Modellprojekt

Modellprojekt zur Erhöhung der biologischen Vielfalt

Blume mit Schmetterling (Bild: Pixabay/ flowers-881965_192)

Im Jahr 2017 startete das Ministerium für Verkehr in Zusammenarbeit mit der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (HfWU) das Modellprojekt "Reduktion der Grünpflegekosten an Straßen bei gleichzeitiger Erhöhung der biologischen Vielfalt - ein Praxistest“. Im ersten Teil des dreijährigen Modellprojektes wurden in den Landkreisen Böblingen, Esslingen, Göppingen und dem Hohenlohekreis verschiedene Pflegemaßnahmen in ihrer ökonomischen und ökologischen Wirkung untersucht. In der zweiten Runde kamen die Straßenmeistereien des Alb-Donau-Kreises, des Neckar-Odenwald-Kreises und des Ortenaukreises hinzu.

Im Fokus stand die Untersuchung unterschiedlicher Pflegemaßnahmen auf straßenbegleitenden Grasflächen mit dem Ziel, diese nährstoffärmer, lichter und dadurch artenreicher zu gestalten. Neben diesen Methoden zur Aushagerung von Böschungen wurden Möglichkeiten zur Anlage mehrjähriger naturschutzfachlich wertvoller Blühflächen untersucht. Es wurde darüber hinaus ermittelt, inwieweit eine an das Hinweispapier des Ministeriums für Verkehr zur ökologisch orientierten Pflege des Straßenbegleitgrüns angepasste Regelpflege von Grasflächen des Extensivbereichs einen finanziellen Mehraufwand gegenüber der bisherigen Regelpflege verursacht und inwiefern sich dies auf die naturschutzfachliche Wertigkeit der Flächen auswirkt.

Vor dem Hintergrund des Insektensterbens sowie angesichts der zentralen Bedeutung bestäubender Insekten für die Ökosysteme und des Potentials des Straßenbegleitgrüns als Lebensraum für Insekten wurde in beiden Runden des Modellprojektes eine Begleituntersuchung von Wildbienen auf den Projektflächen durchgeführt. Diese Untersuchungen liefern wichtige Informationen zur Funktion und Wertigkeit der besiedelten Lebensräume, die allein anhand der Vegetation nicht abzuleiten sind, da viele Arten sehr spezifische Ansprüche an ihren Lebensraum stellen.

Das Modellprojekt wurde im Dezember 2020 abgeschlossen. Der Abschlussbericht (PDF) enthält eine Vielzahl von Erkenntnissen, die maßgeblich zur  weiteren ökologischen Aufwertung des Straßenbegleitgrüns beitragen können. Die wesentlichen Erkenntnisse sind in der Zusammenfassung (PDF) dargestellt.

Grundsätzlich zeigt das Modellprojekt, dass die Stärke des Straßenbegleitgrüns in seiner Vielgestaltigkeit liegt. Abhängig von den örtlichen Bedingungen haben sich über die Zeit sehr unterschiedliche Flächen entwickelt. Um das Potential dieser Flächen erschließen zu können, muss man sie auch jeweils in angepasster Form pflegen. Dabei gibt es Flächen, die sich auch mit der bisherigen Regelpflege gut entwickeln können. Die meisten Straßenbegleitgrünflächen werden in Hinsicht auf die Artenvielfalt noch zu selten gepflegt, was zu dichten Grasbeständen führt, die nur wenig Platz für Blütenpflanzen bieten. Daher sollte auch im Zuge der abschnittsweisen Pflege nicht zu viel stehen gelassen werden, da dies zwar kurzfristig die Insekten schont, langfristig aber der Lebensraum verloren geht. Jenseits der bisherigen Regelpflege hat sich gezeigt, dass sehr wirksame Maßnahmen zur Erhöhung der Artenvielfalt, wie beispielsweise das Mähen mit Abräumen des Schnittgutes oder die Ansaat von gebietsheimischen Blühmischungen, mit zusätzlichen Kosten und Aufwand verbunden sind.

Diesen differenzierten Pflegeansatz in der Praxis zu verankern und für das Betriebspersonal zu gestalten, ist eine Herausforderung. Hierfür bedarf es neben der Strategie, langfristigen Planung, Information und Schulung des Betriebspersonals auch entsprechender Haushaltsmittel.

Am 28.07.2021 wurden die Straßenbauämter und Straßenmeistereien im Land über die wesentlichen Erkenntnisse des Modellprojektes informiert. Im nächsten Schritt wird nun das 2016 veröffentlichte Hinweispapier zur ökologisch orientierten Pflege des Straßenbegleitgrüns an den neuen Wissensstand angepasst. Bei der Überarbeitung des Hinweispapieres werden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus der Praxis des Betriebsdienstes einbezogen.

Aus den Ergebnissen des Modellprojektes wird zusammen mit den Erfahrungen aus dem Sonderprogramm zur Stärkung der biologischen Vielfalt die weitere Strategie zur ökologischen Aufwertung des Straßenbegleitgrüns entwickelt.