In Baden-Württemberg gibt es an Bundes- und Landesstraßen rund 7.300 Brücken, 7.700 Stützwände, 700 Lärmschutzwände und 100 Tunnel. Die Länge aller Brücken in Baden-Württemberg beträgt zusammen fast 211 Kilometer. Diese Länge entspricht ungefähr der Entfernung von Stuttgart nach Nürnberg. Alle Bauwerke werden im Abstand von drei Jahren regelmäßigen Prüfungen unterzogen. Diese Prüfungen sind nicht nur gesetzliche Pflicht, sondern eine wesentliche Basis für die weitere Erhaltungsplanung.
Für die Prüfung arbeiten in den vier Regierungspräsidien mehr als 15 speziell ausgebildete Prüfingenieure und Techniker.
Der Zustand
Bei den Brücken an Bundesstraßen ist der Anteil von Bauwerken mit ungenügendem Bauwerkszustand (Bauwerksnote 3,5 und schlechter) seit 2010 kleiner als ein Prozent der Brückenfläche. Bei den Brücken der Landesstraßen hat sich der Anteil der Brücken mit einem ungenügenden Bauwerkszustand im Zeitraum 2010 bis 2020 von 0,7 Prozent auf 1,1 Prozent etwas verändert.
Die auf Grundlage der Brückenfläche gemittelte Zustandsnote aller Brücken im Zuge von Bundesstraßen hat sich seit 2010 von 2,28 auf 2,38 und bei Brücken im Zuge von Landesstraßen von 2,27 auf 2,36 verändert und ist somit bei beiden Baulastträgern ungefähr gleich geblieben.
Die Zustandserfassung erfolgt bei Brücken im Abstand von drei Jahren im Rahmen einer sogenannten „Einfachen Prüfung“ im Wechsel mit einer umfangreichen „Hauptprüfung“. Im Gegensatz zur Zustandserfassung bei den Straßen finden die Bauwerksprüfungen nicht zu einem Stichtag statt, sondern sind eine fortlaufende Daueraufgabe der Straßenbauverwaltung. Sie werden von besonders qualifizierten und erfahrenen Bauwerksprüfingenieuren der Straßenbauverwaltung oder von ausgewählten externen Ingenieurbüros vorgenommen.
Maßnahmen zur Verbesserung
Die Aufrechterhaltung der Gebrauchstauglichkeit der Brückenbauwerke durch bauliche Instandsetzungsmaßnahmen hat oberste Priorität. Bedingt durch die topographischen Randbedingungen und in Anbetracht der überdurchschnittlichen Verkehrsbelastung gilt dieser Grundsatz für das Land Baden-Württemberg in besonderem Maß. Dementsprechend werden Brücken nach dem Bauwerkszustand und weiteren objektiven Bewertungskriterien in die Erhaltungsplanung des Landes eingepflegt.
Sofern in Einzelfällen die Gebrauchstauglichkeit tatsächlich eingeschränkt sein sollte, sind geeignete Maßnahmen zu ergreifen. Als wirkungsvolle Sofortmaßnahme werden in Abstimmung mit den Straßenverkehrsbehörden üblicherweise Verkehrsbeschränkungen in Form von Geschwindigkeits- und/oder Gewichtsbeschränkungen sowie Lkw-Überholverbote oder ein Ausschluss des genehmigungspflichtigen Schwerverkehrs veranlasst. Bislang war es jedoch nur in Ausnahmefällen notwendig, den Gemeingebrauch auf Brücken für einzelne Nutzungsgruppen auszuschließen oder die entsprechende Brücke für den Verkehr komplett zu sperren.
Brückenertüchtigung
Der signifikante Anstieg der Nutzungsanforderungen hat dazu geführt, dass Brücken aufgrund mangelnder Tragfähigkeitsreserven den verkehrlichen Anforderungen heute teilweise nicht mehr gewachsen sind. Die betroffenen Bauwerke müssen daher im Rahmen einer Instandsetzungsmaßnahme über das bisherige Tragfähigkeitsniveau hinaus statisch verstärkt werden, um sie so fit für die Zukunft zu machen (= Ertüchtigung). Sind solche Ertüchtigungsmaßnahmen technisch nicht möglich oder unwirtschaftlich, sind die Bauwerke durch Neubauten zu ersetzen.
Brückenersatzneubauten zügig umsetzen
2020 wurden das Bundesfernstraßengesetz und Straßengesetz Baden-Württemberg angepasst. Durch die Änderungen können nun Brückenersatzneubauten regelmäßig als Teil der Brückeninstandhaltung geplant und gebaut werden. Der Straßenbaulastträger ist dabei überwiegend selbst dafür verantwortlich, dass alle Vorschriften eingehalten werden. Dazu gehören neben den technischen Vorgaben auch die Regelungen des Umwelt- und Naturschutzrechts, des Wasserrechts und des Immissionsschutzes (Lärm). Wenn Flächen durch die Baumaßnahmen genutzt werden, müssen außerdem die Rechte Dritter berücksichtigt werden. Durch diese neue gesetzliche Regelung bekommt die Straßenbauverwaltung mehr Kontrolle über die zeitlichen Abläufe und kann die Prozesse flexibler gestalten.
Das bedeutet allerdings auch eine größere Verantwortung. Für die zuständigen Organisationseinheiten ist es wichtig, ihr Vorgehen anzupassen. Alle beteiligten Fachleute und Akteure müssen eng zusammenarbeiten sowie die verschiedenen Aufgaben und Abhängigkeiten gut koordinieren. Dabei sind frühe Entscheidungen wichtig: Sind Änderungen an einer Brücke zu groß, gelten sie nicht mehr als einfache Erhaltungsmaßnahme. Dann muss der Ersatzneubau in einem formalen Verfahren genehmigt werden.
Arbeitshinweise (PDF, barrierefrei) unterstützen die Beteiligten dabei, die neuen Anforderungen besser zu verstehen und den Planungsprozess effizienter zu gestalten. Neben einer allgemeinen Checkliste zu Brückenersatzbauten (PDF folgt) helfen auch Checklisten zur Grundlagenermittlung (PDF folgt) und zum Projektzeitplan (PDF folgt).