangslösung mit dem Nordhalt höher sind als ihr Nutzen. Die Umsetzung des Nordhalt wurde deshalb zurückgestellt.
Downloads
Präsentation: Gutachten zu Kosten eines Weiterbetriebs der Panoramabahn (PDF, nicht barrierefrei)
Anlage 1: Signalübersichtsplan Variante 2 - zweigleisig (PDF, nicht barrierefrei)
Anlage 2: Signalübersichtsplan Variante 1 - eingleisig (PDF, nicht barrierefrei)
Anlage 5: Analyse der Bestandsbauwerke (Brücken) (PDF, nicht barrierefrei)
Anlage 6: Analyse der Bestandsbauwerke (Durchlässe) (PDF, nicht barrierefrei)
Anlage 7: Analyse der Bestandsbauwerke (Stützbauwerke) (PDF, nicht barrierefrei)















