Klimafreundlich mobil zu sein ist heute wichtiger denn je. Viele Kommunen in Baden-Württemberg haben dafür bereits ein umfangreiches Angebot geschaffen. An Mobilitätsstationen führen sie unterschiedliche öffentliche und geteilte Verkehrsmittel zusammen und vergrößern so die Auswahlmöglichkeiten und die Umstiegsoptionen. Um den Knotenpunkten nachhaltiger Fortbewegungsmittel in Baden-Württembergs Kommunen mehr Sichtbarkeit zu verleihen und die klimafreundlichen Optionen zur Gestaltung der Alltagswege bewusst zu machen, kennzeichnet das Verkehrsministerium Baden-Württemberg in Zusammenarbeit mit der Landesenergieagentur (KEA-BW) jetzt Orte nachhaltiger Mobilität mit Mobilitätssäulen.
Die gut vier Meter hohen Säulen machen Orte mit drei oder mehr klimafreundlichen Verkehrsmitteln überregional als Orte zukunftsträchtiger, klimafreundlicher und praktischer Mobilität identifizierbar. Sie weisen zielsicher den Weg zu den zahlreichen umliegenden Fortbewegungsangeboten, informieren über die Verkehrswende und ergänzen die Ausstattung des jeweiligen Standortes je nach Bedarf mit einer Sitzgelegenheit oder einer Radabstellanlage. Wahlweise kann auf einem integrierten Display der Radverkehr in der Umgebung sichtbar gemacht werden. Ein Bereich auf der Säule bleibt der jeweiligen Kommune zur eigenen Gestaltung, beispielsweise für touristische Hinweise, vorbehalten.
Bald sollen im ganzen Land Mobilitätssäulen anzeigen, wo nachhaltige Mobilitätsangebote zusammenlaufen. Die 2020 gestartete Pilotphase setzt dieses Konzept in ausgewählten Kommunen mit beispielhaften Mobilitätsangeboten um.
Pilotphase 2020/2021
Für die Umsetzung der Idee konnte im Frühjahr 2020 die Agentur Milla & Partner gewonnen werden. Nach einer sorgfältigen Analyse und mehreren Abstimmungsprozessen steht seit Ende Juli 2020 fest, wie die neuen Zeichen für nachhaltige Mobilität in Baden-Württemberg aussehen werden. Vier Meter hohe, dreiseitige Säulen auf schmalem, schwarzen Sockel zieren zukünftig Knotenpunkte nachhaltiger Mobilitätsangebote. Auf die landesübergreifende Signalfunktion der Säulen verweisen die Landesfarben Schwarz und Gelb. Einen Wiedererkennungseffekt garantiert auch die Verwendung des bereits aus den Nahverkehrszügen bekannten Logos bwegt, der Dachmarke für unterschiedliche Formen der nachhaltigen Mobilität in Baden-Württemberg. Im Sinne der Klimafreundlichkeit wird der Strom für die abendliche Beleuchtung mittels einer Photovoltaikanlage im oberen Drittel der Säule erzeugt. Die Mobilitätssäulen zeigen die verfügbaren nachhaltigen Verkehrsmittel in der Umgebung auf den ersten Blick und weisen sowohl auf einer Karte, als auch direkt auf dem Boden den direkten Weg zu diesen. Während eine Seite für die Umgebungskarte, eine Seite für Hintergrundinformationen zur Verkehrswende und ggf. eine Anzeige für eine Fahrradzählstelle reserviert ist, können die Kommunen die dritte Seite selbst gestalten. Hier ist Freiraum für touristische Hinweise, Informationen zum Standort oder die Präsentation anderer Projekte zu nachhaltiger Mobilität. Je nach Standort kann die Säule auch Teil eines Ensembles mit einer Bank und einer Radabstellanlage im gleichen Design werden.
Bis Ende Juni konnten sich alle Städte in Baden-Württemberg mit einem entsprechenden Mobilitätsangebot bewerben, in der Pilotphase mitzuwirken. Ausgewählt wurden Städte von ganz unterschiedlicher Größe: Heidelberg, Konstanz, Leinfelden-Echterdingen, Offenburg, Schwäbisch Gmünd, Süßen und Ulm. Sie alle haben interessante Konzepte zur Förderung nachhaltiger Mobilität entwickelt und bereits Erfahrungen mit Mobilitätsstationen und der Sichtbarmachung dieser Standorte gesammelt. Sie unterstützen das Verkehrsministerium in dieser wichtigen Projektphase in unterschiedlicher Hinsicht. Während einige von Ihnen noch dieses Jahr Mobilitätssäulen an unterschiedlichen Standorten aufstellen und testen, begleiten andere diesen Prozess beratend.
Pilotphase 2021/2022
Die erste Pilotphase hat die Wirkmacht der Wegmarke Mobilitätssäule bestätigt. Deutlich geworden ist aber auch, dass mit einer kleineren Version mehr Standorte gekennzeichnet und mit hilfreichen Informationen für Passantinnen ausgestattet werden könnten. Daher wurde im Rahmen der zweiten Pilotphase eine schlankere, vierseitige Version der Mobilitätssäule entwickelt. Optisch ist sie ihrer großen Schwester sehr ähnlich, sodass die Wiedererkennung gewährleistet ist. Durch die geringere Größe lässt sie sich in engere Umfelder integrieren. Darüber hinaus wartet sie mit einem neuen hilfreichen Feature auf: Optional kann ein Fahrradreparaturset integriert werden. Je nach Umfeld ist die große oder die kleine Mobilitätssäule geeigneter zur Sichtbarmachung von Umstiegspunkten. Daher werden den Kommunen beide Versionen bei der Fortführung des Projekts angeboten.
