Erhalten, was uns erhält - das Land Baden-Württemberg hat sich zum Erhalt der biologischen Vielfalt als Lebensgrundlage verpflichtet. Deshalb hat die Landesregierung im November 2017 das zunächst auf zwei Jahre angelegte Sonderprogramm zur Stärkung der biologischen Vielfalt verabschiedet und im Dezember 2019 seine Fortführung in den Jahren 2020 und 2021 beschlossen. Das Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg (Verkehrsministerium) führt im Rahmen des Sonderprogramms gemeinsam mit dem Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft und dem Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz auch in den Jahren 2020 und 2021 zahlreiche Maßnahmen zur Stärkung der biologischen Vielfalt durch.
Zur Umsetzung des Sonderprogrammes stehen dem Verkehrsministerium für die Haushaltsjahre 2020/2021 insgesamt 2,7 Mio. Euro an zusätzlichen Haushaltsmitteln zur Verfügung. Die Mittel werden verwendet, um die Artenvielfalt in den straßenbegleitenden Grünflächen zu erhöhen und die Wiedervernetzung von Lebensräumen zu fördern.
Die Maßnahmen des Verkehrsministeriums werden im Rahmen eines zweijährigen Maßnahmen- und Förderprogramms umgesetzt. Sie setzen sich aus den folgenden Bestandteilen zusammen:
Aushagerung ausgewählter straßenbegleitender Grasflächen
Bei dieser Maßnahme werden ausgewählte straßenbegleitende Grasflächen entlang von Kreis-, Landes- und Bundesstraßen zweimalig pro Jahr gemäht. Das anfallende Schnittgut wird entfernt, um den Eintrag von Nährstoffen zu verringern und das Entstehen von ökologisch wertvollen Magerstandorten zu begünstigen. Auf geeigneten Flächen wird die Entstehung von artenreichen Blühflächen durch eine zusätzliche Ansaat mit artenreichem, gebietsheimischem Saatgut unterstützt.
Naturschutzfachliche Aufwertung von Rastplätzen und Kreisverkehren
Durch die Anlage von strukturreichen Blühflächen mit hohem Nektar- und Pollenangebot auf ausgewählten Rastplätzen und Kreisverkehren an Bundes- und Landesstraßen sollen Lebensräume für Bienen und andere Insekten geschaffen werden. Um die Kreise, Städte und Gemeinden zu gewinnen, ebenfalls Flächen an Straßen naturschutzfachlich aufzuwerten, wurde der Wettbewerb „Blühende Verkehrsinseln“ gestartet. Nähere Informationen hierzu finden Sie hier.
Naturschutzfachliche Aufwertung von Grasflächen im Rahmen von Straßenneubauvorhaben
Ziel der Maßnahme ist, im Rahmen von Neubauvorhaben an Landes- und Bundesstraßen geeignete Straßennebenflächen mit insektenfreundlichen gebietsheimischen Blühmischungen einzusäen. Es geht darum, die Saatgutmischung gebietsheimischer Arten für den jeweiligen Standort anzupassen und zu optimieren, um auf den Böschungen bestimmte Pflanzen- und Tierarten fördern zu können.
Entwicklung eines Auswahlflächenkonzeptes zur gezielten ökologischen Aufwertung des Straßenbegleitgrüns
Die Flächen entlang von Straßen in Baden-Württemberg (sogenanntes Straßenbegleitgrün) sind nicht gleichermaßen gut geeignet, um dort ökologisch hochwertige Lebensräume zu entwickeln. Neben normalen Flächen sind vor allem die sogenannten Auswahlflächen für die Artenvielfalt interessant. Diese Flächen weisen aufgrund ihrer Standortbedingungen oder ihrer Lage im Biotopverbund ein großes naturschutzfachliches Potential auf und können durch spezielle Pflegekonzepte zu wertvollen Lebensräumen für verschiedene Tier- und Pflanzenarten werden. Bisher ist die Lage und Ausdehnung dieser Flächen nicht exakt bekannt. Deshalb identifiziert das Verkehrsministerium in einem Projekt zunächst exemplarisch die Auswahlflächen in sechs Landkreisen und lässt Pflegeempfehlungen für diese Flächen entwickeln. Diese Erkenntnisse sollen die Grundlage für eine landesweite Identifizierung der Auswahlflächen und ihrer Aufwertung schaffen.
