Wir können die Klimaziele noch schaffen – auch im Verkehr. Dazu müssen die Europäische Union und die Bundesregierung ihren Beitrag leisten. Auch Baden-Württemberg ist gefordert. Der Koalitionsvertrag der Landesregierung bildet hierfür eine starke Grundlage. Für unsere Klimaziele der Verkehrswende müssen wir unsere Anstrengungen aber deutliche erhöhen. 10 Punkte sind hierfür ausschlaggebend.
10 Punkte zum Erreichen der Klimaziele
Eine multimodale und intermodale nachhaltige Mobilität braucht einen leistungsfähigen öffentlichen Verkehr, nicht zuletzt, um eine Verlagerung vom MIV zu ermöglichen. Das Land setzt hier u.a. an zwei zentralen Stellen an:
- Mit der Mobilitätsgarantie im ÖPNV soll ein attraktives Angebot entstehen: alle Orte im Ballungsraum sollen alle 15 Minuten und im ländlichen Raum alle 30 Minuten angebunden sein. Hierfür sollen in einer ersten Stufe bis im Jahr 2026 Netz- und Taktlücken in den Hauptverkehrszeiten des Berufsverkehrs geschlossen werden. Die ÖPNV-Strategie 2030 enthält weitere Maßnahmen, um die Fahrgastnachfrage zu erhöhen, die u.a. die Stärkung der Zuverlässigkeit des ÖPNV, seine Beschleunigung und eine positive ÖPNV Kultur betreffen.
- In Zusammenhang mit einer soliden, nachhaltigen Finanzierung des ÖPNV soll unter anderem auch der Mobilitätspass (Ergebnisbericht (PDF) und Berechnungen für die Modellregionen (PDF) von Januar 2024) den Kommunen die gesetzliche Möglichkeit bieten, zusätzliche Mittel für den Ausbau des ÖPNV zu generieren und u.a. auch Anreize für den Umstieg auf umweltfreundliche Fortbewegungsmittel zu setzen. Die Kommunen entscheiden je nach örtlichen Verhältnissen, ob das Instrument von allen Einwohnerinnen und Einwohner einer Kommune, Kfz-Halterinnen und Halter eines bestimmten Gebiets oder Kfz-Nutzerinnen und Nutzer bestimmter Straßen oder Gebiete getragen wird. Als Gegenleistung erhalten die Bürgerinnen und Bürger ein Guthaben für die Nutzung des ÖPNV. Doppelzahlungen werden ausgeschlossen und soziale Gesichtspunkte werden berücksichtigt.
Die Elektrifizierung der Flotten trägt entscheidend zur CO2-Reduktion bei. Für den schnellen Hochlauf der E-Mobilität muss auch die Ladeinfrastruktur für Pkw und Lkw, sowie für Busse rasch und leistungsfähig ausgebaut werden.
Im Jahr 2030 müssen in Baden-Württemberg ca. zwei Millionen E-Fahrzeuge mit Strom versorgt werden. E-Fahrzeuge werden dort geladen, wo sie längere Zeit stehen, insbesondere Zuhause oder am Arbeitsplatz an nichtöffentlich zugänglichen Ladepunkten.
Gesetzliche Vorgaben sind im Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz (GEIG) nur unzureichend vorhanden. Deshalb müssen wir das Bundesgesetz um Regelungen für den Bestand ergänzen und auf ein dem künftigen Bedarf entsprechendes Niveau anzuheben.
Neben privaten Ladepunkten sind öffentlich zugängliche Ladepunkte von besonderer Bedeutung. Für Baden-Württemberg wird der Bedarf bis ins Jahr 2030 auf 60.000 bis 100.000 öffentlich zugängliche Ladepunkte geschätzt. Hierfür fördert das Land Personal in den Städten und Landkreisen, welches sich um die Koordination von Ladeinfrastruktur kümmert, es unterstützt die Erstellung von Elektromobilitätskonzepten in Kommunen finanziell. Doch auch hier müssen wir vom Fördern zur selbstverständlichen Umsetzung kommen. Im ersten Schritt sollte es daher eine Vorgabe zur Installation von Ladesäulen auf Parkplätzen im Eigentum des Landes geben.
Die Klimaschutzziele im Verkehr erfordern in Kommunen eine strategische, ganzheitliche und klimaschutzorientierte Verkehrsplanung – und zwar im ganzen Land.
Für diese notwendige Planungsgrundlage schaffen Klimamobilitätspläne einen partizipativen Handlungsrahmen und etablieren wichtige Strukturen und Prozesse. Mit dem Instrument der Klimamobilitätspläne werden (Zusammenschlüsse von) Gemeinden, Stadt- und Landkreise befähigt unter der Verwendung eines Verkehrsmodells effektive Maßnahmenpakete zur lokalen Reduktion der Verkehrsemissionen zu entwickeln und umzusetzen.
Dabei berücksichtigen Klimamobilitätspläne Chancen und Herausforderungen der lokalen Verkehrssituation und integrieren relevante Planwerke im Bereich Mobilität und Klimaschutz. Klimamobilitätspläne werden für kleine Kommunen durch Aktionspläne für Mobilität, Lärm- und Klimaschutz ergänzt und mit der Lärmaktionsplanung verknüpft.
