Das Verkehrsministerium siegte beim eGovernment-Wettbewerb 2018 mit dem Verkehrssicherheitsscreening in der Kategorie „Bestes Infrastrukturprojekt“. Das Gruppenbilder der Preisverleihung können Sie hier herunterladen (Quellenangabe: MIKA-fotografie | Berlin).
Das Verkehrssicherheitsscreening (VSS) ist Teil des Verkehrssicherheitskonzeptes. Beim VSS handelt es sich um ein webbasiertes verwaltungsinternes Expertenwerkzeug. Es ermöglicht sämtlichen Mitgliedern der landesweit 150 Unfallkommissionen auf alle relevanten Daten, die zur Unfallanalyse und zur Beseitigung von unfallbedingten Mängeln in der Straßenverkehrsinfrastruktur benötigt werden, auf einer zentralen Datenplattform zuzugreifen. Sämtliche Daten sind zudem standardisiert aufbereitet.
Ohne ein Werkzeug wie das Verkehrssicherheitsscreening sind die Vorgaben der EU-Sicherheitsrichtlinie für die Straßenverkehrsinfrastruktur sowie das Ziel der „Vision Zero“ in Baden-Württemberg nicht zu erreichen.
Das „Verkehrssicherheitsscreening Baden-Württemberg“ des Landesverkehrsministeriums ist beim eGovernment-Wettbwerb 2018 mit Platz 1 in der Kategorie: „Bestes Infrastrukturprojekt“ ausgezeichnet worden. Eine internationale Expertenjury sprach den Preis dem System zur Auswertung von Unfalldaten am 19. Juni in Berlin zu. An dem bereits zum 17. Mal ausgetragenen Wettbewerb mit dem Schwerpunkt Digitalisierung und Modernisierung der öffentlichen Verwaltung, haben sich insgesamt 59 Bewerber aus Bundes-, Landes- und Kommunalverwaltungen sowie der Sozialversicherung aus Deutschland, Österreich und der Schweiz beteiligt. Näheres zum Wettbewerb finden Sie unter www.egovernment-wettbewerb.de.
Jurymitglied und Sprecher des Deutschen Städte- und Gemeindebundes Franz-Reinhard Habbel sagte: „Das Verkehrssicherheitsscreening des Landes Baden-Württemberg ist wegweisend für viele Bundesländer, aber auch darüber hinaus in ganz Europa. Durch die Zusammenführung verschiedener Informationen entsteht ein umfassendes Bild der Realität der Verkehrssicherheit. Maßnahmen für mehr Sicherheit im Verkehr können so gezielt und wirkungsvoll angegangen und umgesetzt werden. Das Projekt zeigt, welche neuen Qualitäten bei der Zusammenführung von Daten entstehen. Das ist Big-Data live. Erfolgreiche Projekte brauchen auch engagierte Protagonisten. Dieses zeigte sich in besonderer Weise auch beim Finalistentag des diesjährigen eGovernment-Wettbewerbs.“
Neben verschiedenen Universitäten nutzen auch die Unfallforscher des Deutschen-Kraftfahrzeug-Überwachungs-Vereins e.V. (DEKRA) das VSS bereits und kommen in ihrem Verkehrssicherheitsreport 2018 zu der Einschätzung, dass ein Screening dieser Art europaweit bislang einzigartig sein dürfte.
2011 hat sich die damalige Grün-Rote-Landesregierung von Baden-Württemberg das politische Leitbild der „Vision Zero“ – keine Toten und Schwerverletzten im Straßenverkehr – gegeben. Um dieses Ziel zu erreichen, wurde vom Verkehrsminister am 2. Juli 2013 das gemeinsam mit dem Innenministerium erarbeitete Verkehrssicherheitskonzept vorgestellt.
In diesem Zusammenhang wurde als zentrale Maßnahme das hierfür neu entwickelte Verkehrssicherheitsscreening (VSS) präsentiert, das von der Aachener DTV-Verkehrsconsult GmbH realisiert wurde. Beim VSS handelt es sich um ein webbasiertes verwaltungsinternes Expertenwerkzeug. Es ermöglicht sämtlichen Mitgliedern der landesweit 150 Unfallkommissionen auf alle relevanten Daten, die zur Unfallanalyse und zur Beseitigung von unfallbedingten Mängeln in der Straßenverkehrsinfrastruktur benötigt werden, auf einer zentralen Datenplattform zuzugreifen. Sämtliche Daten sind zudem standardisiert aufbereitet.
Ohne ein Werkzeug wie das Verkehrssicherheitsscreening sind die Vorgaben der EU-Sicherheitsrichtlinie für die Straßenverkehrsinfrastruktur sowie das Ziel der „Vision Zero“ in Baden-Württemberg nicht zu erreichen.
Das VSS führt landesweit für das gesamte rund 26.000 km lange übergeordnete Straßennetz (alle Autobahnen, Bundes-, Landes-, und Kreisstraßen, Inner- und Außerorts) von Baden-Württemberg die für die Verkehrssicherheitsarbeit verfügbaren Informationen, wie
- die Straßenbreiten und die Straßenaufbaudaten aus der Straßendatenbank,
- die Straßenzustände mit zugehöriger Straßengeometrie und Streckenfotos aus den Straßenzustandsbefahrungen für Großteile des Netzes,
- die Durchschnittlichen Täglichen Verkehrsmengen (DTV) der rund 5.000 Verkehrsmonitoringzählstellen im Land,
- die Auswertung der Geschwindigkeiten von monatlich rund 20 Millionen Kraftfahrzeugen aus dem kontinuierlichen Verkehrsmonitoring und
- die monatlich von der Polizei bereitgestellten Unfalldaten von rund 4.200 neuen Unfällen
auf einer zentralen Rechnerplattform zusammen.