Ausweitung des Modellprojekts Straßenbegleitgrün
Im Juni 2017 hat das Verkehrsministerium das Modellprojekt „Reduktion der Grünpflegekosten bei gleichzeitiger Erhöhung der biologischen Vielfalt im Straßenbegleitgrün – ein Praxistest“ gestartet. In dem Modellprojekt werden über einen längeren Zeitraum die ökonomischen und ökologischen Folgen einer geänderten Pflege der Grasflächen entlang von Straßen untersucht. Zunächst nahmen an dem dreijährigen Modellprojekt die Straßenmeistereien der Landkreise Böblingen, Esslingen sowie Göppingen und des Hohenlohekreises teil. Im Zuge des Sonderprogrammes 2018/2019 wurde das Projekt um die Straßenmeistereien des Alb-Donau-Kreises, des Neckar-Odenwald-Kreises und des Ortenaukreises erweitert, wodurch sich die unterschiedlichen Strandortbedingungen und Verkehrsaufkommen in Baden-Württemberg besser abbilden. Zuletzt wurde das Projekt um eine begleitende Wildbienenuntersuchung ergänzt. Die wissenschaftliche Begleitung und Betreuung des Modellprojektes erfolgt durch die Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen. Die Ergebnisse des Modellprojektes werden Anfang 2021 vorliegen.
Vermeidung/Verminderung des Herbizideinsatzes auf landeseigenen Schienenwegen durch naturschutzorientierte Pflege der Begleitflächen
An Schienenwegen können einwachsende Pflanzen dazu führen, dass das Gleisbett mit der Zeit an Stabilität verliert und somit häufiger saniert werden muss. Um dies zu verhindern, werden die Problempflanzen regelmäßig mit Glyphosat bekämpft, da es noch keine praktikable Alternative gibt. Das Verkehrsministerium führt deshalb zusammen mit der Universität Hohenheim und der Südwestdeutschen Landesverkehrs-AG (SWEG) ein Forschungsvorhaben durch, um zu untersuchen, ob durch geeignete Pflegemaßnahmen die Menge der in das Gleisbett einwachsenden Pflanzen so reduziert werden kann, dass deutlich weniger Glyphosat erforderlich ist. Gleichzeitig wird untersucht, ob diese Pflege zu einer ökologischen Aufwertung der Begleitflächen und somit zur Stärkung der biologischen Vielfalt führt.
Weitere Informationen zum Projekt finden Siehier.
Monitoring von Grünbrücken
Grünbrücken und andere Querungsbauwerke sind zentrale Elemente bei der Wiedervernetzung von Lebensräumen, die durch Straßen zerschnitten werden. Sie tragen zum Biotopverbund bei und fördern die Artenvielfalt. Um beurteilen zu können, welche Tierarten die Bauwerke annehmen und wie sie diese nutzen, führt die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg im Auftrag des Verkehrsministeriums ein Monitoring von drei ausgewählten Grünbrücken durch. Neben der Überprüfung der Funktionsfähigkeit der Grünbrücken sollen Rückschlüsse für die Optimierung der Bauwerke und ihres Umfelds gezogen werden. Das Monitoring an den Bauwerken umfasst zwei Kalenderjahre und deckt alle jahreszeitlich bedingten Veränderungen ab.
Mit dem Beschluss der Fortführung des Sonderprogrammes in den Jahren 2020/2021 wurde auch das Maßnahmen- und Förderprogramm des Verkehrsministeriums überarbeitet.
Maßnahmen- und Förderanträge können ab sofort gestellt werden. Die Anträge sollen bis zum 30. April (Aushagerung) bzw. bis zum 28. Juni (Aufwertung von Rastplätzen und Kreisverkehren, Aufwertung von Grasflächen im Rahmen von Neubauvorhaben) des jeweiligen Jahres eingereicht werden, in dem mit den Maßnahmen begonnen werden soll. Später eingehende Anträge können in Abhängigkeit von den zur Verfügung stehenden Mitteln aber auch berücksichtigt werden.
Weitere Informationen zum Maßnahmen- und Förderprogramm, z. B. zu den Maßnahmenbeschreibungen und zu den vorzulegenden Unterlagen, sind zu finden unter: Förderprogramme.