Bis Ende September 2021 konnten sich alle Städte in Baden-Württemberg mit einem entsprechenden Mobilitätsangebot bewerben, in der Pilotphase mitzuwirken. Nach Prüfung der anvisierten Standorte steht mittlerweile fest, in welchen acht Städten die nächsten Mobilitätssäulen aufgestellt werden: Bad Säckingen, Friedrichshafen, Ellwangen, Oberkirch, Oberndorf a.N., Reutlingen, Schorndorf und Waiblingen. Aufgestellt werden hier insgesamt 19 Mobilitätssäulen- und zwar sowohl Exemplare der großen Mobilitätssäule als auch erstmals die kleinere Version, die für die zweite Pilotphase neu entwickelt wurde. Die Aufstellung beginnt im September 2022.
Hintergrundinformationen
Ob zur Arbeit oder zum Ausbildungsplatz, für die täglichen Erledigungen oder zur Gestaltung der Freizeit und zur Pflege sozialer Kontakte: Stets möchten und müssen wir von einem Ort zum anderen. Dabei legen wir beträchtliche Distanzen zurück – im Schnitt in Baden-Württemberg täglich 40 km pro Person. Zugleich strapaziert das aktuelle Verkehrsverhalten die Umwelt und beeinträchtigt die Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum. Das geplante Klimaschutzgesetz des Landes sieht vor, die Treibhausgasemissionen in Baden-Württemberg bis 2030 um mindestens 42 %, bis 2050 um mindestens 90 % gegenüber 1990 zu senken. Dafür müssen auch die CO2-Emission im Verkehr bis 2030 um 40–42 % reduziert werden. Die Verkehrswende ist notwendig für das Erreichen der ambitionierten Klimaschutzziele Baden-Württembergs und für eine lebenswerte Zukunft. Getragen wird sie durch eine Vielzahl an Maßnahmen, die den Verkehr verbessern und verlagern.
Die Veränderung des Modal Splits zugunsten nachhaltiger Transportmittel ist ein entscheidender Schritt für das Gelingen der Verkehrswende. Der Modal Split gibt Auskunft über die Verteilung des Verkehrsaufkommens bzw. der Verkehrsleistung auf die verschiedenen Verkehrsmittel. Momentan liegt beim Personenverkehr der Anteil des motorisierten Individualverkehrs in Baden-Württemberg zwischen 40 % in Ballungsräumen und über 70 % in ländlichen Räumen, während nur 30 %–60 % der Wege mit den klimaverträglicheren, leiseren und städtebaulich attraktiveren Verkehrsmitteln des Umweltverbunds – mit öffentlichem Verkehr oder (E-)CarSharing, per Fahrrad oder zu Fuß – zurückgelegt werden.
Klimafreundliches Mobilitätsverhalten muss attraktiv, flexibel, praktisch und günstig sein. Eine Antwort auf diese Anforderungen sind Mobilitätsstationen. Das sind Plätze des öffentlichen Raums, an denen mehrere nachhaltige und geteilte Fortbewegungsoptionen in räumlicher Nähe zueinander bestehen. Als Umstiegspunkte zwischen verschiedenen Verkehrsmitteln – beispielsweise dem Bus und einem Leihrad, der S-Bahn und einem CarSharing-Auto, oder dem eigenen E-Auto und dem Regionalverkehr – machen sie klimafreundliche Mobilität für ganz unterschiedliche Nutzertypen praktikabel. Sie ermöglichen multi- und intermodales Verkehrsverhalten. Multimodales Verkehrsverhalten zeichnet sich dadurch aus, dass mehrere verschiedene Transportmittel zur Gestaltung der alltäglichen Wege verwendet werden. Intermodale Fortbewegung ist dadurch gekennzeichnet, dass für eine Strecke mehrere Verkehrsmittel benutzt werden. Beides reduziert die Verkehrslast in den Städten und verschiebt den Modal Split zugunsten klimafreundlicher Verkehrsmittel.
Konkrete Informationen zur Förderung von Mobilitätssäulen finden kommunale Akteure hier.
Allgemein gilt: Das Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg fördert Personalkosten für den Auf- und Ausbau von Mobilitätsstationen. Gefördert werden 50 % der anfallenden Personalkosten bei der Einrichtung einer neuen Stelle. Diese Möglichkeit wurde im Rahmen eines Förderprogramms für den Ausbau der Beratung im Bereich nachhaltige Mobilität in Stadt- und Landkreisen geschaffen. Neben Personalstellen im Bereich Mobilitätsstationen sind auch Stellen zur Förderung des Radverkehrs, zum Ausbau der Ladeinfrastruktur sowie der Elektromobilität förderwürdig (zur Pressemitteilung).
Für die Einrichtung von Mobilitätsstationen bzw. „multimodale Knoten“ werden über die Nationale Kommunalrichtlinie (zum Hinweisblatt) und das Landesgemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (LGVFG) Fördermittel bereitgestellt.