Das Ministerium für Verkehr unterstützt (Zusammenschlüsse von) Gemeinden, Stadt- und Landkreise darin, bis 2030 landesweit 44 Klimamobilitätspläne zu erstellen. Hierzu gehört, dass Maßnahmen eines Klimamobilitätsplans über den sogenannten Klimabonus Zugriff auf einen erhöhten Fördersatz bei der Verkehrsinfrastruktur haben. Klimaschutz zahlt sich aus!
Je mehr sichere Wege und Räume für Menschen zu Fuß und auf dem Fahrrad eingeräumt werden, desto mehr bewegen sie sich auf diese Weise fort – klimaneutral, gesund und innerstädtisch sogar schneller als mit anderen Verkehrsmitteln.
Statt kleinteiliger Planungen und Insellösungen dreht das Ministerium für Verkehr große Räder, damit es leichter wird, sich zu Fuß und mit dem Fahrrad fortzubewegen. Hierzu gehören Qualitätsstandards und Musterlösungen, die gesetzliche Verankerung der Radverkehrsförderung als kommunale Pflichtaufgabe, attraktive Förderprogramme zur Umsetzung von Radverkehrsmaßnahmen, sowie der systematische Ausbau des alltagsorientierten RadNETZ BW und dessen Ergänzung um Radschnellwege.
Das gibt es nicht zum Nulltarif: Für eine erfolgreiche Umsetzung von Bau und Instandhaltung durchgängiger Radverkehrsnetze über alle Baulastträger hinweg sind strukturelle Änderungen im Personalbereich und verstetigte Investitionsmittel bei Bund, Land und Kommunen erforderlich.
Ein elementarer Baustein der Verkehrswende ist auch die Dekarbonisierung des öffentlichen Personennahverkehrs in Baden-Württemberg. In diesem Bereich muss insbesondere an der Antriebswende von Bussen, Taxen, Mietwagen und dem gebündelten Bedarfsverkehr gearbeitet werden.
Die klimaneutralen Fahrzeuge müssen hohe Reichweiten vorweisen, die Anschaffung der Fahrzeuge sowie Lade- und Tankinfrastruktur verlangen hohe Investitionssummen. Mit einem frühzeitigen Einstieg in die betrieblichen Umstellungen sowie der Zusammenarbeit aller Akteure können diese Herausforderungen jedoch gemeistert werden.
Das Ministerium für Verkehr fördert daher ergänzend zu der vorhandenen, umfangreichen Bundesförderung, bei Ladeinfrastruktur mit 75 Prozent Förderung im LGVFG. Für Taxis, Mietwagen und Carsharing setzen wir zur Förderung des Umstiegs auf E-Fahrzeuge den BW-e-Gutschein wieder auf.
Für die Umsetzung der Clean Vehicles Directive der EU legen wir eine ambitionierte landesrechtliche Regelung vor. Das Ziel: 50 Prozent der Busse fahren bis 2030 klimaneutral. Bis 2040 sollen es 100 Prozent sein.
Im Bereich der Taxen, Mietwagen und dem gebündelten Bedarfsverkehr entwickeln sich der Fahrzeugmarkt und die Lademöglichkeiten rasch. Die Umstellung dagegen verläuft bisher zu langsam. Daher brauchen wir verbindliche Klimastandards bei neuen Konzessionen und Genehmigungen und die entsprechende Infrastruktur.
Die Verkehrswende findet nicht zuletzt in Innenstädten, in Vororten und in Ortsmitten in ländlichen Räumen statt. Gut gestaltete Ortsmitten sind Orte des gesellschaftlichen Zusammenhalts und der Begegnung innerhalb von Städten, Gemeinden und Quartieren. Aufenthaltsqualität entsteht allerdings nur, wenn sie nicht von starkem (Durchgangs-)Verkehr belastet sind.
Durch Schaffung abgestimmter Standards, Muster- und Beispiellösungen für eine lebendige und verkehrsberuhigte Ortsmitte sowie die Durchführung einer landesweiten Bestandsaufnahme des Status quo in den Gemeinden und Stadtteilzentren des Landes legt das Ministerium für Verkehr die fachlichen Grundlagen für eine weitgehende Umgestaltung.
Die Kommunen werden beim Umbau zu lebendigen und verkehrsberuhigten Ortsmitten durch verbesserte finanzielle Förderbedingungen sowie fachlich und kommunikativ unterstützt. Es wird eine Service-Stelle für die Kommunen eingerichtet und Angebote zur temporären Umgestaltung von Ortsmitten und zu Visualisierungen lebendiger und verkehrsberuhigter Ortsmitten geschaffen.
Mit einem Landesprogramm „Ortsmitten zur Umgestaltung von Landes- und Bundesstraßen“ auch im Zusammenhang mit Ortsumfahrungen soll diese Entwicklung unterstützt werden.