Zentrales Element des Verkehrssicherheitsscreenings ist die digitale Karte. Darin können beispielsweise die unfallauffälligsten Stellen im Straßennetz dargestellt werden.
Ein weiteres wichtiges Element ist der jeweils 4-seitige Steckbrief, der bis zu 700 verschiedene Informationen für ein genau 100 Meter langes Straßenstück bereitstellt. Für das rund 26.000 Kilometer lange übergeordnete Straßennetz sind dies rund 295.000 verschiedene Steckbriefe.
Welche Vorteile hat das VSS für die Verwaltung?
Das zentral verfügbare VSS-System reduziert mit seinen landesweit einheitlichen Steckbriefen den Bearbeitungsaufwand in den Unfallkommissionen erheblich. In der digitalen thematischen Karte lassen sich mit schaltbaren Layern die unfallauffälligen Streckenabschnitte und Knotenpunkte verschiedenfarbig anzeigen.
- Rot = Höchstwerte (5 Prozent aller Werte)
- Orange = auffällige (nächsten 10 Prozent aller Werte) und
- Grün = unauffällige und restlichen 85 Prozent aller Werte.
Diese Werteaufteilung gilt systemweit. Für die Unfallkommissionen ist somit immer ganz klar, um welche Stellen im Straßennetz sie sich zuerst kümmern müssen.
Hauptzielgruppe des VSS sind sämtliche Mitglieder der 150 Unfallkommissionen in Baden-Württemberg. Sie bestehen aus Mitgliedern der Verkehrsbehörde (Leitung), der Straßenbauverwaltung und der Polizei. Auch im Bereich der Straßenplanung und -erhaltung wird das VSS vor allem von Kolleginnen und Kollegen aus der Straßenbauverwaltung genutzt. Mit Gästen hatten im Juli 2018 insgesamt 668 Personen Zugriff auf das VSS.
Durch die Einheitlichkeit des VSS-Systems wird neuen Mitgliedern der Unfallkommissionen die Einarbeitung erheblich erleichtert. Dies gilt vor allem für Personen in den Verkehrsbehörden, wenn diese zuvor in einem völlig anderen Themenbereich tätig waren.
Das in der Vergangenheit oftmals aufwändige Zusammensuchen der notwendigen Unterlagen für einen Unfallkommissionstermin hat ein Ende – die Lösung des Problems steht im Vordergrund.
Das VSS-Verfahren liefert kartenbasiert auch eine Überlagerung der unfallauffälligen mit sanierungsbedürftigen Streckenabschnitten. Das Überlagerungsergebnis geht in die Dringlichkeitsreihung der Unfallpräventions-Maßnahmen ein.
Durch die Aggregation unterschiedlicher Informationen entsteht ein umfassendes Bild der Realität der Verkehrssicherheit, das ermöglicht, gezielte Maßnahmen zu definieren. Die Wirksamkeit der von den Unfallkommissionen ergriffenen Maßnahmen kann direkt mithilfe von schaltbaren Layern in der digitalen Karte überprüft werden. Ihre Umsetzung trägt zu einer spürbaren Verbesserung der Verkehrssicherheit bei und hilft so letztlich, Leben zu retten.
Im Jahr 2018 konnte anhand von VSS-Auswertungen erstmals gezeigt werden, dass auf der B 500, der Schwarzwaldhochstraße die neuartigen, ebenfalls vom Verkehrsministerium entwickelten Kurvenleittafeln aus Kunststoff für Motorradfahrende wahrscheinlich auch eine unfallvermeidende und somit präventive Wirkung haben. Näheres hierzu finden Sie unter Sicherheit für Motorradfahrer.
Das VSS-System ist in Baden-Württemberg seit 2014 landesweit im laufenden Betrieb, die verschiedenen Quellsysteme – zum Beispiel die elektronische Unfallerfassung und die Straßendatenbank – bereits vor diesem Zeitpunkt.
Durch minimale Abhängigkeiten und den Einsatz einer betriebssystemunabhängigen Laufzeitumgebung ist der Betrieb der Online-Plattform in den meisten IT-Umgebungen möglich. So lässt sich das VSS auf jedem internetfähigen Endgerät zum Beispiel mit dem Firefox-Browser aufrufen. Die 3-Tier-Architektur, der modulare Aufbau und die Verwendung eines flexiblen, leistungsfähigen serverseitigen Frameworks erlauben es, das System bei Bedarf ohne übermäßigen Aufwand zu erweitern oder anzupassen, um weitere Systeme als Importquellen, Authentifizierungsserver oder ähnliches anzubinden.
Zur landesweiten Einführung des Verkehrssicherheitsscreenings wurde die Baden-Württembergische Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums für die Verkehrssicherheitsarbeit der Polizei (VwV-VkSA) vom 29. Juni 2015 entsprechend ergänzt.
Das Verkehrssicherheitsscreening ist durch seinen sowohl fachlich als auch technisch modularen Aufbau bewusst so gestaltet, dass die Einführung auch in anderen Bundesländern mit minimalen Voraussetzungen und Aufwand möglich ist und die Nutzung anschließend graduell ausgebaut werden kann.