Verkehrsminister Winfried Hermann setzt alles daran, die Finanzierungslücken beim Schienen-Personenverkehr in Baden-Württemberg zu schließen. „Die grün-rote Koalition hat einen Ausbau des ÖPNV im Land vereinbart und den Bürgern fest versprochen. Deshalb sind wir jetzt auch in der Pflicht, eine Lösung zu entwickeln, um die in dieser Dramatik nicht absehbaren Engpässe bei der Finanzierung zu überwinden.“
Gleichzeitig weist der Minister die Kritik zurück, selbst für die Versäumnisse verantwortlich zu sein: „Wir wollen den Schienenverkehr voranbringen und haben ehrgeizige Ziele. Aber wir haben eine verdammt schwere Hypothek übernommen, um überhaupt den jetzigen Verkehr zu sichern. Die finanziellen Abgründe, in die wir schauen, sind das Erbe von vielen Jahren verfehlter Schienenpolitik der CDU.“
Minister Hermann nennt vier Hauptursachen für die in den kommenden Jahren zu erwartenden Finanzierungslücken beim Schienennahverkehr. Verantwortlich dafür seien die frühere Landesregierung sowie der amtierende Bundesverkehrsminister.
- Das Grundproblem sind die überhöhten Preise, die das Land an die Bahn im aktuellen Verkehrsvertrag zahlen muss. Den Vertrag hatte die Landesregierung vor zehn Jahren großzügig und auf viel zu lange Zeit abgeschlossen. „Die überhöhten Preise schlagen jetzt, wo der Finanzrahmen enger wird, voll durch“, kritisiert Minister Hermann.
- Dieser Verkehrsvertrag lässt kostensenkende Neuvergaben im Wettbewerb vor dem Jahr 2016 nicht zu. Während andere Bundesländer auf diesem Weg bereits Einsparungen umsetzen konnten, spitzt sich die Situation in Baden-Württemberg nun besonders zu.
- Die Renditeanforderungen der Bundesregierung zwingen die Infrastruktursparte der DB zu hohen Gewinnen von bis zu einer Milliarde Euro pro Jahr. Diese Gewinne müssen vor allem bei den Infrastrukturabgaben der Nahverkehrszüge erwirtschaftet werden, die von den Ländern finanziert werden. Minister Hermann kritisiert: „Bei dieser Gewinnabführung der DB an den Bund handelt es sich letztlich um eine Kürzung der Regionalisierungsmittel durch die Hintertür.“
- Baden-Württemberg ist von Strukturveränderungen bei den neuen Trassenpreissystemen besonders hart betroffen. „In diesem Jahr steigen daher die Kosten für das Land um 50 Millionen Euro, während die Zuweisungen vom Bund nur um 11 Millionen Euro zunehmen“, erläuterte der Verkehrsminister. Baden-Württemberg hat sich auf Bundesebene intensiv um einen Ausgleich zugunsten des Landes bemüht, konnte sich aber nicht gegen die Mehrheit der anderen Bundesländer durchsetzen.
- Als weitere Belastung für den Nahverkehr stellt sich auch die von der früheren Regierung eingeplante Finanzierung von Stuttgart 21 aus Nahverkehrsmitteln heraus. Insgesamt 286 Millionen Euro kommen aus Regionalisierungsmitteln, die jetzt bei den Zugbestellungen natürlich fehlen. Im Jahr 2013 sind dies 33 Millionen Euro und damit mehr als die Hälfte der zu erwartenden Finanzierungslücke.
In ihrer ganzen Dimension ist die Entwicklung erst seit wenigen Wochen bekannt. Die volle Problematik wird erst mit dem Haushalt 2013 wirksam, dessen Aufstellung noch bevorsteht.
Minister Hermann betonte: „Die Koalition ist sich einig: Wir wollen Baden-Württemberg zum Pionierland der nachhaltigen Mobilität machen. Deshalb müssen wir den Abbau von Nahverkehrszügen unbedingt vermeiden.“ Dringend notwendig seien Weichenstellungen auf Bundesebene, die die Fehlentwicklungen der vergangenen Jahre korrigieren. „Bis dies erreicht ist, brauchen wir aber eine Überbrückungsstrategie auf Landesebene“, sagte der Verkehrsminister. Das Ministerium für Verkehr und Infrastruktur sowie das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft arbeiten derzeit gemeinsam an dieser Strategie.
Quelle:
Ministerium für Verkehr und Infrastruktur Baden-Württemberg