Fast 80 Prozent aller Güter werden in Baden-Württemberg auf der Straße transportiert. Baden-Württemberg ist ein Gütertransitland. Circa 33 Prozent der entstehenden CO2-Emissionen im Straßenverkehr erzeugt der Güterverkehr.
Das Straßennetz wird vom Schwerverkehr besonders beansprucht, was zu einem hohen Sanierungsaufwand führt. Die Erhöhung der Lkw-Maut für fossil-angetriebene Lkw und die Einführung einer Maut für Lkw auf allen Landes- und Kommunalstraßen in Baden-Württemberg sind ein zentraler Hebel für die Verkehrswende im Güterverkehr. Sie dient zugleich der Verkehrsfinanzierung, Verkehrslenkung und Umweltentlastung.
Hinzu kommt die Anreizwirkung einer temporären Mautbefreiung für klimaneutrale Lkw. Durch die Lkw-Maut können Straßenerhalt und Klimaschutzinstrumente finanziert werden. Daher sprechen Klimaschutz und Finanzlage für eine Einführung möglichst schon im Jahr 2024.
Unser Ziel bleibt auch, möglichst viel Güterverkehr auf die Schiene und die Binnenschifffahrt zu verlagern, weil dort pro Tonne und Kilometer weniger Energie verbraucht wird als im Straßengüterverkehr. Zudem fährt die Bahn bereits heute elektrisch und gilt somit als klimaneutral.
Die Verlagerung von Straßengüterverkehr auf Schiene und Wasserstraße, ist vor allem die Aufgabe von Bund, Deutscher Bahn, der Binnenschifffahrt und der verladenden Wirtschaft. Als Land unterstützen wir diese Bemühungen durch die Förderung von Umschlagsterminals für den Kombinierten Verkehr und durch die Nutzung und Reaktivierung von Gleisanschlüssen. Wir unterstützen unter anderem mit Projekten die Entwicklung einer klimaneutralen Citylogistik.
Lokale Vorteile für Bürgerinnen und Bürger wie zum Beispiel die Befreiung von Parkgebühren haben erheblichen Einfluss auf die Nutzung von klimaneutralen Fahrzeugen. Das Ministerium für Verkehr setzt sich für eine erleichterte Anwendung solcher Vorteile und deren Weiterentwicklung ein.
Sogenannte Null-Emissionszonen sollen zukünftig als neues Instrument kommunaler Verkehrsplanung in drei Stufen zur Verfügung stehen: von flächendeckender fußläufiger Ausstattung mit Ladeinfrastruktur, über Parkierungskonzepte mittels E-Quartiersgaragen [SD(1] bis hin zu ganzen (Wohn-)Quartieren mit dem Ziel, nur noch mit null Emissionen zu fahren. Eine Modellphase läuft derzeit an.
Öffentlicher Raum ist wertvoll. Insbesondere in Städten brauchen wir ihn für umweltfreundliche Verkehrsmittel, für Begegnung und Spielen und nicht zuletzt für mehr Grün in der Stadt.
Wo kostenlose Parkplätze den meisten Raum einnehmen, können keine Radabstellanlagen, Fußwege oder Platz für Außengastronomie geschaffen werden. Parken soll in Parkhäusern, Garagen und Quartiersgaragen zentralisiert und verlagert stattfinden.
Heute sind die Straßen oft zugeparkt und manches Parkhaus steht leer. Obwohl nur jeder fünfte Parkplatz auf der Straße ist (und auch in Städten nur jeder zweite), kosten diese viel öffentlichen Raum. Jährlich könnten zu einem bestimmten (im Gemeinderat zu beschließenden) Prozentsatz öffentliche Abstellflächen für den Umweltverbund und für Aufenthaltsqualität umgenutzt werden.
Viele Kommunen haben sich auf den Weg gemacht, das kostenlose Parken von der Regel zur Ausnahme zu machen. Das Verkehrsministerium unterstützt sie dabei.
Parken auf Landesliegenschaften und im öffentlichen Raum soll kostendeckend gestaltet werden. Das gilt auch für öffentliche Landesstellflächen. Mehreinnahmen können dem Ausbau des ÖPNV und der Umgestaltung von Straßen zu Gute kommen.
Nachhaltig sind E-Fahrzeuge dann, wenn sie mit Strom aus erneuerbaren Energien geladen werden.
Der BW-e-Solar-Gutschein des Verkehrsministeriums Baden-Württemberg fördert deshalb seit dem 1. Dezember 2021 den Kauf von E-Fahrzeugen, für die zum Laden eine Photovoltaikanlage betrieben wird. Denn Antriebswende und Energiewende sind zwei Seiten derselben Medaille. Gefördert werden Privatpersonen, Unternehmen, Vereine, Selbstständige, gemeinnützige Organisationen und Kommunen.
Ziel der Förderung ist ein rascher Anstieg des Anteils an PKW und Leichtkraftfahrzeugen mit Elektroantrieb. Auch soll die Installation zusätzlich installierter regenerativer Stromquellen zum Betrieb der Elektrofahrzeuge gesteigert werden.